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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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mich.« Er produzierte ein Lachen, das falsch klang, was den drei Männern aber für Pavels Lage nur natürlich schien. »Er erschrak wohl genauso wie ich. Er brach da durch zurück in den Wald und stieß mich in den Dornenbusch.«
    »Was hast’n da gemacht, Bruder?«
    Pavel ahnte, dass falsche Zurückhaltung fehl am Platz gewesen wäre, wenn er wollte, dass sie seine Geschichte glaubten. Nur zwanzig Schritte trennten sie von der Entdeckung Buhs und seiner Gefangenen, von einem Strick um den Hals oder der Steinigung. Er machte ein betroffenes Gesicht.
    »Mich gerade zum Kacken hingehockt«, sagte er.
    Die drei Männer sahen ihn verblüfft an. Dann begannen sie zu lachen.
    »Fertig geworden?«
    »Noch nicht mal angefangen«, sagte Pavel.
    Die drei alten Männer brüllten vor Heiterkeit. Einer schlug Pavel auf die Schulter und trieb einen Dorn, der in der Kutte hängen geblieben war, in seinen eigenen Handballen. »Autsch, verdammt!« Er räusperte sich. »Tschuldigung, Bruder.«
    »Nein, mein Sohn«, sagte Pavel, der zwanzig Jahre jünger war als der Jüngste von ihnen. »Du hast ganz recht: Verdammt!«
    »War’s ’n großer Hirsch?«, fragte der Mann mit dem Messer.
    »Riesig«, sagte Pavel.
    »Großes Geweih?«
    Pavel sah dem Mann ins Gesicht. »Warum fragst du?«
    »Fleischvorrat«, sagte einer der anderen. »An so ’nem Riesenvieh können alle ’ne Woche essen.« Er zwinkerte. »Vorausgesetzt, der Grundherr merkt’s nich’, dass wir ihn erlegt haben.«
    Das Messer lag immer noch leicht auf der Eintrittswunde des Stachels. Pavels Hand glühte und pochte. Die Schmerzen an den anderen Stellen, an denen er sich aufgerissen oder gestochen hatte, verblassten dagegen zu nichts. Seine Augen wurden immer wieder mit kranker Faszination zu seiner Verletzung hingezogen und zu dem ruhigen, unbeweglichen Messer.
    »Im März«, sagte Pavel langsam, »haben die Hirsche kein Geweih. Das haben sie im Herbst vorher abgeworfen. Die Rosenstöcke waren zu sehen.«
    Der Mann mit dem Messer machte eine leichte Bewegung mit den Fingern, und einen schwindelnden Moment lang sah Pavel, wie die gespannte Haut über dem eingedrungenenStachel sich von dem Fremdkörper zurückzog und ihn freigab. Ein Flicken mit dem Messer, und der Stachel löste sich aus seinem Fleisch und fiel zu Boden. Die Rinne füllte sich mit Blut und lief über. Erst dann kam der Schmerz. Pavel hätte gedacht, dass er nicht schlimmer werden konnte, aber er hatte sich geirrt. Er stöhnte.
    Der Mann mit dem Messer packte Pavels andere Hand und drückte sie auf die Wunde, um der Blutung Einhalt zu gebieten. Pavel krümmte sich über seiner linken Hand zusammen.
    »Kennst du Spitzwegerich, Bruder?«, fragte der Mann.
    »Ja«, ächzte Pavel. »Hilft bei offenen Wunden … Blätter zerkauen und Brei auf die Wunde … mit unzerkautem Blatt fixieren … Herr im Himmel, tut das weh!«
    »Du kennst dich aus, Bruder«, sagte der Mann mit dem Messer und stand auf. »Was suchst’n hier bei uns?«
    »Auf Wanderschaft«, sagte Pavel.
    »Franziskaner? Kapuziner?« Das Messer deutete, mit dem Griff voran, auf Pavels unbekannte Kutte. Von allen tumben Bauern, dachte Pavel erbittert, muss ich auf den stoßen, der offensichtlich ein wenig in der Welt herumgekommen ist. Seine Gedanken machten Bocksprünge.
    »Benediktiner«, sagte er schließlich wahrheitsgemäß. »Ich tue Buße, daher die schwarze Kutte.« Der zweite Teil seiner Aussage war gelogen, doch er verließ sich darauf, dass der Mann wenigstens das nicht wissen konnte. Ein Benediktinermönch im Stadium der Buße würde nicht in die Welt draußen ziehen, sondern niedere Dienste in der Gemeinschaft verrichten, bis der Abt und die Brüder ihn wieder in Gnade aufnahmen.
    »Wolltest du zu uns kommen?«
    »Nur für eine Nacht. Es gehört zu meiner Buße, Dienste zu verrichten.«
    »Was willst’n für uns tun?«
    »Was habt ihr?«
    »Barboras Kind liegt im Sterben, vielleicht kannst du da was tun, Bruder.« Der Bauer zuckte mit den Schultern. »Sonst – – mit der Pfote kannst du nich’ mal helfen, die Jauche auszubringen.«
    »Ich danke euch«, sagte Pavel.
    »Komm, wir helfen dir runter.«
    »Nein, nein, ich – ich muss noch beten. Lasst mich hier meine Gebete verrichten und Gott danken, dass Er mir den Hirsch geschickt hat, um meine Buße zu vergrößern, und euch, um mir zu zeigen, wie gütig Er ist. Ich komme am Ende des Tages zu euch.«
    »Soll’n wir dir was zu essen bringen?«
    »Nein, fasten gehört zu meiner

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