Die Terroristen
Buchstaben in die Rästchen eintragen, aber keine zusätzlichen, und niemand darf auf das Blatt eines anderen sehen.
»X«, sagte Rollberg zum dritten Mal im gleichen Spiel, und alle seufzten tief.
Das Spiel hat vielleicht einen einzigen Haken, überlegte Martin Beck, und der war, dass Rollberg von fünf Durchgängen vier gewann. Beim fünften Mal siegte Rhea.
Aber wenn es um Spiele ging, waren Martin Beck und Gun Rollberg gewohnt zu verlieren, daher machte ihnen das nichts aus.
»X, wie Expolizist«, betonte Rollberg gut gelaunt.
So, als ob nicht bereits alle eingesehen hatten, dass es unmöglich war, noch ein Exemplar dieses hoffnungslosen Buchstabens irgendwo unterzubringen. Martin Beck starrte eine Weile auf sein Netz von Raros, dann gab er achselzuckend auf.
»Du, Lennart?«
»Mmm«, brummte Rollberg.
»Erinnerst du dich, vor 10 Jahren?«
»Als wir Folke Bengtsson jagten und man gerade kurz vorher die Polizei verstaatlicht hatte? Ja klar, an die Zeit lohnt es sich noch zu denken. Und alles, was später kam? Nein, verdammt.«
»Meinst du, dass es damals begonnen hat?« Rollberg schüttelte sich. Dann antwortete er: »Nein, das glaube ich nicht. Und leider wird es nicht einmal so bleiben, wie es jetzt ist.«
»Y«, rief Rhea.
Und stopfte damit für eine Weile allen das Mundwerk. Bald danach war es an der Zeit, die Punkte auszurechnen.
Martin Beck kritzelte die Zahlen auf sein Blatt. Er war wie üblich Letzter.
»Obwohl eins klar ist«, nahm Kollberg den Faden wieder auf. »Nämlich, dass man damals Fehler gemacht hat. Die Polizei an der Spitze der Gewalt marschieren zu lassen ist so, als ob man den Wagen vor das Pferd spannt.«
»Ha, ich habe gewonnen«, sagte Rhea.
»Ja, tatsächlich«, sagte Kollberg.
Dann sagte er hochherzig zu Martin Beck:
»Sitz nicht da und denk jetzt an so was. Die Gewaltverbrechen sind in den letzten 10 Jahren wie eine Lawine über die ganze westliche Welt hereingebrochen. Diese Lawine kann nicht von einzelnen Menschen gebremst oder gesteuert werden. Die wird nur immer größer. Das ist nicht dein Fehler.«
»Nicht?«
Alle drehten ihre Blätter um und malten neue Kästchen. Als Kollberg fertig war, blickte er Martin Beck an und erklärte:
»Dein Fehler, Martin, ist, dass du den falschen Beruf hast. Zur falschen Zeit. Im falschen Teil der Welt. Im falschen System.«
»Das wäre alles?«
»Ungefähr. Ich fange an. Dann sage ich X. X wie in Marx.«
Buch
F ünf Männer überlegen fieberhaft, an welcher Stelle Stockholms sich das Attentat auf den hohen Gast aus den USA mit der größten Aussicht auf Erfolg und dem geringsten Risiko durchführen lässt. Die fünf sind Polizisten, und das Ganze ist ein Planspiel -einstweilen jedenfalls. Doch es kann über Nacht blutiger Ernst daraus werden - falls die ULAG nämlich zuschlägt.
Die ULAG ist eine obskure internationale Terrororganisation, von der man so gut wie nichts weiß.
Zwei Dinge sind es, die die ULAG besonders unheimlich erscheinen lassen: die ungeheuerliche Brutalität, mit der der Tod Dutzender von Unbeteiligten in Kauf genommen wird, und die verwirrende Tatsache, dass keine politische Zielrichtung erkennbar ist - die Opfer waren Liberale und Konservative, Faschisten und Kommunisten. Plant die ULAG jetzt ein Attentat auf den amerikanischen Gast?
Der vorliegende Band ist der zehnte und letzte Roman mit Kriminalkommissar Martin Beck.
Autoren
P er Wahlöö wurde 1926 in Lund, Schweden, geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere, ging in den fünfziger Jahren nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Er ließ sich nach längeren Reisen, die ihn um die halbe Welt führten, wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller.
Zusammen mit seiner Frau Maj Sjöwall schrieb er einen Zyklus von zehn Kriminalromanen, die zu Welterfolgen wurden. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt Lund.
Impressum
Rowohlt Taschenbuch Verlag
Herausgegeben von Bernd Jost
4. Auflage Mai 2003
Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, April 1977
Copyright © 1977 by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Die Originalausgabe erschien bei R A. Norstedt & Söners Förlag, Stockholm, unter dem Titel »Terroristerna«
»Terroristerna« © Maj Sjöwall und Per Wahlöö, 1975
Umschlaggestaltung Julia Schaefer (Foto: Gerd George)
Satz Minion PostScript, PageMaker;
Pinkuin Satz und Datentechnik,
Weitere Kostenlose Bücher