Die Terranauten TB 09 - Das Schiff der Träume
der Form von Materie. Die Kangrahs spürten nichts von ihrer Anwesenheit. Das PSI-Feld hemmte sie nicht. Ganz im Gegenteil: Es versorgte sie mit soviel Energie, wie sie brauchten.
Das Konglomerat suchte nach den Gefährten, aber da merkte es, daß es total die Orientierung verloren hatte. Oben und unten, das hatte an Bord des Schiffes einen anderen Stellenwert als auf dem Planeten. Jede Wand war unten. Die künstlichen Schwerkraftverhältnisse gruppierten sich für jeden einzelnen Raum für sich.
Sie beobachteten, was geschah, als ein Kangrah einen Raum verließ: Er schwang sich über die Kante in den Gang hinaus, der für ihn wie ein steil abwärtsfallender Schacht erscheinen mußte.
Eine Tatsache, an die er sich längst gewöhnt hatte. Er spazierte den Gang entlang und begegnete einem anderen Kangrah.
Dieser spazierte für den ersten praktisch auf der Decke, schlängelte sich zwischen den Zapfen hindurch, beachtete den anderen gar nicht.
Es herrschte hektische Betriebsamkeit. Jeder Kangrah, außer den ruhenden, schien zu wissen, daß fünf Fremde an Bord waren. Und sie schienen zu wissen, wo sich die Fremden befanden.
Das Konglomerat wagte es nicht, die Gedanken der Kangrahs stärker zu belauschen. Wegen der Entdeckungsgefahr.
Die Kangrahs hatten ihre ursprüngliche Unruhe jedenfalls abgelegt. Jetzt wirkten sie tatsächlich nur noch sehr geschäftig. Sie schienen durchzuchecken, ob für sie und das Schiff eine Gefahr bestand.
Oder versuchten sie herauszubekommen, ob es möglich war, einen Realitätsbezug zu finden – oder einen objektiven Standpunkt, von dem aus sie erkennen konnten, ob sie sich nun in einer Traumebene oder in der Wirklichkeitsebene befanden?
Das Konglomerat konzentrierte sich auf die Begegnung der beiden Kangrahs, die kaum aufeinander achteten.
Sie nahmen rechtzeitig die Köpfe beiseite, um nicht zusammenzustoßen. Dann eilten sie weiter.
Wie das Konglomerat. Es war hergekommen, um den ruhenden Pol des denkenden Computers zu finden. Von draußen war es möglich gewesen, analytisch die Gedanken des Computers von den anderen Gedanken zu trennen.
Hier drinnen fiel es ungleich schwerer.
Und wie sollte es die Terranauten finden? Es gab keinerlei Orientierungshilfen.
Die Miniloge hatte sich verirrt!
Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder weiter durch das Schiff irren oder Rückkehr an Bord der Bahrns.
Die Miniloge entschied sich für den zweiten Schritt. Damit war sämtliche Absicht zerschlagen.
Das Konglomerat war in letzter Konsequenz gescheitert!
Aber war es das wirklich? Ein Gespräch mußte es klären. Die Zeit dazu mußten sie sich nehmen.
Ausgerechnet Colman überraschte die anderen mit einer spontanen Theorie, die alles bisherige in den Schatten stellte: »Möglicherweise gab es diese absolute Traumvision, die von den Kangrahs mit in dieses Universum gebracht wurde. Wir haben die Vision kennengelernt: Vielmehr das, was davon übrigblieb!«
Merrin-kläck und Macson begriffen nicht sofort.
Colman sprach weiter: »Ich meine, wenn sich nun das PSI-Feld allmählich der Wirklichkeitsebene anpaßt? Das ist doch nicht auszuschließen, nicht wahr?«
Das war die Theorie, und Merrin-kläck hatte als erster einen Einwand: »Wir haben bereits festgestellt, daß im gewissen Sinne jeder Mensch in einer eigenen illusionären Welt lebt. Diese unterschiedlichen Welten, entstanden durch unterschiedliche Erfahrungen und unterschiedliche Beurteilungsfaktoren, von uns einfach Individualität genannt, sind selbstverständlich bis zu einem gewissen Grad realitätsbezogen – nämlich dort, wo es um Überlebensfaktoren geht. Ich will es dir erklären, Colman, damit du begreifst, worauf ich hinaus will: Jeder Lebenstraum endet dort, wo er den Träumer in tödliche Gefahr bringt. Der Wahnsinnige, der sich für Napoleon hält, vergißt nicht, zu essen und zu trinken und auf alltägliche Gefahren zu achten, die ihm nach Leben und Gesundheit trachten. Und nun zu den Kangrahs. Das Schiff mitsamt Besatzung träumt. Dieser Traum ist so mächtig, daß er andere mit einbezieht, daß er Teile des Traumes sogar gegenständlich werden läßt. Alle Überlebensfaktoren werden vom Traum bestimmt. Die Realität kommt mit ihren Gefahren und Fallen gar nicht bis zu den Träumern durch.«
»Aber die Realitätsebene stört das PSI-Feld und zwingt das gesamte Feld zu Anpassung!« widersprach Colman. »Sieh mal, Merrin-kläck, das Universum funktioniert nach dem Prinzip der Wechselwirkungen, der Kausalität aller
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