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Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr

Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr

Titel: Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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Berührung. Dieser hier«, er spuckte aus, »hat es überstanden. Aber er wird ebenfalls sterben.«
    Xala schwang sich nun auch vom Rücken des Leguans. Der Wind lebte auf. Er trug winzige Eissplitter mit sich. Oben, an den Himmelsflecken zwischen den Felswänden, leuchteten die Vorboten des Feuerregens auf. Glanzspuren voller Wärme, die doch Kälte verursachten.
    »Weißt du, was er getan hat?« Tairit sah Xala an. Sie berührte den glimmenden Namensstein zwischen ihren Brüsten und sah stumm auf den Fremden hinab. »Er hat die Vorbereitung der Preten wieder zunichte gemacht, Xala. Die Schwarze Träne war bereits mentaljustiert. Er hat diese Justierung zerstört. Die Träne kann mir jetzt keinen zweiten Wahren Namen verleihen.«
    »Er stirbt, Tairit«, sagte Xala weich.
    »Und wenn schon. Soll er. Er ist ein Frevler!«
    »Er braucht Hilfe.«
    Sie sah Tairit an. »Verstehst du? Er braucht Hilfe. Du hast keinen Namensstein. Du kannst es nicht spüren. Und du bist voller Haß, verblendet fast. Erinnerst du dich nicht mehr an das, was uns unsere Unterweiserinnen lehrten? Haß verhindert Erkenntnis. Erkenntnis aber ist der einzige Weg zu einem ausgefüllten Leben.«
    Tairit schwieg nur.
    »Merkst du es denn nicht, Tairit? Er ist mit uns verwandt. Er ist der Gedankenstimme mächtig.«
    »Ein Treiber.«
    »Ja. Ein Treiber, der Hilfe braucht.«
    »Auch Treiber verstehen nicht.« Die Wut war noch immer in ihm. Es fiel ihm schwer, sie zu verdrängen. Sie war wie ein Elixier, das ihm Kraft verlieh. »Warum hat er die Träne gestohlen?« Er stieß einen Fluch hervor. »Er kennt ihre Kraft und Bedeutung nicht. Er weiß nichts. Er will sich bereichern wie all die anderen. Vielleicht ist er sogar ein Mulcalin-Mörder.«
    Xala schüttelte langsam den Kopf. Feiner Schneestaub hatte sich zwischen ihren Haaren festgesetzt. Sie sah aufregend aus, fand Tairit. »Nein«, sagte sie, »kein Mulcalin-Mörder.« Ihr Namensstein glühte heller, als sie sich darauf konzentrierte und in stumme Verbindung zu denen, die waren, trat. »Und er will sich auch nicht bereichern.« Sie atmete plötzlich schwer. »Benutze die Träne, Tairit. Konzentriere dich auf seine Gedanken. Helfen wir ihm gemeinsam. Schau tief in ihn hinein, und dann wirst du sehen, wie sehr du dich irrst.«
    Tairit blieb skeptisch, folgte aber dem Rat seiner Begleiterin. Ja, es stimmte, er war verbittert. Und das aus gutem Grund. Schließlich hatten die Städter zweimal seine Zukunft zerstört. Das war mehr als genug.
    Er nahm die Schwarze Träne an sich und konzentrierte sich auf die Hieroglyphen. Sie wuchsen vor ihm an und begannen zu glühen.
    Bilder … wie vorbeihuschende Streiflichter, manche deutlich, andere diffus und verschwommen; ein Netzwerk aus ineinander verkeilten Kausalitäten; eine Vermengung aus Ursachen und Wirkungen; logische Ketten, komplex, und nun dennoch leicht zu überblicken; Motivationen, logisch und emotional; Nichtverstehen und Ignoranz. Alles auf einmal. Wie ein einziger verschmolzener Informationsbit. Bilder von anderen Welten, von Kriegen, die Städte verwüsteten und Leben zerstörten. Eine Gesellschaft, die komplexer war als der Aufbau des menschlichen Körpers. Eine Gesellschaft, die Abhängigkeiten schuf und zementierte, im Interesse einer elitären und monetären Oberschicht. Verbrechen. Deformation von Moral und Ethik. Vergewaltigung menschlicher Bedürfnisse, ob psychischer oder physischer Natur.
    »Siehst du nun, was ich meine?« fragte Xala, und Tairit nickte langsam. Sie hatte recht. Er war verblendet gewesen, von seinem eigenen Haß. Ein schwerer Fehler. Nicht alles war schlecht, was auf den ersten Blick schlecht aussah. Eine grundlegende Erkenntnis, die er vergessen hatte.
    Mit einer Hand berührte er die Schwarze Träne, mit der anderen den Schnee, die Erde Haydraths, um zu denen zu sprechen, die dort seit Anbeginn der Zeit zu Hause waren.
    Er sprach die Alten Worte, die sonst nur Preten sprachen. Er fokussierte und formte die Kraft, die auch die der Titanengeister war.
    Er drängte das Fieber in dem Fremden zurück. Er beruhigte den Atem und schenkte neue Kraft. Dabei machte er eine Erkenntnis, die ihn zunächst wieder erschreckte.
    »Merkst du das? Die Träne … sie verbindet sich mit ihm. Mit einem Fremden …«
    »Hast du noch immer nicht gelernt? Oder bist du nur so, weil du keinen Namensstein besitzt? Er ist fast wie wir, Tairit. Aber er hat zu lernen. Wie auch wir lernen mußten. Willst du ihm das zum Vorwurf machen?«
    Tairit

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