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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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hastete sie in die falsche Richtung. Pavel starrte ihr ungläubig nach.
    »Sie haut ab«, flüsterte er. Dann schrie er Buh zu: »Sie haut ab!«, doch zu diesem Zeitpunkt war er schon draußen und rannte mit pumpenden Beinen auf die Weggabelung zu.
    Die rundliche Gestalt war eine ältere Frau. Sie hörte seinen Schrei und drehte sich um. Was er von ihrem Gesicht erkennen konnte, verzerrte sich. Sie versuchte schneller zu laufen und kam ins Stolpern. Pavel rannte, dass die Kutte flog. Wenn sie es auf die Straße hinaus schaffte, waren ihre Pläne dahin – so wie der Verkehr in den letzten Tagen gewesen war, würde sich irgendjemand in Rufweite befinden. Nicht, dass dieser Irgendjemand eingegriffen hätte, wenn zwei Mönche eine alte Frau packten und in den Straßengraben zerrten, aber im nächsten Ort würde dieser Jemand eine Menge zu erzählen haben; und alles hing davon ab, dass Pavels und Buhs Mission geheim blieb.
    Pavel hörte Buh hinter sich, der aufholte. Auf langen Strecken war Buh nicht zu schlagen; seine muskulösen Beine trieben ihn ungeachtet seines massigen Körperbaus vorwärts, und wenn er erst einmal in Fahrt war, zog ihn das schiere Gewicht vorwärts. Pavel war viel kleiner und viel leichter – es gehörte zu seinem Schicksal, dass er stets das Gefühl hatte, gar nicht von der Stelle zu kommen, wenn er lief.
    Die Frau – Katka, daran konnte kein Zweifel bestehen – drehte sich erneut um. Pavel sah ihr ins Gesicht. Hass undAngst waren fast körperlich und trafen ihn über die Distanz hinweg. Katka versuchte zu beschleunigen, stolperte, und diesmal fiel sie zu Boden. Als sie auf die Beine zu kommen versuchte, war Pavel heran.
    »Lass mich!«, kreischte sie. »Lass mich, du Teufel! Lass mich!«
    »Wir tun dir nichts«, keuchte Pavel.
    Sie warf sich auf den Rücken und krabbelte auf allen vieren von ihm weg, ins Dickicht neben der Straße. Ihre Füße traten nach ihm. Er versuchte einen zu packen und verlor ihn wieder, erhielt einen Tritt gegen die Schulter und einen zweiten gegen das Knie.
    »Lass MICH LOS!!«
    »Halt still, wir wollen doch nur –«
    »Teufel! Teufel! TEUFEEEEL!!«
    Pavel griff erneut zu. Ein Fuß in einem abgelatschten Lederschuh schoss nach oben. Pavel riss den Kopf beiseite. Der Tritt schrammte über seinen Wangenknochen und trieb Tränen in seine Augen. Katka wühlte sich rückwärts in das Dickicht hinein. Sie kreischte wie von Sinnen. Ihr Gesicht war dunkelrot und ihr Blick irr. Jeden Moment würden die wenigen Leute, die im Weiler zurückgeblieben und nicht auf die Felder gezogen waren, herauskommen und nachschauen, wer solchen Lärm machte.
    »Heiliger Wenzel!«, zischte Pavel und machte einen Satz ins Gebüsch, um ihr den Mund zuzuhalten. Sie strampelte. Pavel fühlte eine Schuhspitze, die sich in seine Weichteile grub, und erstarrte; dann fühlte er den Tritt wirklich und sank langsam zu Boden. Er hörte sich selbst grollen, während die Welt im Nebel versank und zu rotieren begann, wobei der Mittelpunkt in seinem zerquetschten Hodensack lag. Katka verstummte; er hörte das Rascheln und Knacken, mit dem sie sich vorwärtskämpfte, und ihr triumphierendes Ächzen, als sie auf der anderen Seite ins Freie unter die höher gewachsenen Bäume gelangte.
    Dann war Buh heran und flog durchs Dickicht, und wo Katkas Strampeln gebrochene Zweige hinterlassen hatte, war nun plötzlich eine Schneise, in der es frische junge Blätter regnete. Pavel vernahm Katkas Entsetzensschrei und Buhs Stammeln: »B… b… bi… gnnn… bitte!«
    Aufzustehen war eine Heldentat. Pavel versuchte Luft zu bekommen und taumelte in Buhs breiter Spur in den Wald hinein. Seinen Leib überrollten Wogen von Übelkeit. Er schlang die Arme um den Körper. Er sah Buh, der neben Katka auf den Knien lag und ihre Schultern mit beiden Händen auf den Boden drückte. Sie starrte ihn an, von der Angst stumm gemacht. Pavel wusste, dass unter dem sanften Druck von Buhs Händen rohe Eier heil geblieben wären. Er hörte eine Stimme, die aus den Tiefen eines Brunnens kam und beim Heraufkommen durch Feuer, Eis und schnappende Reißzähne hatte hindurchmüssen. Dass es seine eigene Stimme war, erkannte er nur daran, dass sie das sagte, was er hatte sagen wollen.
    »Dir geschieht nichts, Katerina. Wir wollen dich nur etwas fragen!«
    WOCK! Ein durchgehender Stier rammte Pavel und schickte ihn erneut zu Boden. Pavel dachte, er zerbreche. Der Stier fiel über ihn her und drosch und trat ihn. Die aufgeschrammte Stelle auf

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