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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Abhilfe schuf, obwohl Abt Martin sie mit genügend Geld ausgestattet hatte, um sich auf dem Markt Rüben oder Karotten zu kaufen. Sie hatten die Münzen bisher noch kaum angefasst.
    »Er ist mit seiner ganzen Familie und einem Geschäftspartner angereist. Er hat eine Tochter – nur eine. Darum hat er das Kind vermutlich aus dem Findelhaus geholt: weil seine anderen Kinder alle gestorben sind oder die Ehe unfruchtbar geblieben ist. Ich habe herausgefunden, dass die Tochter einen Raum im Haus für sich hat.«
    Buh bekreuzigte sich und drehte sich zu Pavel um.
    »G… g… gehen wir heim«, sagte er.
    Pavel schüttelte den Kopf. Er legte eine Hand auf Buhs Oberarm. Normalerweise pflegte Buh seine eigene Pranke darüberzulegen. Pavel spürte die Muskeln, die sich unter der Kutte dieses aus Stein gemeißelten, in seinem Inneren sanften und scheuen Riesen wölbten. Buh bewegte sich nicht, bis Pavel seine Hand fortnahm.
    »Wir warten bis kurz vor Torschluss, nach Einbruch derDunkelheit. Das ist die beste Zeit; die Leute sind schon in ihren Häusern, und die Nachtwache hat sich noch nicht formiert. Der Dienstboteneingang bleibt in der Regel unversperrt. Wir können ohne Schwierigkeiten eindringen. Ich habe das Fenster des Raumes gesehen – wenn wir erst drin sind, werde ich schon hinfinden.«
    Buh stand auf.
    »Es geht ganz schnell und sauber. Und niemand sonst wird zu Schaden kommen.«
    Buh wandte sich ab und stapfte in das Kirchenschiff hinaus. Pavel sah ihm beklommen hinterher. Hielt er Buh wirklich für so dumm, das zu glauben: niemand sonst wird zu Schaden kommen? Wenn das Kind beseitigt werden musste, dann auch der Kaufmann, der es aus dem Findelhaus geholt hatte; und wenn er, dann auch seine Frau. Selbst dann war das Risiko noch immer groß; Pavel hatte keine Ahnung, wie viele Mitwisser es insgesamt geben konnte. Buh ging zur anderen Seite des Kirchenschiffs, kniete dort in einer leeren Seitenkapelle nieder, schlug das Kreuz und begann erneut zu beten. Allein zurückgelassen in der ersten Nische, starrte Pavel zu ihm hinüber und wusste nicht, dass seine Augen von unvergossenen Tränen brannten.
    Die Tür zum Dienstboteneingang öffnete sich mit einem sanften Knarren, das tagsüber vermutlich niemandem aufgefallen wäre. Pavel hielt den Atem an. Vom Ölfeuer, das in einer Schale auf der Krone des Brunnenkäfigs auf dem Platz brannte, fiel trübes Licht in einen vollkommen finsteren Gang. Vor einiger Zeit war ein Dienstbote hier aus diesem Haus gekommen, war mit einem Krug und einer hölzernen Staffelei zum Brunnen hinübergegangen und hatte in einer gemessenen Prozedur die Staffelei aufgeklappt, war hinaufgeklettert, hatte die Schale mit Tran gefüllt, war wieder hinuntergestiegen und hatte den Krug abgestellt, hatte Feuer in Zunder geschlagen,sich wieder nach oben begeben und den Tran entzündet. Ein gichtkranker Pfarrer mit Augenleiden und Hämorrhoiden, der versuchte, die oberste Kerze vor seinem Altar zu entzünden, hätte sich schneller bewegt. Schließlich war die Leiter zusammengeklappt, der Krug aufgenommen und das Ganze zurück ins Haus getragen worden. Zu diesem Zeitpunkt hätte Pavel bereits schreien mögen vor Nervosität. Am schlimmsten war es, als der Dienstbote am Schloss der Dienstbotentür herumfummelte. Würde er entgegen dem, was Pavel heute Nachmittag durch harmloses Getue herausgefunden hatte, absperren? Doch als Pavel und Buh vor einem endlich stillen Haus standen und die Eingangstür musterten, erkannte Pavel, dass der Dienstbote sich nur einen Dienstbotenscherz erlaubt hatte: auf der Klinke war der Inhalt eines Nasenlochs verschmiert. Pavel packte die Klinke und drückte sie, obwohl es ihn grauste.
    Er bewegte die Tür ein wenig hin und her, holte Atem und schwang sie mit einem Ruck bis fast zur Wand auf. Das Knarren verklang in einem kurzen, unverdächtigen Laut. Pavel stieß die Luft aus.
    Der Gang war kurz und führte an einer Treppe ins Obergeschoss vorbei. Im Erdgeschoss waren Türen, die vermutlich zu Vorratskammern und kleinen Werkstätten führten. Am Ende des Ganges zeichnete sich schwach der Lichtsaum einer weiteren Tür ab: der Zugang zum Innenhof. Vom Obergeschoss sickerte das dünne Blaken eines Lichts, wahrscheinlich eine Unschlittkerze auf dem Treppenabsatz. Das Haus knackte und knarrte wie jedes andere Haus, das sich für die Nacht einrichtet, war aber ansonsten so gut wie still. Ein ganz fernes Gemurmel, das eventuell aus einem Nachbarhaus stammte, konnte sich fast nicht

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