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Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Titel: Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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von Baum zu Baum, und an den Fäden kondensierten die Lichtflecke aus dem Nichts.
    »Das ist der Friedhof«, sagte Claude Farrell zu mir, als wir zusammen auf der borkigen Rückenschale des Organseglers standen und verfolgten, wie das semi-organische Raumschiff sich dem Pirouettenkurs des Waldes anglich und dann in eine Schneise zwischen zwei zapfenförmige Gewächse glitt. »Der Friedhof der Ulema, der Welturbäume. Die Ulema hier existieren schon so lange, daß selbst der Alte Wald gegen sie nicht mehr als eine Eintagsfliege ist. Sie sind mit den Kosmischen Sporen in unsere Milchstraße gekommen, über das Transitnetz der Weltraumstraßen. Früher haben diese Ulema das Interkosmische Anti-Entropie-System gesteuert, die Anti-Kaiserkraft-Waffe.«
    »Früher?« sagte ich, und meine Stimme klang verzerrt in der Enge des Raumanzughelms.
    Farrell drehte sich langsam zu mir herum. Im goldenen Licht der Blüten besaß sein Gesicht einen tiefen Bronzeton. »Vor zwei oder drei Milliarden Jahren.«
    Milliarden Jahre? dachte ich. Weiß dieser verdammte Treiber überhaupt, was er da sagt? Das ist eine Zahl, mit der niemand etwas anfangen kann. Vielleicht ist es erfunden. Vielleicht will er mich nur beeindrucken.
    Ein mächtiger Ast mit zernarbter Borke wölbte sich wie ein Brückenbogen über die Schneise. An seinem höchsten Punkt hing eine jener goldenen Blüten. Erst jetzt bemerkte ich, daß sie sich bewegte; sacht schwang sie hin und her, und die strahlenden Flecken in ihrem Kelch erwiesen sich als Kugel aus purem Licht von der Größe einer Männerfaust.
    »Banshees«, erklärte der Terranaut. »Die Bewußtseine menschlicher und nichtmenschlicher Treiber, die mit ihren Schiffen im Weltraum II verschollen sind. Die Ulema haben vor drei Jahren begonnen, die Banshees aus dem Weltraum II zurückzuholen. Wir wissen nicht, warum sie das tun. Und sie sind schon zu alt, zu versteinert, als daß wir uns mit ihnen verständigen könnten.«
    Die Bäume glitten auseinander, die Schneise wurde breiter und mündete in einen Hohlraum im Zentrum des Waldes. Die erstarrten, weitgespannten Kronen der Ulema flößten mir Unbehagen ein. In der fahlen Helligkeit der Blüten erinnerte das verschlungene, krumme, kahle Astwerk an monströse Quallen, die geduldig auf Opfer warteten.
    Wir ließen das verschachtelte Gewirr der Ulema hinter uns und stießen weiter in den Hohlraum vor. Er mußte größer sein, als ich zunächst geschätzt hatte. Gewiß besaß er einen Durchmesser von mehr als hunderttausend Kilometern. Eine gewaltige Hohlwelt, an deren Himmeln goldene Fixsterne standen.
    Aber das Licht der Blüten war zu schwach, um die Finsternis dieser Welt zu erhellen.
    Ich schaltete an meinen Hüftkontrollen.
    Die molekulare Struktur meines Raumanzughelms veränderte sich. Die Scheibe wurde matt und übernahm dann die Funktion eines Monitors. Ein Mikrocomputer wertete die Meßdaten des anzugeigenen Ortungssystems aus und erschuf aus ihnen ein täuschend echt wirkendes Simulationsbild.
    Die Finsternis vor meinen Augen wich.
    Ich erblickte die eigentliche Station der Terranauten, die Basis im Herzen des versteinerten Waldes.
    Eine ellipsenförmige Scheibe schwebte vor uns im Nichts. Eine graue Blase überwölbte sie und verwehrte die Sicht auf ihre Oberfläche; selbst die Taster des Ortungscomputers konnten dieses Gebilde nicht durchdringen.
    Möglicherweise, dachte ich, besteht die Blase aus Weltraum-II-Energie. Wie die Feuerschale um Shondyke.
    In unmittelbarer Nähe der Scheibe befand sich ein altes Treiber-Schiff. Die Zentralkugel, entnahm ich den Zahlen, die der Mikrocomputer vor meinen Augen aufblitzen ließ, durchmaß einhundertzwanzig Meter, der angeflanschte Protopdorn war doppelt so lang.
    Ein vergleichsweise kleiner Frachter.
    In einem eleganten Flugmanöver schloß unser Organsegler zu dem Frachter auf und kam dicht am Rand der Basis zum Stillstand.
    »Wir sind da«, erklang Farrells Stimme in meinem Funkempfänger. »Im Unterschlupf der Mistel-Dealer, im Versteck der kriminellen Treiber-Loge von der SIMON BOLIVAR und ihres verbrecherischen Logenmeisters Cram, nach dem im gesamten Sternenreich gefahndet wird. Sie haben schon von Cram gehört, Zatyr?«
    Ich schüttelte den Kopf. Erst dann fiel mir ein, daß Farrell diese Geste nicht sehen konnte, und ich antwortete: »Nein, natürlich nicht. Sie wissen, daß ich die letzten Jahre abgeschnitten auf Mirrson verbracht habe.«
    »Cram«, sagte Farrell. »Es gibt kaum einen Terranauten, der

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