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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Buße.« Pavel brachte es nicht übers Herz, zur Lüge auch noch die Beleidigung hinzuzufügen, indem er den Bauern ihr Brot nahm, ohne eine Gegenleistung zu erbringen – oder jedenfalls keine, die willkommen gewesen wäre. Er dachte an den Jungen und die alte Katka in der Deckung hinter dem Baum. »Aber vielen Dank.«
    »Na, dann«, sagten die Männer. Sie zögerten. Pavel brachte sein strahlendes Lächeln zustande. Die drei lächelten zurück.
    »Pass auf dich auf, Bruder«, sagte einer.
    »Und vergiss nich’ zu kacken. Jetzt kommt kein Hirsch mehr.«
    »Nein, ich glaube nicht«, sagte Pavel.
    »Denk an den Spitzwegerich«, sagte der Mann mit dem Messer.
    Pavel nickte. »Gott behüte euch.«
    Sie nickten und marschierten langsam zum Weiler zurück. Pavel sah ihnen hinterher, bis sie in verschiedene Hütten eingetreten waren und nicht wieder herauskamen. Wackelig kämpfte er sich auf die Füße, stolperte zu dem umgefallenen Baum hinüber und hockte sich dahinter schwer auf den Boden. Buh hatte auf Sicherheit gesetzt und hielt dem Jungenimmer noch die Hand vor den Mund. Der Junge hatte sich Buhs überlegenen Kräften ergeben und starrte ins Leere; er fand es nicht einmal der Mühe wert, Pavel einen hasserfüllten Blick zuzuwerfen. Katka tat sich in dieser Hinsicht keinen Zwang an.
    »Wir werden es so machen«, sagte Pavel. Er drängte die Erschöpfung zurück, die sich plötzlich auf ihn legen wollte. »Du beantwortest uns unsere Fragen. Danach lassen wir dich in Ruhe. Den Jungen nehmen wir mit und geben ihn, wenn wir genügend Strecke zwischen uns und hier gebracht haben, frei. Er kann dann zurücklaufen. Mein Wort darauf.«
    »Auf dein Wort ist geschissen«, sagte Katka. »Monster!«
    »Nicht alles, was der alte Tomáš dir damals gesagt hat, muss stimmen.«
    »Ich hab gesehen, was mit den Franzosenweibern geschehen ist damals. Das war einer von euch.«
    Pavel antwortete nicht. Katka kämpfte mit sich und seufzte schließlich. »Tut ihm nichts«, bat sie. »Er ist der Sohn meiner Schwester.«
    »Barbora ist deine Schwester?«
    »Darum bin ich seinerzeit hierher zurückgekommen«, sagte Katka.
    »Zurückgekommen? Von wo?«
    »Prag.«
    »Prag?«
    »Wenn ich euch alles erzähle, kommt ihr dann nie wieder hierher?«
    »Ich verspreche es. Auch wenn du auf mein Wort nichts gibst.«
    »Schwör’s beim heiligen Benedikt.«
    »Ich schwöre«, sagte Pavel, ohne zu zögern.
    »Sag dem Riesen, er soll den Jungen loslassen.«
    Pavel schüttelte den Kopf. »Er ist mir zu unberechenbar. Erzähl, was du zu erzählen hast.«
    »Was soll’s«, sagte Katka, »ihr werdet sie ohnehin niemals finden.«
    »Wer ist ›sie‹?«
    »Das Kind. Das Mädchen, das Bruder Tomáš hätte töten lassen sollen, wenn es nach dem Ungeheuer von Prior gegangen wäre.«
    »Das Kind war ein Mädchen?«
    »Was weißt du überhaupt, du Schwarzkutte?«, sagte Katka verächtlich. »Daran hab ich gemerkt, dass deine Geschichte faul ist. Dass du von ’nem jungen Mann gesprochen hast.«
    »Ich weiß, dass ich die Arbeit des Herrn tue, auch wenn du es nicht glaubst.«
    »Pah!« Katka spuckte auf den Boden.
    »Sprich«, sagte Pavel und presste die verletzte Hand gegen seinen Leib. Er hätte sich am liebsten hingelegt und geschlafen. Buh hatte die Augen halb geschlossen; der Junge hatte seinen ausdruckslosen Blick auf Pavel gerichtet und schien durch ihn hindurchzusehen. Pavel erschauerte. »Sprich«, sagte er nochmals, »lass uns das hier hinter uns bringen.«
    Dies war Katkas Geschichte: Bruder Tomáš hatte getan, was der Gehorsam ihm geboten hatte; er hatte zwei Menschen ausgesucht, eine junge Frau – Katka – und einen jungen Mann – den Knecht –, hatte ihnen das Kind anvertraut und einen Beutel mit Münzen. Dann hatte er gegen das Gehorsamsgebot verstoßen und ihnen gesagt, sie sollten das Kind in Sicherheit bringen.
    Wohin, Bruder?
    Nach Prag. Die Stadt ist groß. Seine Spur wird sich dort verlieren.
    Wir tun, was wir können, Bruder.
    Gott der Herr und der heilige Benedikt werden euch beschützen.
    Katka hatte das Kind wie ihr eigenes angenommen; ihr Kind war nach der Geburt gestorben, und zu der Trauer kam die Milch, die sie plagte. Das Kind trank wie jemand, der wusste, dass ihm Strapazen bevorstanden. Der Rest verlief nicht so glatt. Der Knecht begleitete Katka bis hinter Kolin, dann war er eines Nachts verschwunden, und mit ihm das Geld. Katka wusste, dass der Mann in Kolin Verwandte hatte. Ihm in die Stadt zu folgen war sinnlos. Er

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