Die Teufelsbibel
gehörte.«
»In Prag«, sagte Cyprian. »Du würdest mir das alles nicht erzählen, wenn er nicht in Prag gewesen wäre.«
»Agnes Wiegant umgibt ein Geheimnis«, sagte der Bischof. »Ich kann es nicht lösen, aber ich bin sicher, dass es kein Zufall ist, dass Niklas Wiegant aus Prag mit einem Kind heimgekommen ist und für das Mädchen einen Meineid schwört ausgerechnet in der Zeit, in der die Teufelsbibel wieder unter die Menschen zu kommen droht.«
»Und wenn ich in Prag einen Hinweis darauf finde, wer Agnes wirklich ist, habe ich vielleicht die Möglichkeit, ihre Hochzeit mit Sebastian Wilfings Sohn zu verhindern, willst du mir das sagen? Mit dem Sohn des Mannes, der Niklas’ Meineid mitgeschworen hat!«
»Wenn du hierbleibst, mein Sohn, hast du gar keine Chance«, sagte der alte Kardinal.
Cyprians Kopf ruckte herum. Er hatte eine Erwiderung auf der Zunge, doch das Gesicht des Kardinals ließ ihn verstummen. Der alte Kardinal lächelte, obwohl sich über seine Wangen zwei Tränenspuren zogen. »Du kannst vielleicht nicht verhindern, dass die Frau, die du liebst, einem anderen gehören wird; aber du kannst verhindern, dass du dir als alter Mann vorwirfst, die Gelegenheit verpasst zu haben, das Richtige zu tun.«
»So wie du«, sagte Cyprian. »So wie du diese letzte Jagd auf dich nimmst, weil du glaubst, Papst Gregor würde nicht im Sterben liegen, wenn du ihn eingeweiht hättest; weil du glaubst, dass deine Verschwörerfreunde für seinen Tod verantwortlich sind und die Schuld dich damit auch trifft.«
»Wir haben alle einen Grund für das, was wir tun«, sagteKardinal Facchinetti. »Dein Onkel hat zugesehen, wie der Mann, der ihn vor dem Untergang bewahrt hat, selbst untergegangen ist in Hass und Fanatismus, und er will verhindern, dass die ganze Welt darin untergeht, wenn das Wort des Teufels erst einmal erkannt wird.«
»Die Welt ist mir im Augenblick scheißegal«, sagte Cyprian.
»Es sind nicht die schlechtesten Dinge, die wir aus Liebe tun.« Kardinal Facchinetti lächelte flüchtig.
Cyprian musterte die beiden alten Männer. Bischof Melchiors Gesicht war unbewegt und vollkommen unlesbar. Darin war er ebenso gut wie Cyprian selbst. Cyprian fühlte, wie sich in ihm etwas auflehnte und zornig schrie: Da siehst du, wie du manipuliert worden bist! Wenn es darauf ankommt, sind sie alle gleich! Er wusste, dass er seinem Onkel Unrecht tat, doch die Wut wurde dadurch nicht geringer.
»Ich stelle die Frage nur der Vollständigkeit halber«, sagte Cyprian. »Natürlich hat schon jemand überprüft, ob das Original der Teufelsbibel nicht vielleicht doch in Brevnov liegt, und der Prior benutzt es, um die Zugluft aus seiner Zelle fernzuhalten?«
Der Kardinal und der Bischof sahen ihn stumm an. Cyprian zuckte aufgebracht mit den Schultern.
»Cyprian«, erklärte der Bischof, »kein Mensch auf der Welt hat auch nur die leiseste Ahnung, wo genau sich das Vermächtnis des Bösen verbirgt. Wir wissen nur eines.«
»Es kann jederzeit gefunden werden«, sagte Kardinal Facchinetti.
17
Cyprian überwand den Dienstboten, der ihm die Tür geöffnet hatte, und die ältliche Kinderfrau, die inzwischen Agnes’ Magd geworden war; dann scheiterte er an Niklas Wiegant.
»Ich will doch nur mit Agnes sprechen«, sagte Cyprian.
»Tut mir leid.« Niklas Wiegant schüttelte den Kopf.
»Niklas«, Cyprian ballte die Fäuste und versuchte, ruhig zu bleiben, »ich verstehe Ihre Beweggründe, Agnes mit Sebastian Wilfing zu verheiraten, aber glauben Sie mir –«
»Du kannst mich nicht überreden, Cyprian. Es ist sinnlos. Ich mag dich, mein Junge. Geh nach Hause und vergiss Agnes.«
»Ich will im Augenblick nur mit ihr reden«, vollendete Cyprian zwischen den Zähnen.
Niklas musterte Cyprians Fäuste. Cyprian fiel plötzlich ein, dass Niklas Wiegant damals einer der Augenzeugen gewesen war. Er hatte das Gefühl, den Blick zu kennen, der auf seinen geballten Pranken lag, und hörte fast, wie Agnes’ Vater in Gedanken die Möglichkeit in Betracht zog, dass Cyprian sich auf ihn stürzte. »Immer einen Schritt nach dem anderen, was, Cyprian Khlesl? Und plötzlich bist du dort, wo du hin- wolltest.«
»Wenn Sie nicht mal so viel Vertrauen zu Ihrer Tochter haben …«
»Ich will ihr nur Schmerz ersparen, das ist alles.«
»Sie können ja gern dabei sein und zuhören, wenn Sie sich dann sicherer fühlen.«
»Leb wohl, Cyprian. Meine Verehrung an deine Familie.«
Lass das bloß nicht deinen Hausdrachen hören, dachte
Weitere Kostenlose Bücher