Die Teufelshure
flüsterte sie.
John kniff die Lippen zusammen und stieß einen Seufzer aus. »Also gut«, sagte er und klappte das Buch auf. »Dann muss ich es eben selbst herausfinden.«
»Das darfst du nicht tun«, erklärte Madlen voller Verzweiflung. »Es ist schon gefährlich, nur da hineinzuschauen.«
»Und woher willst du das wissen?«, knurrte John verhalten zurück. »Ich denke, du weißt nicht, was es mit dem Buch auf sich hat?«
»Es ist Teufelswerk«, gab sie leise zurück. Ruaraidh und David schauten irritiert auf. John ahnte, dass sie ihr geflüstertes Gespräch hören konnten. »Du hast selbst gesagt, dass Chester satanische Dinge betreibt.« Sie nahm allen Mut zusammen und versuchte ihm, das Buch aus der Hand zu nehmen. Aber er ließ es nicht zu.
»Wenn du schon nichts zur Aufklärung beitragen kannst, ist es besser, du legst dich hin und schläfst«, sagte John in einem Ton, der keinen Zweifel darüber aufkommen ließ, wer hier die Befehle erteilte. »Ich muss wissen, wer unser Feind ist und wo er steht. Es ist viel gefährlicher, die Wahrheit zu verleugnen, als ihr ins Auge zu sehen.«
Madlen sah ihn entgeistert an. »Aye, John Cameron«, sagte sie mit einem fatalistischen Unterton in der Stimme. »Ich habe eben Angst vor Chester Cuninghame und seinen satanischen Machenschaften. Und die solltest du auch haben.«
Sein Blick war entwaffnend. »Denkst du, ich fürchte den Tod?« Ein müdes Lächeln flog über seine Lippen. »Schau dich doch um! Wir sind tagtäglich vom Tod umgeben und haben uns schon beinahe daran gewöhnt. Also wovor sollte ich Angst haben?«
»Vor der Hölle und vor dem Unerklärlichen.«
»Wenn es so ist, sollte ich tatsächlich Angst haben. Und zwar vor dir.«
»Vor mir? Was habe ich damit zu tun?« Madlen sah ihn verständnislos an.
»Sein Herz an eine Frau wie dich zu verlieren ist für einen Mann wie mich die reinste Hölle, zumal wenn sie so unerklärlich ist wie das Mysterium selbst.«
»Aber …« Madlen war sprachlos. Er liebte sie also tatsächlich, ganz gleich, in welchen Schwierigkeiten sie steckte.
Ein spöttisches Lächeln huschte über seine Lippen, und ohne auf eine Antwort zu warten, wandte er sich wieder dem Buch zu.
Madlen drehte sich ab, damit er nicht sah, wie sehr sie ihn und seine Nähe plötzlich vermisste. Sie legte sich nieder und zog wie zum Schutz vor ihren eigenen Gefühlen die Decke über den Kopf.
Als John nach einer Weile über ihre Schultern blickte, war Madlen allem Anschein nach eingeschlafen. Hinter dem Holzverschlag vernahm er indes eindeutige Geräusche: raschelnde Kleider, ein rhythmisches Keuchen und ab und an ein leises Stöhnen. Durch einen Spalt konnte er Rosies puppenhaftes Gesicht sehen, wie es verzückt zu blühen begonnen hatte. Ihre hellen Augen waren starr auf John gerichtet, während sich Paddy mit heruntergezogener Hose zwischen ihren leicht gespreizten Schenkeln vor und zurück bewegte.
John schluckte schmerzhaft und streckte sich der Länge nach neben der schlafenden Madlen aus. Dabei kam er ihr so nahe, dass er die Wärme ihres Körpers spüren konnte. Der Gedanke, mit ihr das Gleiche zu tun – allerdings nicht in dieser schmutzigen Umgebung –, ließ seine Lenden erwachen. Resigniert rollte er sich auf die Seite und betrachtete erneut das merkwürdige silberne Zeichen auf dem Buchdeckel. Auf dem Ring, der den Stern umgab, waren fünf lateinische Worte eingraviert. Aqua, Humus, Spiritus, Aura, Caminus … – Wasser, Erdreich, Geist, Hauch? Feuerstätte? … John konnte auf Anhieb keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen Worten herstellen. Dass sie etwas zu bedeuten haben mussten, lag auf der Hand. Resigniert blätterte er die nächsten Seiten durch, bemüht darum, Paddys leises Keuchen zu ignorieren. Vergeblich durchsuchte er das Hexenwerk nach Zaubersprüchen, die ihm ein entsprechendes Erfolgserlebnis bei Madlen verheißen würden. Was er jedoch zum Ende des Buches fand, ließ ihn alles andere vergessen. Der Spruch, den er wie zufällig aufschlug, war in Latein verfasst und verhieß dem, der ihn anwandte, den Tod auf immer zu besiegen. Dann folgte eine Rezeptur für ein Elixier, das die Bezeichnung »Lapis Philosophorum« trug. Übersetzt hießen die Worte »Stein der Weisen«. Ein unter Alchemisten gebräuchlicher Begriff für einen magischen Stein, der alles Mögliche zu verwandeln vermochte. In diesem Fall war es anscheinend der Begriff für eine magische Flüssigkeit, deren Herstellungsmethode John als ungemein
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