Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen
zurückholen, was du uns gestohlen hast. Samt einem kleinen Zuschlag. Los, die Treppe hoch.«
Benry gehorchte. Er war fast ebenso breit wie groß, und die immensen Fettpolster deuteten an, daß er ein recht üppiges Leben geführt hatte. Bisher.
»Du kannst alles haben«, sagte Benry. »Ich gebe es dir. Wirklich. Laß mich gehen, Arvid. Ich sage meinen Leuten Bescheid. Sie gehorchen meinen Befehlen, und dann bekommst du, was du …«
»Sei still, du Fettwanst!« zischt Arvid. Er lehnte sich an die eine Wand, die von dem Haus noch übriggeblieben war, das hier einst gestanden hatte. Seine Nachtsichtgabe machte die Dunkelheit zwar nicht gerade zum hellen Tag, aber er konnte sich mit ihr recht gut orientieren. Er lugte um die Mauer herum, sah die Straße hinauf und hinunter. Nichts rührte sich. Bei den drei Toten im Kellergewölbe schien es sich um die einzigen Jäger gehandelt zu haben, die Benry mitgenommen hatte. Er griff in seine Tasche und holte eine Pfeife hervor. Ein schriller Laut zerriß die Stille der Nacht. Leere Fensterhöhlen waren wie die Augen von Dämonen und Totengeistern. Oben trieben die lichtlosen Wolken dahin. Es mochte noch eine ganze Weile dauern, bis die Winde auflebten, die sie auseinandertrieben, auf daß sie dem Licht wichen.
»Was … was hast du vor, Arvid? Hör mal, wir können sicher zu einer Übereinkunft kommen …«
Arvid wandte sich halb um. Benry hockte mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden und wickelte sich einen schmutzigen Stofflappen um die Wunde in seinem Arm. »Ich habe zwar gewußt, daß du ein verdammter Scheißkerl bist, Benry«, sagte Arvid langsam und tonlos, »aber nicht, was für einen erbärmlichen Feigling deine Leute als Anführer haben.«
»Hör mal, Arvid …«
Leise Stimmen wehten heran, eilige und doch vorsichtige Schritte kamen näher.
»Arvid?«
»Ja. Ich bin hier.«
Drei massige Gestalten traten hinter der Mauer hervor, die Giftschleudern einsatzbereit in den Händen, Drei Mutanten, der eine mit verstümmelten Armen, der nächste ohne Augen, dafür aber mit einem zusätzlichen Sonarorgan, und der dritte mit einem Blähschädel. Aber es waren auch stabile Zusammenbruch-Mutanten, und sie verfügten über Sinne, die sich als sehr vorteilhaft erweisen konnten.
»Seht mal, wen ich hier habe«, sagte Arvid und deutete auf die am Boden kauernde Gestalt.
»Benry«, keuchte einer seiner Jäger. »Mann, ich drehe dem Schwein seinen verdammten Hals um.«
Benry wimmerte und wich mit krabbelnden Bewegungen zurück.
»Ich habe eine bessere Idee«, sagte Arvid und zerrte den anderen Territorialherrn in die Höhe. »Wir werden mit ihm zusammen seinem Vorratslager einen Besuch abstatten, was meint ihr? Er sagt, sie gehorchen seinen Befehlen. Also dürften sie uns wohl freundlich empfangen.«
»Bist du verrückt geworden? Die knallen uns einfach ab – und Benry dazu.«
»Was meinst du dazu?« Arvid sah Benry an. Der senkte den Kopf und schwieg. »Nun ja«, meinte Arvid und nahm wieder seine Mitra zur Hand. Die Jäger gafften. »Damit sollten wir uns wohl ein wenig Freundlichkeit erzwingen können, nicht wahr?«
Benrys Vorratslager war in einem der wenigen noch recht gut erhaltenen Häuser der Stadt untergebracht. Früher einmal, in besseren Zeiten, war es ein Hotel gewesen. Die Prachtverzierungen waren abgebröckelt, und der Putz löste sich bei jedem Säureregenschauer in großen Fladen, wie Eiter, der an einem verfallenden Körper klebte. Der Wind lebte nun etwas auf und fuhr mit seinen ausgebreiteten Armen in den Müll. Stinkende Fetzen wehten davon, aber daran waren Arvid und seine Begleiter gewöhnt. Sie benutzten die Atemmasken nur in wirklichen Notfällen. Die Filter waren zu kostbar, als daß man sie einfach verschwenden durfte. Die Fensterhöhlen starrten leer und blicklos. Nirgendwo glomm ein Licht. Stille. Bis auf den seufzenden Wind, der mit den Resten einer besseren Zeit spielte. In den lichtlosen Wolken grollte es. Ein Blitz zuckte auf.
Einer von Arvids Jägern duckte sich.
»Wir sollten zurückkehren«, murmelte er.
Arvid lachte leise. »Hast du Angst vor einem einfachen Gewitter?«
»Das ist kein einfaches Gewitter. Es ist …« Seine Stimme wurde, zu einem unverständlichen Murmeln. Arvid musterte ihn nachdenklich. Normalerweise konnte er sich auf den Jäger verlassen, auf seinen Ahnungen … aber direkt ihnen gegenüber lag das Vorratslager Benrys, sicher prall gefüllt. Und er hatte eine Mitra. Er streifte alle möglichen Bedenken
Weitere Kostenlose Bücher