Die Terroristen
an die höchsten Stellen innerhalb der Bürokratie zu wenden, um seinen Vorstellungen Gehör zu verschaffen.
Darum war Martin Beck daran gelegen, in dieser Frage eine klare Linie zu haben. Er wollte eine fertige Lösung vorweisen, die den Verdrehungen der Sicherheitspolizei entgegengehalten werden konnte.
Seine persönliche Meinung war, dass es nichts dagegen einzuwenden gab, wenn der wenig willkommene Gast Gelegenheit bekam, sowohl zu sehen als auch zu hören, dass es viele Menschen gab, die ausgesprochen schlecht von ihm dachten und seinen Besuch als eine Beleidigung empfanden.
Viel zu viele Dinge, an denen dieser Mann maßgeblich beteiligt war, waren unvergessen oder immer noch aktuell. Der Krieg in Vietnam, das Eingreifen in Kambodscha, der Völkermord in Chile, um nur einige Beispiele zu nennen.
Der Chef der Sicherheitspolizei war mit diesen Überlegungen einverstanden.
Manch andere waren es überhaupt nicht, zum Beispiel Stig Malm, der der Ansicht war, dass die Polizeikordons und die Straßenabsperrungen so weit vom Weg der Kolonne entfernt angelegt werden sollten, dass der Senator nicht einen einzigen Demonstranten oder ein Spruchband oder ein Plakat zu sehen bekam.
Eric Möllers letzter Bericht über die Tendenz deutete darauf hin, dass die Demonstrationen einen großen Umfang annehmen würden und dass Leute von nah und fern kommen würden, um zu zeigen, was sie dachten. Das meinten seine Spione erfahren zu haben.
Wahrscheinlich war das richtig. Es war falsch, in die alte Gewohnheit zu verfallen und alles, was die Sicherheitspolizei tat, entweder als verkehrt oder als absichtliche Schikane den Linken gegenüber abzutun.
Für Martin Beck und den Chef der Ordnungspolizei kam es darauf an, die Polizei so einzusetzen, dass die Demonstranten ihre Ansichten kundtun durften, militantere Gruppen aber nicht die Polizeisperre durchbrachen und die Kolonne behinderten, geschweige denn die Wege verbarrikadieren konnten. Der Chef der Ordnungspolizei meinte, mit dieser Aufgabe fertig werden zu können. Nach einigem Zögern stimmte er auch der nächsten Forderung zu: dass die uniformierte Polizei streng darauf hingewiesen wurde, keine Gewalt anzuwenden, wenn nicht offensichtlich zwingende Gründe vorlagen. Einzelne Polizisten, die gegen diese Regel verstießen, sollten disziplinarisch bestraft und in gröberen Fällen vor Gericht gestellt werden.
Martin Beck kämpfte eine Weile, um den Ausdruck »vor Gericht gestellt« gegen »entlassen« auszuwechseln, musste aber schließlich nachgeben.
Er öffnete die Haustür mit seinem eigenen Schlüssel. Dann ging er zwei Treppen hoch und klingelte an der Tür. Die war verschlossen. Er klingelte ein verabredetes Signal und wartete.
Sie hatte einen Schlüssel zu seiner Wohnung, er jedoch keinen zu ihrer.
Martin Beck konnte nicht einsehen, dass er den brauchte, denn er hatte dort kaum etwas zu suchen, wenn sie nicht da war. Und wenn sie zu Hause war, war die Tür meistens unverschlossen.
Nach einer halben Minute oder so kam sie barfuß angelaufen und öffnete.
Sie sah unwahrscheinlich munter aus und hatte lediglich einen weichen, flauschigen graublauen Pullover an, der ihr bis über die Hälfte der Oberschenkel reichte.
»Verdammt«, begrüßte sie ihn, »du hast mir zu wenig Zeit gelassen. Ich habe eine Sache im Ofen, die noch eine halbe Stunde braucht.«
Er hatte sie nicht anrufen können, bevor die Besprechung mit dem Chef der Ordnungspolizei beendet war, das heißt bis vor zehn Minuten. Danach hatte er einen Streifenwagen angehalten und sich mitnehmen lassen, denn der Taxiservice war wie so oft zusammengebrochen.
»Herrgott, wie müde du aussiehst. Begreifst du denn nicht, dass du was essen musst?«
Sie blickte ihn an von oben bis unten und fuhr fort:
»Wollen wir baden? Ich glaube, du hast es nötig.«
Rhea hatte vor einem Jahr im Kellergeschoss eine Sauna für die Mieter einbauen lassen. Wenn sie die privat benutzen wollte, hängte sie ganz einfach einen Zettel an die Kellertür.
Martin Beck zog sich um und nahm einen alten Bademantel, den er im Schlafzimmerschrank hängen hatte, während sie schon runterging und die Sauna anstellte. Das war eine ausgezeichnete Anlage, trocken und sehr heiß.
Die meisten Leute sitzen schweigend in einer Sauna, aber nicht Rhea. Sie fragte:
»Na, wie läuft denn dein komischer Job?«
»Gut, glaube ich, aber …«
»Aber, was?«
»Das lässt sich nicht so leicht sagen. Ich habe ja nie vorher so was gemacht.«
Ȇberleg mal,
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