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Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur

Titel: Die Terranauten TB 08 - Die graue Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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befriedigt Lence Zatyr dafür frei.
    Ich saß wieder neben Mandorla, über mir die Protopkuppel, vor mir die Treiber, der Dorn, die Mistelschale. Noch war der Transit nicht beendet. Wir flogen mit millionenfacher Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum II, getrieben von den psionischen Kräften der Loge, und wenngleich das fremde Kontinuum durch Horaz Gallygool gesättigt war, erfüllte es noch immer das Schiff.
    Ich vernahm boshaftes Geraune, Lockrufe, deren Herkunft im Ungewissen blieb, doch es fiel mir nicht schwer, über sie hinwegzuhören. Farbkleckse pulsierten wie müde Herzen vor mir in der Luft, und wenn ihr Schlag erstarb, wurden sie erst grau, dann schwarz und lösten sich schließlich auf. Ich meinte nebelhafte Gestalten neben den Treibern knien zu sehen, entfernt an menschliche Wesen erinnernd, und ich fragte mich, welche Dinge sie Cram und den anderen Terranauten wohl ins Ohr flüstern mochten.
    Verbotene Dinge.
    Dinge, wie sie nur jemand wissen konnte, der die Geheimnisse des Weltraum II kannte und sich wünschte, sie nie erfahren zu haben. Die Nebelwesen wollten diese Geheimnisse weitererzählen, weil sie sie nur so vergessen und Ruhe finden konnten, aber die Treiber wurden beschützt vom goldenen Licht der Mistelblüte, und enttäuscht murmelnd zogen sich die Nebelgeister zurück.
    Ich drehte den Kopf. Die Luft fühlte sich zäh an, wie erkalteter Sirup. Mandorla, stellte ich überrascht fest, unterlag einem eigentümlichen Doppier-Effekt. Ein Phantomkörper schien ihre eigentliche Gestalt zu überlagern. Sie saß reglos da, betäubt vom fotosensitiven Barbiturat, und gleichzeitig reagierte sie auf meine Bewegung ebenfalls mit der Drehung ihres Kopfes.
    »Sie wollten mir Fragen stellen, Zatyr«, sagte sie.
    »Das Barbiturat!« entfuhr es mir.
    »Wenn Sie wollen«, entgegnete Mandorla, »wirkt es. Wenn Sie Antworten wollen, erhalten Sie Antworten.«
    Ich befeuchtete meine Lippen und schmeckte eine Mischung aus Staub und salzigem Schweiß. »Was war für Ihre Dekonditionierung verantwortlich?« fragte ich heiser.
    Sie antwortete sachlich. »David terGorden. Er hat die Schnitte im Gehirn nicht geheilt, sondern überlagert. Eine Dekonditionierung fand nicht statt. Ebensowenig wie bei der Mater Pernath oder bei Cosmoral Jaschini – auch wenn Jaschinis Abfall von den Garden eine Folge der empathischen Ausstrahlung des Psyters Scanner Cloud war. Die Form der Empathie, die David terGorden und Scanner Cloud beherrschen, hat nur wenig mit den herkömmlichen PSI-Fähigkeiten zu tun. Sie ist pure Liebe; persönliche, direkte Liebe, die selbst das Herz einer Grauen erweichen kann. Es war nicht nötig, die Konditionierung aufzuheben. Die Treue zu den Grauen Garden wurde nicht hinfällig, sie büßte lediglich ihren Stellenwert ein. Deshalb kam auch das Mutagen 936 nicht zum Zuge. Diese Liebe war so stark, daß sie selbst das Virus betörte.«
    Liebe, dachte ich. Bei den Sternen, das ist unmöglich!
    Aber ich zweifelte nicht, daß Mandorla die Wahrheit sprach. Es gab viele Gerüchte über diesen David terGorden, der nach dem Öko-Schock die Terranauten verlassen hatte, um die Gefahr endgültig zu bannen, die durch den jahrelangen Gebrauch der Kaiserkraft entstanden war. Unter den Treibern galt terGorden als »Erbe der Macht«, und es war bekannt, daß Myriam terGorden, seine Mutter, während der Zeit ihrer Schwangerschaft organisch mit dem Urbaum Yggdrasil verbunden gewesen war. Und Scanner Cloud, der Psyter, sollte durch einen pflanzlichen Symbionten in einen jener Lenker verwandelt worden sein, die seit Äonen das Netz der Weltraumstraßen beaufsichtigten und über deren Fähigkeiten man sich Wunderdinge erzählte.
    Dann kam mir ein weiterer Gedanke. Wenn Mandorlas Konditionierung nach wie vor bestand – konnte sie nicht irgendwann wieder wirksam werden? Heute, morgen oder in zehn Jahren? Würde sie sich eines Tages wieder in eine richtige Queen verwandeln, in unerschütterlicher Treue den Grauen Garden ergeben? Mußte diese Entwicklung zwangsläufig auftreten, oder war dafür ein Auslöser erforderlich?
    Ich wollte Mandorla danach fragen, in diesen luziden Momenten, in denen der Weltraum II sie verdoppelte und der wache Teil ihres Selbst zu offenen Antworten bereit war. Ich wollte sie nach den Motiven fragen, die sie bewogen hatten, an diesem Unternehmen teilzunehmen, denn von uns allen mußte Mandorla die Grauen Garden am meisten fürchten. Es bestand die Möglichkeit, daß Chan de Nouille Mandorla sofort

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