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Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Titel: Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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von dem eigentlichen Hunger abzulenken, den er in aller Heimlichkeit befriedigt. Was man ihm freiwillig gibt, ist für ihn lediglich das Dessert. Die Hauptmahlzeit ist schon längst verschlungen.
    Die Stille, die sich wie eine Decke über die Logenplattform gelegt hatte, wurde von einem unterdrückten Schrei zerrissen.
    »Der Pulsar!« rief Jhimer. »Er zieht sich zusammen! Und dort …! Schaut euch das an! Schaut euch das an!«
    Ich schüttelte mein Entsetzen und meine Benommenheit ab und sah nach oben zu dem Panoramabildschirm, der den glühenden Ball des Pulsars zeigte.
    Nach der Computeranalyse hatte der Pulsar kurz nach unserem Rücksturz in das normale Universum seine größte Ausdehnung von einer knappen Million Kilometern Durchmesser überschritten und begann in Anschluß an eine nur Minuten dauernde Phase der Stabilität zu schrumpfen. Ein Halo flammender Gaswolken umgab den eigentlichen Sonnenkörper und erlosch langsam, während der Stern weiter kontraktierte, in jeder Sekunde Hunderte von Kilometern an Durchmesser verlor.
    Der Schrumpfungsprozeß setzte gewaltige Mengen harter Strahlung frei. Automatisch fuhr der Bordcomputer die Prallschirme der SIMON BOLIVAR hoch, um zu verhindern, daß wir von der Gammastrahlung geröstet wurden. Der Halo glühte noch eine kurze Weile rötlich nach und erlosch dann ganz. Und über dem ermatteten Pulsar, der nur noch die Hälfte seiner früheren Größe besaß, hing wie ein Schattenriß der knorrige Stamm, die weit ausladende Krone, das verfilzte Wurzelwerk eines Urbaums.
    Die Ulema war gewaltiger als jeder der Bäume, die ich im kosmischen Friedhof gesehen hatte.
    Ihr Stamm war – nach den Messungen des Computers – rund vierzig Kilometer lang und zweieinhalb Kilometer dick. Die Krone durchmaß fast sechzig Kilometer, und an dem Gewirr der krummen Äste, an denen unsere SIMON BOLIVAR wie ein verkümmerter Zweig gewirkt hätte, wuchsen unzählige goldene Blüten.
    Die Hitze der Sonne hätte den Urbaum verbrennen müssen, doch er war unversehrt. Der Glanz der Goldblüten überstrahlte sogar das Licht des pulsierenden Sterns. Und dieser Urbaum war nicht so kalt, so steinern grau wie die Jahrmilliarden alten Ulema vom kosmischen Friedhof. Seine Borke leuchtete wie sauerstoffreiches Blut in einer gläsernen Ader, die von einer Neonröhre angestrahlt wird; Wärme, die nichts mit dem feurigen Sonnenplasma zu tun hatte, sondern aus dem Innern des Stamms drang.
    Irgend jemand sagte, daß die goldenen Blüten die Energie des Pulsars aufsaugten, ehe sie den Urbaum versengen konnten.
    Ein anderer Treiber aus der Loge – Burke Harsan, hochgeschossen, dünn, das Gesicht ein Mosaik aus rosa Narben, der Bio-PSI-Experte an Bord der SIMON BOLIVAR – teilte sachlich mit, daß von der Ulema starke psionische Schwingungen ausgingen, aber keine Impulse, die auf ein Bewußtsein hindeuteten.
    »Ist der Baum tot?« fragte Cram heiser, während das Schiff mit vierzigtausend Kilometern pro Sekunde der Ulema und dem noch immer schrumpfenden Pulsar entgegenstürzte.
    »Bewußtlos«, antwortete Harsan. Er sprach emotionslos, aber unter seiner oberflächlichen Sachlichkeit meinte ich Nervosität, Unsicherheit zu bemerken. »Um es auf menschliche Ebene zu übertragen – der Urbaum liegt in einer Art Koma. Vermutlich gelingt es ihm nicht, die zerstörerische Sonnenstrahlung völlig zu absorbieren …«
    »Verdammt!« fluchte der Logenmeister. »Also keine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme? Kein Raum-Zeit-Stroboskop? Die Pforte ist geschlossen?«
    Harsan schüttelte den Kopf. Die Konzentration, die es ihm kostete, psionische Verbindung mit dem fremdartigen Baumbewußtsein aufzunehmen, trieb ihm Schweißperlen auf die Stirn.
    »Der normale Zyklus«, murmelte der Bio-PSI-Experte, »ist abgeschlossen. Die Informationen aus den tiefgekühlten Erinnerungen des Grauen von Coldgrave sind richtig. Wir haben es nicht mehr rechtzeitig geschafft. Offenbar schaltet sich dieser Urbaum nur in das Netz der Weltraumstraßen ein, wenn der Pulsar seine größte Ausdehnung erreicht und die Korona die Ulema verschluckt. Die Ulema schützt sich vor der zerstörerischen Hitze und Strahlung, indem sie mit ihren Blüten die Energie aufsaugt und sie dann in den Weltraum II leitet.«
    Harsan schwieg einen Moment.
    Wir anderen warteten gespannt.
    »Es ist nur eine Theorie«, fuhr Harsan schließlich fort, »aber ich denke, daß diese Energie im Weltraum II zur Bildung eines separaten Straßensystems verwendet wird. Das

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