Die Terranauten TB 02 - Der grüne Phönix
Weg in den Wolkenozean Nebbias. Eine große Gefahr geht davon aus, denn es hat sich herausgestellt, daß die Knochenbaumknollen keine antibiotische Wirkung besitzen. Die Bakterien sind demnach extra auf die Bedingungen abgestimmt, die hier auf Nebbia herrschen.« Er blickte die Vertreter der Erde und der anderen Biowelten der Reihe nach an.
»Wir alle«, fuhr er fort, »können uns glücklich schätzen, daß die Vertreter der Biowelten nicht die naheliegenden Konsequenzen aus den Zwischenfällen gezogen haben. Im Gegenteil. Ich bin froh. Ihnen mitteilen zu können, daß sie sich bereit erklärt haben, eine Reihe von Biotechnikern und umfangreiches genetisches Forschungs- und Entwicklungsmaterial zur Verfügung zu stellen. Damit sollte die Bakteriengefahr rechtzeitig ausgeschaltet werden können. Zumal wir Spuren der eingesetzten Biowaffe sicherstellen konnten und so eine genaue Analyse möglich ist.«
Köpfe nickten anerkennend.
Asen-Ger erhob sich.
»Die Zwischenfälle«, begann er, »beweisen einmal mehr, wie wichtig und bedeutsam diese Konferenz ist. Wir halten jetzt den Beweis in Händen, daß uns allen Gefahr droht: von Chan de Nouille. In der Außenzone, das wissen Sie so gut wie ich, sind Welten überfallen und Bevölkerungen ausgerottet worden – durch Bakterienbomben. Der Schluß liegt nahe, daß auch dafür die Große Graue verantwortlich ist. Wir müssen uns mit einer neuen Situation abfinden: Dort draußen, in der Außenzone, entwickelte sich offenbar ein ernst zu nehmender Machtfaktor auf der Grundlage von Raubzügen, Ausbeutung und Krieg.«
Etwas streifte seine Gedanken, und er hielt einen Augenblick inne, um Narda und Nayala anzusehen. Die beiden Drachenhexen machten einen verwirrten Eindruck, und für einen Augenblick entstand in Asen-Ger die Befürchtung, Gerrot Varen könnte nicht der einzige Agent Chan de Nouilles gewesen sein, den die Große Graue eingeschmuggelt hatte.
»Ziehen wir die Konsequenzen aus all dem«, sagte er dann. »Werden wir unserer Verantwortung gerecht und bringen wir diese Konferenz, die dem Frieden zwischen den Völkern dient, zu einem guten Ende. Schließen wir ein Abkommen, das Nichteinmischung und friedliche Koexistenz zwischen den unterschiedlich orientierten Welten garantiert. Das ist die Bitte, die ich an Sie richte. Schaffen wir endlich Vertrauen!«
Er setzte sich.
Einige Abgesandte applaudierten. Narda beugte sich zu Asen-Ger und flüsterte: »Etwas geht vor. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich habe eine starke psionische Präsenz gespürt …«
Jun Draften setzte zu einer Erwiderung an.
Leere Worte! rief eine Stimme in ihren Gedanken. Einige Technovertreter sprangen unwillkürlich auf. Sie alle hatten die mentale Botschaft vernommen. Verwirrte Blicke.
Leere Worte. Nichts als Schall und Rauch!
Aufgeregte Stimmen, die von draußen in den Konferenzsaal drangen. Die breite Tür öffnete sich, und ein hochgewachsener Mann in scharlachroter Robe traf ein.
»Der Grüne Phönix«, brachte Nayala verwirrt hervor. Einige Nebbianer folgten ihm, dann Phonixjünger in langen weißen Gewändern. Die Nebbianer gestikulierten aufgeregt.
»Sie können hier nicht einfach eindringen …« begann Jun Draften aufgebracht.
»Ich habe eine wichtige Nachricht zu überbringen.« Die Stimme des Phönix war ein dunkler Hauch voller Autorität. Die Stille kehrte plötzlich zurück. Langsam trat der Phönix näher. Seine schwarzen Augen glühten. Asen-Ger fröstelte plötzlich.
»Diese Konferenz«, sagte er, und jedes einzelne Wort war besonders betont, »ist eine Farce. Es kann keinen Frieden zwischen Techno- und Bioplaneten geben. Es kann keinen Frieden geben, weil der Krieg bereits begonnen hat. Die Technowelten haben einen Anschlag auf die Variökologie der Erde durchgeführt. Die grüne Erde stirbt, und nichts kann diesen Tod jetzt noch verhindern.«
Er warf die Arme empor.
»Aber …« begann Asen-Ger. Die Kälte breitete sich in ihm aus.
»Diese Konferenz«, fuhr der Phönix ungerührt fort, »hatte von Anfang an nur das Ziel, die Biovertreter von dem Anschlag auf die Erde abzulenken. Freiraum sollte geschaffen werden.«
Artis Runan, einer der Vertreter der Grünen Föderation, erhob sich langsam. »Wenn das wahr ist …«
»Es ist wahr.« Niemand zweifelte an den Worten des Phönix. »Wenn Sie mir nicht glauben, ich habe Beweise bei mir, die …«
Er verstummte plötzlich.
Und der Glanz in seinen Augen veränderte sich.
*
»Es ist nicht wahr!«
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