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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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ruckartigen Bewegung und breitete es über den Körper des größeren der beiden Mönche aus. Es legte sich unordentlich über ihn wie ein Leichentuch.
    »Eine weiße Kutte«, sagte Cyprian.
    Andrej bückte sich und knüpfte mit entschlossenen Bewegungen die Fessel um den Leib des toten Mönchs auf. Dann packte er die schwarze Kutte und flickte sie beiseite. Sie fiel nach beiden Seiten auseinander und offenbarte einen mageren, gelblich weißen, völlig nackten Körper. Andrej stand auf und warf die zweite weiße Kutte über die Blöße des Toten.
    »Das sind Dominikaner gewesen«, sagte er. »Man hat sie gezwungen, ihre weißen Kutten auszuziehen und sich in ihre schwarzen Kukullen zu hüllen. Die Fesseln haben die Mäntel zusammengehalten. Das sind nicht die Schwarzen Mönche, die wir suchen.«
    14
    Die Dunkelheit und Kühle taten gut – obwohl Pavel innerlich fror. Aber außen glühte er, und zudem hatten Dunkelheit und Kühle etwas Vertrautes, einen bekannten Geruch, eine heimelige Textur. Er holte tief Atem und versuchte, ruhig zu werden.
    Schließlich stellte er fest, dass er nicht allein war.
    »Mission erfüllt«, sagte er. Er spürte mehr, als dass er es sah, wie Abt Martin den Kopf hob. »Vater vergib mir, denn ich habe gesündigt.«
    » Ego te absolvo, Bruder Pavel.«
    »Sie ist wieder sicher, ehrwürdiger Vater. Ich habe schreckliche Dinge getan, aber sie ist wieder sicher.«
    Abt Martin antwortete nicht. Pavel, dem mittlerweile klar geworden war, dass er auf seiner Pritsche in der Zelle tief im Stein des Klosterfelsens lag, richtete sich auf. Die Bewegung machte ihn schwindlig. Es schien völlig unmöglich, dass er sich auch nur einen Augenblick länger in seiner Position halten konnte, doch dann schaffte er es sogar, die Beine von der Pritsche zu schwingen und sie auf den Fußboden zu stellen. Er war Schlegel und Glocke zugleich, statt Glockentönenvibrierten die Schmerzen eines überall grün und blau geschlagenen Körpers durch ihn. Ein anderes, viel dumpferes und zugleich mächtigeres Vibrieren rollte in seinen Eingeweiden. Wie sollte er in diesem Zustand auf die Beine kommen? Er versuchte, Kraft aus der nahen Energiequelle zu schöpfen, hatte aber nur das Gefühl, dass das unablässig flüsternde Summen ihn der wenigen Kräfte beraubte, die er noch besaß. In seinen Achselhöhlen pochten Nadelstiche.
    »Hörst du sie?«, fragte Abt Martin von weit her.
    Pavel nickte.
    »Spürst du sie?«
    »In meinem Blut, in meinem Fleisch, in meiner Seele«, wisperte Pavel.
    »Du hast das Richtige getan, Bruder.«
    »Sie ist wieder sicher.«
    Abt Martin schüttelte den Kopf.
    »Doch, ehrwürdiger Vater. Das Kind von damals war eine junge Frau, die von einem Kaufmann in seine Familie aufgenommen wurde. Das Kind ist tot. Der Kaufmann und seine Familie sind tot. Sie sind durch das läuternde Feuer gegangen, und wenn sie Sünden begangen haben, dann möge Gott der Herr sie an mir vergelten.«
    Der Abt sah ihn an. Sein Gesicht schien in der Dunkelheit zu schweben und war mager, grau und alt.
    »Der Knecht und die Magd, die Tomáš seinerzeit bei seinem Verrat geholfen haben, sind ebenfalls tot. Es gibt niemanden mehr außer dir und den Kustoden, die Bescheid wissen, und keine Menschenseele mehr, die den Weg zu uns finden würde.«
    »Sie ist nicht sicher, Bruder Pavel.«
    »Wie bin ich hierhergekommen, ehrwürdiger Vater? Ich kann mich an nichts erinnern.«
    »Auf dem Rücken eines Esels festgebunden.«
    »Buh«, sagte Pavel und probierte ein Lächeln. Es schmerztein seinem starren Gesicht. Er stellte sich auf die Beine, seine Knie knickten ein, und er setzte sich wieder hin. Beim zweiten Versuch blieb er stehen. Kopfschmerzen begannen seinen Schädel zusammenzudrücken. Er ignorierte sie.
    »Die Kustoden sind wieder vollzählig, ehrwürdiger Vater«, meldete er und riskierte ein zweites Lächeln. »Wo ist Buh? Er hat seine Pflicht erfüllt wie kein zweiter. Ohne ihn wäre ich am Ende gescheitert. Oder schon am Anfang. Dass der Codex wieder sicher ist, verdanken wir ihm und nicht mir.«
    »Der Codex ist nicht sicher, Bruder Pavel.« Der Abt fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Und die Kustoden sind nicht wieder vollzählig.«
    Pavel verstand kein Wort.
    »Wir haben dich vor der Klosterpforte auf einem Esel festgebunden gefunden, Bruder Pavel. Du warst allein.«
    »Allein? Aber wo war …?«
    »Er ist nicht mit dir zurückgekehrt, Bruder Pavel. Die Kustoden sind nur noch sechs, und was immer an Bösem passieren

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