Die Terroristen
einen zweiten Vornamen, den er ungern verriet.
Seine Mutter hatte in ihrer Jugend das große Filmidol der damaligen Zeit bewundert und ihren Erstgeborenen daraufhin Valentino genannt.
Da Gunvald Larsson und Rönn beim gleichen Dezernat Dienst taten, sahen sie sich so gut wie täglich und trafen sich darüber hinaus noch häufig in ihrer freien Zeit. Wenn sie gleichzeitig Urlaub bekamen, fuhren sie nach Arjeplog, wo sie die meiste Zeit über angelten.
Niemand von ihren Kollegen konnte begreifen, wie es zu der Freundschaft zwischen diesen so sehr verschiedenen Charakteren gekommen war und wie Rönn es in seiner stoischen Ruhe fertig brachte, einen tobenden Gunvald Larsson mit nur wenigen Worten in ein frommes Lamm zu verwandeln.
Gunvald Larsson inspizierte in seinem wohlgefüllten Kleiderschrank die Reihe seiner Anzüge.
Er kannte das Klima des Landes und erinnerte sich an einige stickig heiße Vorsommerwochen, die er in der betreffenden Hafenstadt vor vielen Jahren verbracht hatte. Er nahm also tunlicherweise etwas Leichtes mit, und er besaß nur zwei Anzüge, die leidlich dünn waren.
Sicherheitshalber probierte er beide an und entdeckte zu seinem Ärger, dass der eine überhaupt nicht mehr paßte und dass sich die Hose des zweiten nur mit Mühe und nach tiefem Luftholen schließen ließ. Außerdem war sie an den Oberschenkeln zu eng. Die Jacke konnte wenigstens ohne Schwierigkeit zugeknöpft werden, spannte jedoch um die Schultern und würde seine Bewegungsfähigkeit begrenzen, wenn nicht sogar die Nähte platzten.
Er hängte den Anzug, den er nicht mehr tragen konnte, in den Schrank zurück und legte den anderen über den Deckel des Koffers. Der musste ausreichen. Er hatte ihn vor vier Jahren aus dünnem ägyptischem Baumwollstoff, braun mit weißen Nadelstreifen, anfertigen lassen.
In den Koffer hatte er außer den Unterhosen bereits Schuhe, Pantoffeln, Toilettensachen, Strümpfe, Taschentücher, Oberhemden, Schlafanzug und einen seidenen Morgenrock, der ebenso blau wie seine Augen war, gepackt.
Gunvald Larsson trank selbst keinen Alkohol, aber er hatte für alle Fälle eine Flasche Lysholms Linierullad Akvavit besorgt; vielleicht ergab sich ja die Gelegenheit, dass er jemandem einen Gefallen damit erweisen konnte. Er rollte die Flasche in ein grünes Unterhemd mit roten Elchen und stopfte sie unter die Oberhemden.
Er vollendete das Kofferpacken mit drei Khakihosen, einer Shantungjacke und dem zu engen Anzug. In die Tasche an der Innenseite des Deckels steckte er einen seiner Lieblingsromane, Die blaue Spur von Jul. Regis.
Dann schlug er den Deckel zu, schnallte die Riemen zu, schloss den Koffer ab und stellte ihn in die Diele.
Einar Rönn würde ihn am nächsten Morgen mit dem Auto abholen und zum Flugplatz Stockholm Arlanda fahren, der ebenso wie die meisten anderen schwedischen Flugplätze eine ziemlich trostlose und falsch geplante Anlage war, mit der es vortrefflich gelang, erwartungsvollen Besuchern ein schlimmeres Zerrbild von Schweden zu vermitteln, als das Land es eigentlich verdient hatte.
Um seinen eigenen EMW war Gunvald Larsson viel zu besorgt, als dass er ihn auf dem Dauerparkplatz hätte stehen lassen wollen.
Er warf die blau-gelben Elchunterhosen in den Wäschekorb im Badezimmer, zog sich einen Schlafanzug an und ging zu Bett.
Er litt nicht unter Reisefieber und schlief daher sofort ein.
2
D er Sicherheitsexperte reichte Gunvald Larsson kaum bis zur Hälfte des Oberarms, aber er machte in dem hellblauen Anzug mit den ausgestellten und unerhört exakt gebügelten Hosen eine gute Figur. Dazu trug er ein rosa Oberhemd, glänzend schwarze, torpedohaft zugespitzte Schuhe und einen tiefblauen Seidenschlips. Lediglich das Pistolenhalfter, das die Jacke unter dem linken Arm ausbeulte, störte die Eleganz der Linie. Der Sicherheitsexperte hieß Francisco Bajamonde Cassavetes y Larrinaga; sein Haar war beinahe schwarz, die Haut milchkaffeefarben und die Augen olivgrün. Er entstammte einer sehr vornehmen Familie und zählte zu den wichtigsten Männern im Staate. Gunvald Larsson kam auch aus der Oberklasse, obwohl er das nie eingestehen wollte. Mit seinen 112 Kilo wirkte er auch eher groß und bullig als kultiviert und fein.
Francisco Bajamonde Cassavetes y Larrinaga breitete den Sicherheitsplan auf der Brüstung aus, doch Gunvald Larsson blickte stattdessen an seinem eigenen Anzug hinunter. Der Polizeischneider hatte für die Änderungen zwar sieben Tage gebraucht, aber das Ergebnis war
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