Die Terranauten TB 02 - Der grüne Phönix
Er spürte nur einen Schatten der Melancholie, die der Einzige Urbaum empfand. Es war mehr als genug. Es bedrohte seine mentale Stabilität.
Ich werde nicht mehr lange existieren, fuhr die Symbolstimme fort. Bald wird die Sonne kollaborieren, erst zusammenbrechen und sich dann so weit ausbreiten, daß diese Welt zu einem verglühenden Schlackehaufen wird.
Der Phönix weinte.
Ich habe keine Hilfe zu erwarten. Meine Abkömmlinge haben mich vergessen. Und selbst wenn sie sich an mich erinnerten, so wurden mich ihre Abgesandten doch vergeblich suchen. Selbst du weißt nicht, wo sich dieser Planet befindet. Niemand weiß es. Nicht einmal ich selbst. Das Netz ist längst zerrissen. Alte Verbindungen bestehen nicht mehr. Eine letzte Pflicht obliegt mir. Ich muß dafür sorgen, daß diese zweite Welt lebens- und überlebensfähig wird. Es gibt nur eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen. Und du bist einer von wenigen Helfern, die mit dieser Aufgabe betraut wurden.
»Ich weiß.« Eine rauhe Stimme.
Andere Helfer sind an anderen Koordinatenpunkten des zweiten Kosmos im Einsatz. Ich setze meine ganzen Hoffnungen auf euch.
»Du kannst dich auf uns verlassen. Wir werden die Letzte Pflicht erfüllen. Es ist alles vorbereitet.« Er zögerte. »Ich brauche deine Hilfe. Ich benötige Eliminatoren. Es ist zu einem Zwischenfall gekommen.« Der Phönix schilderte das unerwartete Auftauchen eines Jüngers und die darauffolgende Flucht.
Wird die Durchführung deines Auftrages dadurch gefährdet?
»Nein.« Er war sich nicht ganz sicher, und das entging seinem Kommunikationspartner nicht. »Aber es ist besser, jeden Risikofaktor auszuschalten.«
Du bekommst die Eliminatoren.
Das Flimmerfeld über dem Kontaktkubus veränderte sich. Das Bild löste sich auf, Nebel driftete heran.
Drei Gestalten formten sich aus diesen umherwallenden Nebelschwaden. Die Körper wurden dichter und fester und nahmen Kontur an.
Richtig.
Menschen.
Alles andere wäre Unsinn gewesen. Fasziniert beobachtete der Grüne Phönix das einzigartige Schauspiel. Dies waren andere Helfer des Einzigen Urbaums, Teile seiner selbst, mit der Aufgabe betraut, zu töten. Drei Gesichter blickten ihm entgegen, einander fast identisch.
Falsch.
Die Körper lösten sich wieder auf und formten sich neu. Verschiedene Individuen nun, einander kaum mehr ähnlich, von verschiedenem Alter. Kleidung, Sie gehörte dazu. Gut.
Die Djen blickten ihn an.
Er öffnete seinen Geist für sie, und sie sahen, was eliminiert werden mußte.
»Sie kennt unser Vorhaben«, sagte der Grüne Phönix. »Und es besteht die Gefahr, daß sie es vereitelt.«
»Weiß sie über alles Bescheid?«
»Nein, sie kennt nicht alles.« Der Phönix überlegte. »Sie ist auf dem Weg zur Erde, um eine Warnung zu überbringen. Der Zeitfaktor spielt nun eine nicht unerhebliche Rolle. Ich kann nicht sagen, wie gut sie die Tochterkalbung Suslats beherrscht. Möglicherweise braucht sie viel Zeit, um das Ziel zu finden. Vielleicht aber hat sie Glück. Am besten, ihr brecht sofort auf, Djen.«
»Das werden wir.«
Die Macht der Eliminatoren war groß, das spürte der Phönix. Merina DeNeuven hatte keine Chance.
Die Kontaktkammer erweiterte sich. Eine Verbindung zu den Außenbereichen des Organseglers und damit zu den Kalbungszonen entstand. Eine Suslat tochter wuchs heran. Stumm traten die Djen ins Innere, und die Kalbung löste sich und trieb davon.
Der Grüne Phönix nickte zufrieden, warf noch einen letzten Blick auf den Kontaktkubus und verließ die Kammer dann ebenfalls. Auf seine gedankliche Bitte hin setzte sich der Organsegler in Bewegung, nahm Fahrt auf, wurde immer schneller und tauchte schließlich in den zweiten Weltraum.
Die Erde, dachte der Phönix, während er ins quasiintelligente Steuerzentrum Suslats zurückkehrte. Dort hat alles angefangen. Und dort werde auch ich beginnen.
*
Stille herrschte im Innern der Tochterkalbung.
Manchmal weinte Merina DeNeuven leise. Alles war zerstört. Die Grundlage ihres Lebens bestand nicht mehr. Sie war ein Werkzeug gewesen, wie die anderen Phönixjünger auch. Sie hatte sich für eine Botschafterin einer besseren Welt gehalten, und sie hatte diese Aufgabe mit Hingabe erfüllt. Doch sie hatte für jemanden gearbeitet, der das zerstören wollte, was sie sich alle wünschten.
Llewellyn …
Merina nahm eine der Früchte zur Hand, die ihr die Kalbung zur Verfügung stellte. Sie fühlte sich schwach und ausgelaugt, und selbst die Flüsterstimme des
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