Die Terroristen
dieses Schwein überhaupt einzuladen. Die Sozialdemokraten haben wirklich keinerlei Scham mehr im Leib.«
»Er scheint nicht sehr populär zu sein.«
»Populär? Es ist verdammt noch mal schade darum, dass du ihn ungeschoren wieder abreisen lässt.«
»Meinst du?«
»Nicht ernsthaft. Gewalt ist selten eine glückliche Lösung. Manchmal natürlich.«
»Wann denn?«
»Die Befreiungskriege, die jahrelang gedauert haben. Vietnam zum Beispiel. Was sollen die Menschen denn machen? Die müssen losschlagen. Und jetzt haben sie gesiegt. Dauert es noch eine Woche? Bis er kommt, meine ich.«
»Nicht mal mehr so lange. Nächsten Donnerstag.«
»Kommt das im Radio oder Fernsehen?«
»Sowohl als auch.«
»Ich fahre rüber nach Köpmangatan und seh mir das an.«
»Willst du nicht demonstrieren?«
»Vielleicht«, sagte sie mürrisch. »Ich sollte es tun. Man fängt vielleicht an, zu alt für Demonstrationen zu werden. Vor einigen Jahren war das noch anders.«
»Hast du von einer Sache gehört, die ULAG heißt?«
»Ich habe darüber in der Zeitung gelesen. Es scheint unklar, was die für Absichten haben. Glaubst du, dass sie hier was unternehmen?«
»Die Möglichkeit besteht.«
»Die scheinen gefährlich zu sein.«
»Sehr sogar.«
»Hast du jetzt genug?«
Das Thermometer stand beinahe auf 100 Grad. Sie goss 2 Kellen Wasser über die Steine, und eine kaum auszuhaltende, aber trotzdem angenehme Hitze sank von der Decke nieder.
Sie gingen und duschten. Dann rieben sie sich gegenseitig ab.
Als sie in die Wohnung zurückkamen, verbreitete sich dort ein viel versprechender Duft aus der Küche.
»Sieht so aus, als ob es fertig ist. Schaffst du es noch, den Tisch zu decken?«
Viel mehr schaffte er tatsächlich nicht.
Mit Ausnahme des Essens natürlich.
Was sie gekocht hatte, war sehr gut, und er aß so viel wie schon lange nicht mehr.
Dann saß er mit seinem Weinglas in der Hand eine Weile schweigend da.
Sie sah ihn an und stellte fest:
»Du scheinst völlig fertig zu sein. Geh und leg dich hin.«
Martin Beck war tatsächlich fertig. Dieser Tag mit ununterbrochenen Telefongesprächen und Konferenzen hatte ihn beinahe geschafft.
Aber aus irgendeinem Grund wollte er sich noch nicht gleich hinlegen. Er fühlte sich in dieser Küche mit den Knoblauchzöpfen und den Büscheln Wermut und Thymian sowie den Ebereschensträußen wohl. Nach einer Weile sagte er:
»Rhea?«
»Ja.«
»Findest du, dass es falsch war, diese Aufgabe zu übernehmen?«
Sie überlegte, bevor sie antwortete.
»Die Antwort verlangt eingehend analysiert zu werden.«
»Dann tu das«, forderte er sie gähnend auf.
»So wie ich das sehe, ist es ein zum Himmel schreiender Skandal, dass die Regierung diesen reaktionären Kerl überhaupt eingeladen hat. Die USA waren lange Zeit hindurch das Frieden bedrohendste Land in der Welt, nicht das einzige allerdings, wir haben ja Staaten wie Israel zum Beispiel. Aber das größte und gefährlichste. Hier in Schweden hat ein vorgeblich sozialistisches Regime mehrere Jahrzehnte lang eine Neutralität proklamiert, die durch und durch falsch ist. Die ganze Zeit hindurch, schon lange vor dem so genannten Kalten Krieg, ist unsere Außenpolitik von Leuten mit negativer Einstellung zum Sozialismus und positiver zum westlichen Kapitalismus geformt worden. Jener Dag Hammarskjöld, von dem alle eine Zeit lang so viel gesprochen haben, war zum Beispiel so ein Mann. Seine zentrale Aufgabe im Außenministerium war es, die Grundlagen für die politische Stellung des Landes auszuarbeiten. Er scheint davon ausgegangen zu sein, dass Schwedens natürlicher Feind das sozialistische Russland und unser logischer Bündnispartner demzufolge die USA sei. Da die sozialdemokratische Regierung im Grund eigene und kapitalistische Interessen verfolgt, es ihr jedoch gelungen ist, dem Volk vorzumachen, dass sie eine Art Sozialismus repräsentiert, hat sie während ihrer ganzen Zeit den wirklichen Sozialismus bekämpft. Sie hat den schwedischen Geheimdienst in den Dienst der Amerikaner gestellt. Sie arbeitete zum Beispiel gegen die Vietnambewegung bis zu dem Augenblick, da sie einsah, dass sie die Bevölkerung nicht länger hinters Licht führen konnte. In diesem Punkt. Wenn du zum Beispiel an die Catalina-Affäre zurückdenkst, verstehst du, was ich meine.«
Die Catalina-Affäre gehörte zu den geheimsten dunklen Geschäften des Regimes. Schwedische Flugzeuge hatten für Rechnung der Amerikaner über sowjetischem Seegebiet spioniert. Die
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