Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr
schon seit Stunden tot sein, vielleicht sogar seit Tagen. Die Augen … zwei Juwelen aus glänzendem Eis. Der Körper kalt und so hart wie Stein. Judad konnte keine Verletzungen entdecken. Seltsam.
Er kam wieder in die Höhe, öffnete eine Tür und trat in den nächsten Raum. Zwei weitere Leichen. Ein Mann und eine Frau. Im Bett. In einer letzten, zärtlichen Umarmung.
Etwas Kaltes rieselte Judads Rücken hinab.
Was immer die Jäger auch umgebracht hatte … es mußte unglaublich schnell gegangen sein und hatte keine Spuren hinterlassen. Judad schwankte.
Dann hörte er eine Stimme.
Sie klang schwach, und sie kam von draußen. Judads Hände umklammerten die Schwarze Träne. Er drehte sich um. Die Stimme schwieg nun wieder.
Er setzte sich in Bewegung und trat aus der Hütte hinaus ins Freie. Nichts zu sehen. Nur Schnee und Eis und ein paar Kilometer entfernt die aufsteigenden Wände des Tiefentrichters, in dem er sich befand. Er horchte mit seinen mentalen Sinnen. Ein schwaches Echo. Jemand befand, sich in unmittelbarer Nähe. Ein verglimmendes Ego. Jemand, der starb.
Er ging an den Wänden der Hütte entlang.
An einem Holzstapel kauerte eine in sich zusammengesunkene Gestalt. Der Mann trug einen schweren Mantel aus Schneekatzen-Fell, weiß wie der Schnee und somit fast unsichtbar.
»Ich habe …«, krächzte der Mann.
»He, ganz ruhig. Ganz ruhig.« Vorsichtig drehte Judad den Mann um und blickte in sein eingefallenes Gesicht. Es war nur noch teilweise das Gesicht eines Menschen. Die Wangen waren braun und nicht weiß in der Kälte. Und die Augen …
Sie waren wie zwei silberfarbene Sterne.
Es waren die Augen eines Mulcalin. Judad wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Der Mann hob schwach die Hand.
»Die Katastrophe kommt«, murmelte er fast unhörbar. »Ich habe sie bereits gesehen …«
»Was hast du gesehen?« Nein, das war kein Mulcalin. Eindeutig ein Jäger. Und doch … die Augen … es war sonderbar. Etwas hatte diesen Mann verändert. Das, was seine Kollegen umgebracht hatte.
Der Mann zwinkerte. Die Kraft schien in seinen Körper zurückzukehren.
»Dort oben am Himmel … Feuer, das sich über Haydrath ergießt und doch nur Kälte bringt; vordringliche Gletscher; Kalte Stimmen, die hinter der Stirn brennen. Ich habe Unheil und Zerstörung gesehen …«
Judad schluckte. Die Worte erinnerten ihn an die Vision, die er gehabt hatte und die ihn nicht mehr losließ. Feuer am Himmel. Das Feuer von Tausenden und Abertausenden in die Atmosphärenseen stürzender Meteoriten. Und am Grund der Welt … sich langsam vorschiebende Gletscher.
»Es wird hier nicht brennen«, keuchte der Jäger, »aber es wird die Kristallstaubseen zerstören, und Tonnen von feinem Staub werden niederrieseln und Wurzeln schlagen. Es beginnt neu, was einmal bereits begann.«
Der Mann hielt inne und riß die Augen weit auf. Der Blick ging durch Judad hindurch.
»Ich …« Er keuchte noch einmal und sank dann tot in sich zusammen.
Judad war wie gelähmt.
Der Wind wehte und trug in seinen Armen das Schnauben und Zischen von Schattenleguanen.
Judad sprang auf, preßte die Schwarze Träne an sich und blickte sich um. Dort, zwei Kilometer entfernt noch, nun aber rasch näher kommend … zwei Leguane, auf deren Rücken die gedrungenen Gestalten von Mulcalin hockten.
Judad wußte, warum sie gekommen waren: um den Dieb zu stellen und die Träne wieder an sich zu bringen. Judad wußte auch, daß ihm keine Zeit mehr für eine Flucht blieb. Er mußte sich dem Kampf stellen, ob er wollte oder nicht.
Er kauerte sich in den Schnee und konzentrierte seine PSI-Sinne auf die Schwarze Träne. Die Hieroglyphen wuchsen vor ihm an und füllten schließlich sein ganzes Gesichtsfeld aus. Das Schnauben der Leguane … nicht mehr wichtig. Die Gedankenstimmen der Mulcalin, wie die von Menschen und doch auf unbestimmte Art und Weise völlig anders.
Er holte aus zu einem mentalen Hieb, der ihm seine Verfolger vom Hals schaffen sollte.
Genau in diesem Augenblick kroch erneut das Sanfte Fieber in ihm empor, zerschnitt mit glühenden Messern seine Gedanken, zerstörte seine Konzentration und ließ die angestaute mentale Energie irgendwo versickern.
Judad riß die Augen auf.
Und blickte direkt in das entschlossene Gesicht eines jungen Mulcalin.
Judads Körper neigte sich zur Seite und fiel in den Schnee. Das Feuer in seinem Innern verzehrte ihn. Langsam.
»Ich kann mich nicht erinnern«, sagte Dianne DasMaren scharf und wuterfüllt,
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