Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
Stille klackte mehrere Male das Schloss an der Zellentür. Wer immer die Tür zuletzt versperrt hatte, er hatte sichergestellt, dass Cyprian keine Chance bekam, sie aufzubrechen. Cyprian blickte auf.
    »Na endlich«, sagte er. »Onkel Melchior.«
    Es war ein Wächter, und er war allein. Er deutete auf Cyprians Bruder. »Sprechzeit zu Ende«, knurrte er. »Raus hier.«
    »Ich dachte, der halbe Pfennig hätte mir eine Stunde Zeit erkauft?«, fragte Cyprians Bruder wütend.
    »Die Stunde ist rum.«
    »Ist sie nicht, verdammt!«
    »Du hast dafür bezahlt, um mit mir zu sprechen?«
    »Die Stunde ist rum, wenn ich es sage. Und ich sage, die Stunde ist rum.«
    Cyprians Bruder stand auf. Die Kiefer mahlten in seinem pausbäckigen Gesicht, aber er widersprach nicht mehr. Umständlich zerrte er an seinem Kittel herum. Kleine Mehlwolken stäubten auf.
    »He, Bruder«, sagte Cyprian. »Du hast dafür bezahlt, um mit mir zu sprechen? Danke.«
    »Mutter wollte es. Aus eigenem Antrieb hätte ich’s nicht getan.«
    »Wird’s bald?«, bellte die Wache.
    »Wo bleibt Onkel Melchior?«, sagte Cyprian hastig. »Er braucht nur ein Wort zu sagen, und ich komme zumindest auf Ehrenwort frei. Du hast ihn doch schon benachrichtigt, oder?«
    Sein Bruder wich dem Blick aus. »Onkel Melchior hat heute im frühen Morgengrauen die Stadt verlassen. Es heißt, er begleitet seinen Besucher nach Rom. Es heißt, sein Besucher ist ein Kardinal.«
    »Verflucht!«, stieß Cyprian hervor. »Ausgerechnet! Das dauert doch Wochen, bevor er wiederkommt! Wieso konnte der Kardinal nicht das Zipperlein kriegen und ein paar Tage ans Bett gefesselt sein? Der alte Bursche sah so baufällig aus wie das Kärntnertor nach der letzten Türkenbelagerung!«
    Cyprians Bruder schüttelte den Kopf. »Du gehst mit so hohen Herren um, als wären sie deinesgleichen, und es hat dich kein bisschen geändert.«
    »Ich muss hier raus. Ich habe Agnes versprochen – hör mal, du musst mich hier rausholen. Geh zum Bischofspalast. Onkel Melchior hat auf jeden Fall seinen Verwalter dagelassen. Vielleicht kann er ein gutes Wort einlegen.« Cyprian schwieg, als ihm bewusst wurde, dass in seiner Stimme erste Anklänge von Panik zu hören waren. Er biss erbittert die Zähne zusammen und starrte seinen Bruder an.
    Der Wächter trat heran. Ohne ein weiteres Wort schlug ermit dem schweren Holzstab, den er trug, Cyprians Bruder quer über den Bauch. Es klatschte laut. Der junge Mann fuhr zusammen und keuchte überrascht. Der Wächter hob den Stock erneut.
    »Mach, dass du rauskommst!«, brüllte er.
    Cyprian konnte mit der freien Hand das Ende des Stocks packen, als der Wächter ausholte. Er riss daran. Der Wächter taumelte rückwärts. Cyprian griff mit der zweiten Hand zu, die Kette klirrte und spannte sich, dann lag der Stock quer über der Kehle des Wächters und der Wächter in den Armen Cyprians wie ein Liebhaber. Er starrte aus einem plötzlich fahl gewordenen Gesicht zu Cyprian empor. Cyprian verstärkte den Druck des Stocks.
    »Wenn du ihn noch mal schlagen willst, stell sicher, dass du nie in meine Reichweite kommst, solange ich hier drin bin«, sagte Cyprian.
    Der Wächter machte ein Geräusch.
    »Lass ihn los«, stotterte Cyprians Bruder. »Um Gottes willen, du machst alles nur noch schlimmer.«
    »Mein Bruder hätte gern seinen halben Pfennig wieder«, sagte Cyprian. »Häftlinge dürfen jederzeit Verwandtenbesuch erhalten, ohne die Wache bestechen zu müssen.«
    »Cyprian!«
    Der Wächter gurgelte und kramte eine halbierte Münze aus der Tasche. Er ließ sie fallen. Cyprians Bruder starrte darauf hinab.
    »Nimm sie, sonst nehme ich sie«, sagte Cyprian.
    Cyprians Bruder bückte sich und steckte die Münze ein. Cyprian stieß den Wächter von sich. Der Mann stolperte davon, dann fuhr er herum und starrte Cyprian mit gefletschten Zähnen an. Er rieb sich den Hals.
    »Jetzt darfst du«, sagte Cyprian, der immer noch den Stock in den Händen hielt. Das Gesicht des Wächters verzerrte sich vor Wut.
    »WAACHEEE!«, schrie er dann, fuhr herum und rannte zur Tür hinaus. »WAAACHEEE!!«
    Cyprian ließ den Stock fallen.
    »Du musst Agnes benachrichtigen!«, sagte er hastig zu seinem Bruder. »Sag ihr die Wahrheit. Bitte! Sag ihr, dass ich hier schon wieder rauskomme.«
    »Was ist die Wahrheit?«
    »Verdammt noch mal!«, sagte Cyprian.
    Sein Bruder seufzte und schüttelte betrübt den Kopf.
    »Sag Agnes, dass das hier nichts an unseren Plänen ändert.« Von draußen waren das Getrappel

Weitere Kostenlose Bücher