Die Terroristen
Polizisten aus den Provinzstädten hierher kommandiert werden muss. Der Chef der Ordnungspolizei hat deswegen etwa vor einer Stunde hier angerufen.«
»Na und?«
»Wir hier in der Reichspolizeileitung wollen nur darauf hinweisen, dass ihr keinen Grund habt, euch in irgendwelche nebensächlichen Verbrechen einzumischen, die noch gar nicht begangen worden sind.«
»Haben wir das getan?«
»Die Frage der Verantwortung wird vom Chef als wichtig erachtet. Wenn woanders Verbrechen begangen werden, dann ist das nicht unsere Schuld. Die Reichspolizeileitung hat nichts mit der Sache zu tun.«
»Immerhin erstaunlich. Wenn ich zur Reichspolizeileitung gehörte, würde ich doch dafür sorgen, dass vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden. Was habt ihr da oben eigentlich vor? Was glaubt ihr denn, womit ihr euch beschäftigt?«
»Die Verantwortung liegt nicht bei uns, sondern bei der Regierung.«
»Okay, dann rufe ich den Minister an.«
»Was?«
»Du hast ganz genau gehört, was ich sagte. Auf Wiedersehen.«
Gunvald Larsson hatte niemals vorher mit einem Regierungsmitglied seines Landes gesprochen. Er hatte übrigens auch niemals Lust dazu gehabt, aber jetzt wählte er mit einem gewissen Behagen die Nummer des Justizministeriums.
Er wurde sofort verbunden und hatte den Minister selbst in der Leitung.
»Guten Tag«, begann er. »Ich heiße Larsson und bin Polizeibeamter. Ich bin mit Fragen des Schutzes beim bevorstehenden Besuch des Senators betraut.«
»Guten Tag. Ich habe schon von Ihnen reden gehört.«
»Es verhält sich jetzt so, dass eine meiner Ansicht nach unerfreuliche und sinnlose Diskussion darüber geführt wird, wessen Fehler es ist, dass es am nächsten Donnerstag und Freitag zum Beispiel in Enköping oder Norrtälje keine Bullen geben wird.«
»Und?«
»Ich möchte diese Frage beantwortet wissen, damit ich nicht dasitzen und mich mit allen möglichen Idioten darüber streiten muss.«
»Ach so. Die Verantwortung trägt natürlich die Regierung insgesamt. Weder kann man noch sollte man bestimmte Personen, zum Beispiel diejenigen, die die Einladung an den Betreffenden vorgeschlagen und durchgedrückt haben, herausstellen. Ich werde persönlich die Reichspolizeileitung darauf aufmerksam machen, dass sie alles in ihrer Macht Stehende unternehmen muss, um die vorbeugende Verbrechensbekämpfung in Bezirken mit starkem Personalmangel zu stärken.«
»Ausgezeichnet. Mehr wollte ich nicht hören. Auf Wiedersehen.«
»Einen Augenblick«, beeilte sich der Justizminister, »ich hatte selbst angerufen, um zu erfahren, wie die Lage an der Sicherheitsfront beurteilt werden kann.«
»Wir beurteilen sie als gut. Arbeiten nach einem festgelegten, aber flexiblen Plan.«
»Ausgezeichnet.«
Er wirkte ja richtig vernünftig, dachte Gunvald Larsson. Aber dem Justizminister ging auch der Ruf voraus, eine leuchtende Ausnahme zwischen den Karrierepolitikern zu sein, die Schweden auf dem langen und offenbar unausweichlichen Weg nach unten steuerten.
So verlief der Tag mit vielen, überwiegend sinnlosen Telefonaten. Pausenlos kamen und gingen Aktenboten.
Gegen 22 Uhr wurde Gunvald Larsson eine Mappe gebracht, deren Inhalt ihn veranlasste, beinahe eine halbe Stunde lang mit in die Hände gestütztem Kopf dazusitzen.
Sowohl Skacke als auch Beck waren noch da, aber sie wollten bald nach Hause gehen, und Gunvald Larsson wollte ihnen den Abend nicht verderben. Daher entschloss er sich, erst am nächsten Morgen über den Inhalt der Mappe zu berichten.
Dann überlegte er es sich doch anders und gab sie ohne Kommentar an Martin Beck, der sie ebenso ungerührt in seinen Aktenkoffer legte.
Martin Beck kam an diesem Abend erst 20 nach 11 in das Haus in Tulegatan.
Der Arbeitstag hatte mit einem sehr ausgedehnten Gespräch mit dem Chef der Ordnungspolizei geendet. Was sie zu besprechen hatten, war wichtig und erforderte Konzentration. Wie sollte die unheimliche Menge von uniformierten Polizisten eingesetzt werden? Wo sollten sie untergebracht und wie beköstigt und hin und her transportiert werden? Wo sollten sie sich zu welchen Zeiten befinden?
Wie sollte man mit den Demonstranten verfahren?
Der Chef der Ordnungspolizei war ein guter Verwaltungsbeamter. Noch besser war seine vorurteilslose Einstellung zu bestimmten so genannten kritischen Fragen.
Eine davon war das Problem der Demonstranten. Vieles deutete daraufhin, dass Eric Möller in dieser Frage demnächst vorstellig werden würde und dass er bereit war, sich persönlich
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