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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sagte er statt einer Begrüßung. Seine Stimme war wie das Geraschel von altem Gras im Wind. Unter den Brüdern erhob sich ein überraschtes Murmeln. Sie hatten genügend Sterbende gesehen, um zu wissen, wie es um Bruder Tomáš stand, und den Klosterregeln sowie den Geboten der Menschlichkeit folgend hatten sie sich versammelt, um ihn auf seinem letzten Weg zu begleiten.
    »Tut, was er gesagt hat, Brüder«, murmelte Abt Martin.
    Die Mönche defilierten mit der größtmöglichen Würde der Beleidigten hinaus. Es gab Dinge, die man empörend fand, selbst wenn sich vor den Mauern die Pesttoten stapelten. Pavel blieb im Hintergrund stehen. Tomáš’ Blicke fielen auf ihn.
    »Diese Verhöhnung des heiligen Benedikt auch«, flüsterte Tomáš und deutete auf Pavel. Pavel wich das Blut aus dem Gesicht.
    »Bruder Pavel bleibt«, sagte Abt Martin; es hatte sich entschlossen anhören sollen, war aber nur ein Winseln.
    »Er und seinesgleichen sind schuld«, begann Tomáš, aber dann unterbrach ihn ein Hustenanfall. Nach seinem Ende fiel er schwer auf sein Lager zurück, lag mit offenen Augen und offenem Mund da und regte sich nicht.
    Ungläubig trat Pavel einen Schritt näher, um sich zu vergewissern, dass der Alte wirklich tot war. Abt Martin beugte sich über das Lager.
    Tomáš’ Hand schoss nach oben und verkrallte sich in Martins Kukulle. Der Abt keuchte. Tomáš zog ihn zu sich hinunter. Pavel sprang herbei, um den Abt aus dem Griff des Sterbenden zu befreien, doch dann hörte er die papierene Stimme rascheln: »Confiteor dei …«
    »Erleichtere deine Seele, mein Bruder«, sagte Abt Martin mit schwankender Stimme.
    »Podlaschitz ist tot«, sagte der Alte. Abt Martin legte ihm fast das Ohr auf den Mund, so leise sprach er. Dennoch hallte jedes Wort in Pavels Gehirn wie ein Schrei. »Ich war der Letzte. Diejenigen, die jetzt dort sind, leben noch, aber sie sind tot.«
    Pavels Schultern sanken herab. Das Mitleid, das er mit dem Abt empfunden hatte, dehnte sich plötzlich auf Tomáš aus. Der Alte war nicht mehr bei Trost. Er hatte die unglaubliche Reise von Podlaschitz bis hierher bewältigt, um erlöst in den Tod zu gehen, und nun spielte ihm sein Verstand einen Streich. Wenn das die Art Scherze war, die Gott liebte, dann hatte er einen kranken Humor. Ein ratloser Seitenblick des Abts traf ihn.
    »Ich habe sie verlassen«, flüsterte Tomáš. »Sie haben sich auf mich gestützt, doch ich habe sie verlassen.«
    »Gott wird dir verzeihen«, murmelte der Abt. »Du bist gegangen, um deine Seele für die Ewigkeit vorzubereiten. Das ist die heilige Pflicht jedes …«
    »Hör mir zu, ehrwürdiger Vater«, keuchte Tomáš. Er zog sich an Martins Kukulle halb in die Höhe, dann sank er zurück. »Was ich meinen Mitmenschen an Bösem getan habe, habe ich bereits gebüßt. Ich habe inmitten der vergessenen Seelen Gottes gelebt.«
    »Ego te absol…«, begann der Abt.
    »Aber ich habe eine Sünde gegen den heiligen Benedikt begangen«, flüsterte Tomáš. »Kannst du mich auch davon freisprechen, ehrwürdiger Vater? Kannst du das? KANNST DU DAS?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Martin, der bei Tomáš’ letztem Schrei zusammengezuckt war wie unter einem Schlag.
    »Du allein kannst es«, hauchte Tomáš. »Nur du. NUR DU! Nur du kannst es tun, ehrwürdiger Vater, WEIL DU DARAN SCHULD BIST, DASS ICH SIE BEGANGEN HABE!«
    Der Alte umklammerte Abt Martins Kutte, dass der Abt vor dem Lager auf die Knie gezwungen wurde. Pavel trat einen Schritt näher. Martin winkte fahrig ab. Er versuchte, sich aus Tomáš’ Griff zu befreien, doch die Hand des Alten war wie eine Eisenzwinge.
    »Erinnerst du dich, was du mir zu tun befohlen hast? Damals?«
    Martin senkte den Kopf. Pavel sah voller Grauen zu, wie das Gesicht des Abtes vor seinen Augen verfiel.
    »Ja«, flüsterte der Abt.
    » Oboedientia . Weißt du, was das heißt, ehrwürdiger Vater?«
    »Es ist nicht deine Schuld, Bruder Tomáš. Es ist ganz allein meine Schuld. Das Blut dieses unschuldigen Wesens kommt über mich, nicht über di…«
    » Oboedientia! Dagegen habe ich verstoßen, ehrwürdiger Vater. Du hast mich gezwungen, und ich habe dagegen verstoßen!«
    Pavel schluckte. Er griff sich unwillkürlich an den Hals. Das Grausen, das in ihm aufstieg, löschte das Entsetzen über die Hunderte von Pesttoten draußen in den Gassen völlig aus.
    »Zwei Männer waren in Podlaschitz«, sagte Tomáš kaum hörbar. »Zwei Männer. Sie haben nach dem verdammten Buch gefragt. Sie wussten, wo

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