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Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt

Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt

Titel: Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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behutsam über die Bodensegmente hinweg und näherte sich einer der Wände. Die sonderbaren kleinen Dorne darin erinnerten ihn an etwas – an etwas, mit dem er an diesem Ort niemals gerechnet hätte.
    Er richtete den Ergkegel darauf und streckte langsam die Hand aus. Das Material der Dorne fühlte sich hart und spröde an, gab aber nach, als er Druck ausübte.
    Misteln.
    Abertausende von Misteln.
    Piter hielt unwillkürlich den Atem an, als er begriff, was das bedeutete. Misteln. Dies war keine Sassah-Installation, nein, unmöglich. Vielmehr handelte es sich bei der Anlage um …
    Er unterbrach diesen Gedankengang jäh, als er hinter sich ein lautes Knistern vernahm, wie von starker statischer Elektrizität. Er sah einen der jüngeren Archäologen, der mit dem Meßfühler eines Untersuchungsinstruments eine der matten Kristallflächen berührte. Einige Bereiche der Decke glommen plötzlich in einem senffarbenen Schein, und Piter konnte deutlich spüren, wie der Boden unter seinen Stiefeln zu vibrieren begann.
    In der Mitte der Kammer manifestierten sich diffuse und zinnoberrote Energieschlieren, bildeten eine Art Kokon. Und in diesem Kokon schwebte eine nackte Gestalt. Kein Sassah, sondern ein Mensch. Ein Mann.

2
Die Grüne Botschaft
    27. April 2517
     
    Vor der Grünen Botschaft Tamboros patrouillierten Vigilanten, und Narda wurde ein weiteres Mal kontrolliert, nachdem der Wagen, der sie vom Raumhafen hierher gebracht hatte, fortgefahren war. Es war recht kalt, ein Tag im späten Winter, und die junge Frau fröstelte. Sie schloß die Jacke und trat durch das kleine Tor in der Umzäunung.
    Von den nahen Entsorgungssenken her stiegen faulige Dampfwolken empor und wehten trage dahin. Maschinen brummten, Fräsen sirrten. Große, baggerartige Mechanismen rumpelten über den Schutt, schaufelten ihn in ihre elektronischen Mägen und verdauten ihn zu giftigem Staub, der schließlich unter dicken Erdschichten abgelagert wurde. Transporter brachten Müll aus der Stadt, Haushaltsabfälle und unbrauchbare Nebenprodukte der automatischen Verarbeitungsanlagen im Bereich des Hafens.
    Der Gestank war intensiv, und Narda versuchte, nur durch den Mund zu atmen. Die blattlosen Äste und Zweige der in der Nähe wachsenden Bäume sahen aus wie hilflos gereckte Arme von Wesen, die sich nicht gegen die im großen Maßstab durchgeführte Vergewaltigung der Umwelt zu wehren vermochten.
    Im Garten vor der Botschaft, inmitten einiger sorgfältiger angeordneter Arrangements aus karmesinroten und opalblauen Steinen, gediehen einige immergrüne Pflanzen, doch auf den Nadeln der Koniferen hatten sich feine Staubschichten angesammelt, die nach und nach das Chlorophyll verätzten.
    Narda näherte sich dem Gebäude rasch, das aussah wie eine Mischung aus altertümlicher Villa und Militärkaserne. Es bestand nur teilweise aus Stein, überwiegend aus Holz, und die giftigen Niederschläge hatten die Farbe von den Verschlägen gespült. Einige Dachspanten knarrten im nun einsetzenden leichten Wind.
    Narda stieg die Treppe zur Veranda hoch, und vor der Tür drehte sie sich noch einmal um. Die Vigilanten in ihren braunen Uniformen schritten weiterhin auf der nahe Straße auf und ab, die Gesichter hinter Gefühlsmasken verborgen. Dann und wann blieb einer von ihnen stehen und unterhielt sich kurz mit einem Beamten, der in der Steuerkabine eines unförmigen Einsatzwagens saß, aus dessen Dach eine hohe Antenne ragte. Die anderen Gebäude in der Nähe waren nur noch Skelette aus Stahl und Beton, hohle Körper, in denen sich nichts mehr rührte, in denen nichts mehr lachte oder weinte.
    Narda gab sich einen Ruck und trat ein.
    Im Innern der Botschaft war es fast dunkel, und es dauerte eine Weile, bis sich die Augen der jungen Frau an die geänderten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten. Sie passierte einen langen, düsteren Flur und gelangte in einen Saal. Die schweren Vorhänge an den Fenstern waren zugezogen, und das flackernde Licht des in einem wuchtigen Kamin brennenden Feuers warf unstete Schattenmuster an die hohen Wände. Die Möbel wirkten ebenso abgenutzt wie das Gebäude, und der Teppich auf dem Boden war ausgetreten und verblichen.
    »Ist jemand hier?« rief Narda halblaut.
    Unmittelbar darauf vernahm sie das Geräusch schlurfender Schritte, und ein alter Mann kam aus einem Nebengang und näherte sich dem Kamin, ein Greis mit lichtem, grauem Haar, tief in den Höhlen liegenden Augen und faltigen und eingefallenen Wangen. An der linken Schläfe

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