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Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Titel: Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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fortgespült.
    Sayrin schluchzte.
    Sie war jung und ein Mensch und kein Mensch brauchte sich seiner Tränen zu schämen.
    Die Weber weinten nicht. Die Huftiere waren zu dumm, um auch nur an Tränen zu denken. Und die Grasschrecken kannten keine Traurigkeit.
    Demnach war das Weinen ein Vorrecht des Menschen, und so vergoß Sayrin die Tränen, und es tat gut und linderte den Schmerz in ihrem Herzen.
    In einer Ecke hatte sie sich zusammengekauert.
    Die Wand in ihrem Rücken war rot wie der Boden unter ihr. Wenn sie den Kopf hob, sah sie die Ebene. Vor ihr war eine Wand, die keine Wand war. Sie war unsichtbar. Aber man konnte sie berühren.
    Sayrin hatte sich in die Tiefe stürzen wollen. Der graue Mann war mit ihr zu anderen grauen Männern und grauen Frauen gegangen, und man hatte ihr Nadeln in die Haut gesteckt, in Räumen, die kalt waren wie die Augen der Grauen, und man hatte über sie gesprochen, mit harten, abgehackten Worten, die sie nicht verstand.
    Und nun war sie in diesem unheimlichen Zimmer.
    Sie war gefangen. Kein Calhare ertrug es, gefangen zu sein, und so hatte sie sich hinunterstürzen wollen, der Ebene entgegen, die fünfzig oder hundert Mannslängen tiefer lag.
    Mit dem Kopf, mit ihrem ganzen Körper war sie gegen die unsichtbare Wand geprallt und zurückgeschleudert worden.
    Erde, ferne Erde! dachte Sayrin, während ihre Tränen allmählich versiegten und ihre Schluchzer leiser wurden.
    Erde, ferne Erde, was ist dies nur für ein Land, wo ein Mond am Himmel steht, obwohl es ihn gar nicht gibt? Wo die Menschen grau und kalt sind und andere Menschen einsperren?
    Sayrin fand keine Antwort.
    Sie fühlte sich dumm wie ein Huftier. Sie hatte Angst. Sie hatte Hunger.
    Sie umklammerte das Netz des Webers, das das einzig vertraute Ding in dieser grauen, kalten Fremde war, und sie dachte an Zuhaus.
    An das Devries-Tal. An die Schilfhütten und an die großen Feuer, um die sich ihre Geschwister und Freunde versammelten, wenn der Tag wich und die lange, blasse Morgendämmerung die lächerliche, kurze Nacht verdrängte.
    An die Gerberei.
    An die Ställe mit den Huftieren.
    An das Schlachthaus und an die Felder im Zentrum des Tales, dort, wo der Boden vom Dünger der Grasschrecken am fruchtbarsten war. An den Mais, der kein Mais war, und an die violetten Kartoffeln.
    An die Höhlenöffnungen in den Felswänden des Tales. An die großen Höhlen, in die sich die Menschen und die Huftiere zu den Mittenzeiten zurückzogen.
    Die Eingänge wurden zugemauert und mit Huftierfett abgedichtet, damit kein Wasser hineindrang und die Menschen elend ersäufte.
    Damit keine Grasschrecke Einlaß fand.
    Daheim …
    Aber das Zuhause war fern, lag jenseits der Ebene, der Hügelländer. Und Sayrin war gefangen. In einem Raum, dessen Wände man nicht sehen konnte, die aber hart wie Fels waren.
    Wie soll ich heimkehren, dachte Sayrin verzweifelt, ohne Huftier? Huftiere sind dumm, furchtbar dumm, aber sie sind schnell. Viel schneller als ein Mensch. Ohne Huftier werde ich nie vor dem Ausschwärmen der Grasschrecken das Devries-Tal erreichen.
    Sie nickte.
    Auf der Ebene werden die Grasschrecken mich überraschen. Oder in den Hügelländern. Sie werden mich sehen und trotz der Webernetze, die sie verschlungen haben, wird ihr Hunger noch gewaltig sein.
    Die Grasschrecken werden mich verspeisen.
    Nichts wird von mir übrigbleiben.
    Sayrin schauderte, und eine Träne tropfte aus ihrem linken Auge auf den roten, warmen Boden.
    Mißtrauisch beäugte sie das seltsame Bett, das mitten im Raum stand.
    Es bestand nicht aus Schilf. Es bestand aus Metall. Aus Metall! Die grauen Menschen waren ungeheuer reich.
    Vielleicht, durchfuhr es Sayrin, vielleicht hat der Reichtum sie so hart und kalt gemacht. Reichtum ist sündig. Reichtum verdirbt. Die Ahnen haben mit dem Boot die Erde, die ferne Erde aus diesem Grund verlassen.
    Ein schrecklicher Verdacht kam dem Mädchen.
    Ob die grauen Menschen von der Erde kommen? fragte sie sich. Es ist möglich. Der Reichtum, die silbernen kleinen Häuser, die fliegen können …
    Sayrin blickte hinaus, betrachtete die Ebene, die grüne Sonne, die fast schon den Horizont erreicht hatte und die jetzt größer war als zu Beginn des Erstsommers, und den Mond, die dunkle Scheibe am Türkishimmel.
    Ein violetter, bleicher Schimmer schlich sich in das Grün. Die Nacht war nicht mehr fern. Bald würde es dämmern. Vierzehn Stunden Morgengrauen.
    Ein Morgengrauen, der den Beginn der Mittenzeit ankündigte.
    Und die Mittenzeit

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