Die Terroristen
Rörperwärme reichte aus, um das Eis unter seinem Rörper und rund um ihn herum schnell wegschmelzen zu lassen.
Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover, eine schwarze Wollmütze, die er weit über die Ohren und in die Stirn gezogen hatte, schwarze Manchesterhosen, schwarze Strümpfe und schwarze Schuhe mit Rohgummisohlen, die er selbst mit schwarzer Schuhcreme überzogen hatte. Außerdem hatte er dünne schwarze Handschuhe an.
Das Gewehr hatte einen schwarzen Lauf und einen dunkelbraunen Schaft; das einzige also, das ihn möglicherweise verraten konnte, war ein Reflex im Zielfernrohr, doch die Linse war getönt und extra gegen Lichtreflexe präpariert.
Sinn dieser Maßnahmen war selbstverständlich, dass er nicht gesehen werden wollte, und obwohl er sich selbst dessen nicht ganz sicher war, so würde eine Person mit normalem Sehvermögen ihn tatsächlich nicht einmal auf zwei Meter Entfernung entdeckt haben, vorausgesetzt, dass eine solche Person entgegen jeder Vermutung sich plötzlich auf dem Dach zeigen würde.
Er war ohne Schwierigkeiten hierher gekommen, durch eine Dachluke. Sein VW stand auf Slottsbacken geparkt, auf dem Weg von dort hierher hatte er einen hellen Regenmantel angehabt. Der lag nun zusammen mit dem Diplomatenkoffer in einer Ecke des unordentlichen und schmutzigen Dachbodens unter ihm.
Er hatte einen ausgezeichneten Platz gewählt, von dem aus er alle Fenster von Martin Becks Wohnung überblicken konnte, da sie sämtlich nach Osten hinaus gingen.
Noch war es allerdings still und dunkel in der Wohnung.
Das Gewehr war für gezielte Schüsse in der Dunkelheit konstruiert, und sogar jetzt konnte er, obwohl alle Lampen gelöscht waren, Einzelheiten in den Zimmern erkennen. Hinter ihm bildete der ohrenbetäubende Lärm des Verkehrs auf Skeppsbron eine perfekte Geräuschkulisse. Das englische Gewehr war vergleichsweise leise, und ein einziger Schuss würde unfehlbar in dem Missklang von Motoren, Vollbremsungen und knallenden Fehlzündungen untergehen.
Der Abstand zu den vier Fenstern betrug nicht mehr als 50 oder 60 Meter, und selbst wenn die Entfernung zehnmal so weit gewesen wäre, hätte er einen gezielten Schuss abgeben können.
Heydt lag nicht völlig regungslos. Er bewegte ein wenig die Finger und die Beine, damit sie nicht steif wurden. All das hatte er vor langer Zeit gelernt, beinahe still zu liegen, dabei aber mit den Muskeln ein wenig Gymnastik zu treiben, sodass sie ihn nicht im entscheidenden Augenblick im Stich ließen.
Hin und wieder kontrollierte er das Zielfernrohr, das wirklich ein technisches Wunderwerk war.
Er hatte etwa 50 Minuten auf dem Dach gewartet, als plötzlich das Licht im Fahrstuhlschacht anging und kurz danach in den hinteren vier Fenstern.
Reinhard Heydt presste den Rolben an die Schulter und führte den Zeigefinger an den Abzugsbügel.
Ließ ihn den Abzug streicheln. Er kannte seine Waffe und wusste genau, wo der Druckpunkt lag.
Sein Plan war einfach. Er lief darauf hinaus, sofort zu handeln, diesen Martin Beck zu erschießen, sobald er sich zeigte, und dann schnell, aber ohne Hast von seinem Platz zu verschwinden.
Eine Gestalt ging am ersten Fenster vorbei, danach am zweiten und blieb vor dem dritten stehen.
Wie alle guten Scharfschützen entspannte sich Heydt, fühlte, wie sein Körper sich mit einer behaglichen, beruhigenden Wärme füllte und das Gewehr irgendwie ein Teil seiner Selbst wurde.
Der rechte Zeigefinger ruhte ohne zu zittern am Abzug. Seine physische und psychische Selbstbeherrschung war vollkommen.
Da stand ein Mensch mit dem Rücken zum dritten Fenster. Aber es war die falsche Person. Dies war eine Frau.
Sie war klein und hatte breite Schultern.
Blondes glattes Haar und einen kurzen Hals.
Sie trug einen gestrickten Pullover in fröhlichen Farben, einen knielangen Tweedrock und wahrscheinlich Strumpfhosen.
Plötzlich drehte sie sich um und blickte hinaus zum Himmel hinauf.
Reinhard Heydt hatte sie wiedererkannt, schon bevor er den glatten, blonden Pony und die forschenden hellblauen Augen sah.
Seit er sie das vorige Mal gesehen hatte, waren mehr als anderthalb Monate vergangen.
Damals hatte sie einen schwarzen Dufflecoat, ausgeblichene Blue Jeans und rote Gummistiefel angehabt.
Er konnte sich auch ganz genau daran erinnern, wo er sie gesehen hatte. Zuerst hier draußen in Röpmangatan, dann in einer Gasse, deren Namen er vergessen hatte, und gleich danach auf Slottsbacken.
Er hatte keine Ahnung, wer sie war, aber er erkannte
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