Die Terroristen
oder Angst kannte er nicht.
Im Trainingslager hatte er gelernt, eigene Beschlüsse zu fassen, sie genau abzuwägen und ohne Zögern in die Tat umzusetzen.
Er hatte auch gelernt, dass mindestens die Hälfte der Arbeit aus sorgfältiger Planung bestand.
Immer noch ohne einen Beschluss gefasst zu haben, holte er den ersten Teil des Telefonbuches aus dem Regal im Flur. Setzte sich aufs Bett und blätterte, bis er die richtige Seite gefunden hatte. So leicht war das. Er las:
Beck, Martin, Krim. Kommissar, Köpmangatan 8,22 80 43.
Dann holte er die Rolle mit den Blaupausen des Stadtplanes aus dem Fach im Schrank.
Er hatte ein gutes Gedächtnis und wusste ungefähr, wo Röpmangatan lag, ganz in der Nähe des königlichen Schlosses, und er erinnerte sich auch daran, dass er ebendiese Straße vor anderthalb Monaten entlanggegangen war. Der Stadtplan hatte einen sehr kleinen Maßstab, und er fand sofort das richtige Haus. Es lag an einer Art Durchgang, nicht direkt an der Straße, und die Bauten, die das Haus umgaben, sahen viel versprechend aus.
Er breitete die betreffende Blaupause auf dem Fußboden aus. Dann beugte er sich hinunter und nahm das Gewehr, das unter dem Bett lag, heraus. Ebenso wie alles andere Material der ULAG, war die Waffe erstklassig. Sie war in England hergestellt und hatte ein Nachtzielfernrohr, das einem guten Schützen die Möglichkeit gab, unter praktisch allen Lichtverhältnissen zum Schuss zu kommen.
Heydt holte den Diplomatenkoffer aus dem Schrank, zerlegte die Waffe und packte sie ein. Dann setzte er sich aufs Bett und dachte nach.
Wenn er Martin Beck ausschaltete, waren gleichzeitig zwei Dinge damit erreicht. Zum einen würde er der Polizei einen ihrer besten und gefährlichsten Männer nehmen und zum anderen ihre Aufmerksamkeit auf Stockholm richten.
Allerdings gab es auch einige Nachteile: Erstens konnte man mit einem riesigen umfassenden Polizeiaufgebot rechnen und zweitens mit noch gründlicheren Kontrollen und Sperren an allen Grenzübergängen. Beides setzte aber voraus, dass die Liquidierung Becks beinahe sofort entdeckt wurde.
Wenn Kriminalkommissar Martin Beck überhaupt umgebracht werden sollte, so musste das in seiner Wohnung geschehen. In einem frühzeitigen Stadium seiner Planung hatte Heydt sich darüber informiert, dass Beck von seiner Frau geschieden war und allein lebte.
Es war eine schwere Entscheidung.
Heydt blickte auf seine Armbanduhr. Noch hatte er einige Stunden Zeit, ehe der endgültige Entschluss in den beiden Fragen gefasst werden musste.
Dann fragte er sich, ob die Polizei wirklich so nachlässig war, dass sie das Auto immer noch nicht gefunden hatte. Unmittelbar nachdem Levallois mit der schlimmen Nachricht von dem Bild und der Personenbeschreibung gekommen war, hatte Heydt ihn angewiesen, den grünen Opel nach Göteborg zu fahren und am Liegeplatz der London-Schiffe im Skandiahafen abzustellen. Dann hatte der Franzose auftragsgemäß und völlig legal einen beigefarbenen VW, zugelassen und fahrbereit, gekauft. Dieses wenig Aufsehen erregende Fahrzeug stand seit einiger Zeit in der Nähe der Huvudsta-Allee geparkt.
Er dachte einige Sekunden darüber nach und kam zu dem Schluss, dass es sich dabei nicht um eine Falle handeln konnte. Dann begann er wieder seine einsame Wanderung durch die Räume, mit langen Schritten, gleitend und so gut wie völlig lautlos.
Eigentlich war es merkwürdig, dass ein so großer Mann sich so leise bewegen konnte. Auf der Badezimmerwaage hatte er kürzlich festgestellt, dass ihm nur noch wenige 100 Gramm bis zur 100-Rilo-Marke fehlten.
Aber Raiten hatte 120 gewogen und nicht eine Unze überflüssiges Fett am Rörper gehabt.
Am Morgen des gleichen Tages hatte Martin Beck Benny Skacke auf den Weg nach Malmö geschickt. Skacke wollte mit dem Wagen fahren, um Rilometergeld zu verdienen, aber Martin Beck fühlte sich auf langen Autofahrten nicht wohl und hatte sich entschlossen, den letzten Nachtzug zu nehmen. Das war ein klein wenig egoistisch von ihm, denn wenn auch das Weihnachtsfest flöten ging, so hatte er auf diese Weise wenigstens einen halben Abend mit Rhea. Wenn sie zu ihm kam. Das wusste er nie genau.
Rönn und Melander waren mit der Bahn nach Heisingborg gefahren, mit so düsteren Mienen, wie er es nie zuvor bei ihnen beobachtet hatte.
Gunvald Larsson, der gern mit dem Wagen fuhr, hatte sich sehr zeitig mit seinem komischen ostdeutschen Luxuswagen vom Typ Eisenacher Motorenwerke auf den Weg zur norwegischen
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