Die Terranauten TB 09 - Das Schiff der Träume
David terGorden, dem legendären Führer der Terranautenbewegung ein: »Man bezeichnet mich als Erben der Macht. Bedeutet das nicht, daß man erwartet, ich müßte alle Fäden in die Hände nehmen? Das werde ich nicht tun! Ich bin kein absolutistischer Führer. Ich bin kein glorifizierter Halbgott. Ich bin einer unter vielen. Weil ich ein Gegner von jeder Zentralisierung bin. Weil ein Führer nur den Bedürfnissen von denjenigen Menschen gerecht werden kann, die er persönlich kennt. Alle anderen bleiben Namenlose für ihn. Und die soll er gerecht leiten können? Lassen wir uns nur von dem einzigen in eine bessere Zukunft steuern: Vom Gedanken an Freiheit auf der Basis der gegenseitigen Rücksichtnahme und Anerkennung! Jeder muß für sich selbst entscheiden lernen. Die Gemeinschaft, deren er sich zwangsläufig anpassen muß (will er nicht allein bleiben), wird ihn schon lehren, wo er falsch und wo er richtig handelt. So stelle ich mir meine Rolle vor: Als Mitglied einer gewachsenen Gemeinschaft, zusammengehalten von gemeinsamen Bedürfnissen, getragen von gegenseitigem Respekt, getrieben von dem Willen, eine großartige Zukunft, mit möglichst wenig Blut und Tränen, zu erleben. Und ich werde meine Rolle ausfüllen. Ich werde meine Verantwortung tragen – wie jeder in dieser Gemeinschaft, will er nicht Gefahr laufen, ausgeschlossen zu werden …«
Dezentralisierung war der Kernsatz. Ein Zentralcomputer ist anfällig. Er kann sehr schnell das Objekt von Mißbrauch werden. Ein Computer, der jede Zelle des Schiffes beherrscht, wo er in einer Art Dauersymbiose mit der Besatzung lebt, verteilt gleichmäßig seine Macht, macht sie überschaubar und …
Natürlich! dachte die Loge weiter. Es hat auch Nachteile! Wie alles. Die Kangrahs sind jedenfalls diesen Weg gegangen. Damit haben sie wenigstens diesen Gedanken mit den Terranauten gemeinsam.
Die Logengemeinschaft unterließ es, weiter den kühlen Gedanken des Rechengehirns nachzujagen. Sie verharrte irgendwo im Schiff und kapselte sich von der Umgebung ab. Die Kangrahs sollten nunmehr den Nadelstich des ideologischen Gegners zu spüren bekommen.
Ein einziger Gedanke genügte, um die Kangrahs auf die Logengemeinschaft aufmerksam zu machen: »Roab!«
Der Name war im gesamten Schiff zu hören. Jeder Kangrah mußte daran teilhaben. Natürlich auch die quasiintelligente Recheneinheit.
Und sie ließ prompt ein Sicherheitsprogramm abspulen, ersonnen gegen feindliche Aggressoren.
Doch die Logengemeinschaft war nicht greifbar. Es änderte sich auch nichts, als die gefangenen Terranauten verstärkt unter Beobachtung gehalten wurden.
Roab blieb der Ansprechpartner für die Loge – bis sich ein anderer gefunden hatte: »Es hat keinen Zweck, wenn du die Gefährten stärker überwachen läßt. Bedenke, wir sind Menschen, und es fehlte euch die Zeit, unsere Eigenarten so zu studieren. Ihr könnt euch kein Urteil erlauben. Ihr könnt nichts wissen, was euch zur Manipulation verhelfen könnte. Wenn ihr es wagt, etwas gegen die Körper der Gefährten zu tun, tötet ihr sie möglicherweise. Wir glauben nicht, daß es in eurem Interesse wäre.«
Roab war da, und er antwortete: »Ihr macht mich zum Parlamentär? Also gut. Ich bin bereit dazu: Was wollt ihr? Stärke demonstrieren? Überlegenheit gar? Um uns zu drohen?«
»Nein, Roab. Deine Reaktion erscheint beinahe menschlich. Wir sind hier, um Stärke zu demonstrieren, gewiß. Doch diese Stärke soll nicht dem Kampf dienen, sondern eine Ebene schaffen, auf der wir als gleichberechtigte Verhandlungspartner arbeiten können. Verstehst du? Ein Kampf zwischen uns würde schreckliches Unheil anrichten – eigentlich wie jeder Krieg. Doch der Starke wird im Schwachen niemals einen gleichberechtigten Verhandlungspartner sehen. Er wird bestenfalls Mitleid mit ihm empfinden. Und damit wäre uns gewiß ebensowenig gedient.«
»Ihr stört mit eurer Präsenz die universale Ordnung!«
»Wir gingen diesen Schritt, um euch vom Gegenteil zu überzeugen! Hast du den anderen alles über die verschiedenen Wahrnehmungsebenen erzählt? Ich meine, ist eure Gemeinschaft im Bilde?«
»Ihr seid eine Einheit. Das kennen wir nicht. Aber ich darf dennoch für die anderen sprechen. Sie werden mich korrigieren, wenn ich etwas Falsches sagen sollte.«
Endlich hatte die Loge Roab ausfindig gemacht. Sie war zwar nicht in der Lage herauszufinden, in welcher Weise Roab mit jedem anderen Kangrah und sogar mit der Denkeinheit in Kontakt stand, aber dieses
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