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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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schrie aus Leibeskräften: »HIIIIILFEEEE!« und ließ sich in das mörderische Gestrüpp hineinfallen.
    Die Kutte fing einiges auf; sein Kopf und seine Hände waren schlimmer dran. Er spürte, wie die Dornen und Stacheln seine Kopfhaut dort, wo sich seit der Abreise aus dem Kloster ein dünner Flaum auf der Tonsur gebildet hatte, aufschlitzten. Etwas riss ihm fast ein Ohr ab, sein Nacken und seine Wangen wurden aufgekratzt. Links bohrte sich ein langer Stachel unter die Haut seines Handrückens, schob sich eine halbe Handspanne weit darunter und brach ab. Der Schmerz war wie ein Feuerstoß. Dann lag er in den Ästen und Zweigen und stöhnte. In seinen Augen standen Tränen. Er versuchte die linke Hand zu drehen, um nachzusehen, wie groß der Schaden war, aber er hing in den Dornen fest wie in einer Fessel.
    Drei Gesichter schoben sich in sein Blickfeld. Sie verzogen sich vor Überraschung, dann vor Anteilnahme.
    »Au!«, sagte eines.
    »Au Mann, Bruder, wie bist du denn dort reingekommen?«, sagte das zweite.
    »Hast du so geschrien?«, fragte das dritte.
    Es waren drei ältere Männer mit wettergegerbter Haut, ledrigen Falten, Stoppelbärten und vereinzelten Zahnruinen in staunend offenen Mündern. Es waren die Sorte Männer, die man von der Feldarbeit aussparte und im Dorf oder dem Weiler ließ, weil sie für die Arbeit draußen schon zu langsamwaren, aber um auf die Feuer, die Tiere und die kleinen Kinder aufzupassen immer noch genügend Verstand und Kraft besaßen. Es wäre Buh nicht schwergefallen, sie alle drei kampfunfähig zu machen, aber es hätte eine weitere Sünde auf dem Gewissen des Riesen bedeutet, und es hätte ihr Hiersein und ihre Mission noch mehr kompromittiert.
    »Helft mir«, ächzte Pavel.
    Die Männer sahen sich nach abgebrochenen Ästen um, ermaßen dabei die Schneise und nickten anerkennend. Schließlich fanden sie, was sie suchten, drückten die dornenbestückten Äste beiseite und streckten die Hände aus, um Pavel herauszuziehen. Pavel versuchte nicht zu schreien und versagte. Als sie ihn hinstellten, knickten seine Knie ein. Seine linke Hand brannte und tobte. Das Blut war über sein Handgelenk und in den Ärmel geronnen wie auf Darstellungen des Gekreuzigten. Der Stachel war eine fast fingerdicke, blaurote Erhebung, die unter der Haut quer über den Handrücken verlief; er ragte eine Daumenbreite aus der Eintrittswunde. Pavels Magen drehte sich um.
    »Au«, sagte der eine der alten Männer nochmals. Pavel fühlte an einem Dutzend Stellen an Kopf, Gesicht und Nacken kleine Blutrinnsale.
    »Das musst du rausmachen, Bruder.«
    »Sieht so aus«, sagte Pavel schwach.
    »Soll’n wir dir helfen?«
    »Ich bitte darum.«
    Die Männer sahen sich an. Einer zuckte mit den Schultern. Sie nötigten Pavel, sich am Waldrand hinzusetzen. Pavel war alles recht, solange es sie nur davon abhielt, der Schneise zu folgen. Der umgefallene Baum lag keine zwanzig Schritte von hier entfernt, halb unsichtbar hinter dem Vorhang der Hecke, aber dennoch weniger als einen Steinwurf weit. Pavels Herz klopfte. Einer der Männer zog ein Messer mit einer so kurzen Klinge heraus, dass feststand, es war nur ein Bruchstück einesgrößeren Dolchs, der vermutlich noch zu drei, vier anderen Messern verarbeitet worden war. Eisen war immer kostbar. Der Besitzer des Messers starrte von Pavels Hand zu seinem Instrument und zurück. Pavel sah die Flecken und die Fettschmiere auf der kurzen Klinge; offenbar hatte das Messer vor kurzem noch dazu gedient, Fleisch oder Speck abzuschneiden. Der Mann hob das Messer, leckte es sorgfältig ab und wischte danach mit der Klinge unter seiner Achsel hindurch. Schließlich legte er Pavels linke Hand auf sein Knie, nagelte sie mit seiner eigenen Linken fest – der geübte Griff eines Mannes, der strampelnde Jungtiere ebenso halten konnte wie einen erregten Schafbock, der zu einem Schaf geführt wurde, – und setzte die Klinge sanft auf Pavels Handrücken. Pavel schaute weg und spannte alle seine Muskeln an.
    »Was is’n einglich hier passiert?«, fragte einer der anderen und pflückte mit nachdenklichem Gesicht einen Dorn aus Pavels Kopfhaut. Pavel zuckte zusammen und wartete auf den Schnitt, der seine Handfläche entlang des eingedrungenen Stachels aufschlitzen würde, damit man den Stachel herausheben konnte. Ihn herauszuziehen hätte die Wunde noch schlimmer aufgerissen. Pavel wusste das; dennoch war ihm schlecht.
    »Ein Hirsch«, sagte er, »kam plötzlich aus dem Wald und sah

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