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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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grausam empfand. Neben einem tatsächlichen »Stein der Weisen«, dessen Herkunft in Afrika zu suchen war, benötigte man diverse Körpersäfte eines Menschen, die man aus Hirn, Knochenmark und Blut gewann. Die daraus gewonnene Grundsubstanz musste zusammen mit dem »Stein der Weisen« in mehreren Schritten erhitzt und gereinigt werden, bevor sie zum Elixier »Lapis Philosophorum« wurde. John erschauerte bei dem Gedanken, dass es sich beinahe so verhielt, als ob man einen Whisky brannte. Die fragwürdigen Ingredienzien mussten den Opfern bei lebendigem Leibe abgenommen werden, wie es weiter im Buch hieß. Damit das daraus gewonnene Serum die notwendige Qualität erhielt, benötigte man ständig frische und wenn möglich junge und kräftige Menschen, die mit dem geheimnisvollen Elixier noch nicht in Berührung gekommen waren. John dachte an die Toten von Banoxborn, und plötzlich erkannte er einen Zusammenhang. Nur in Ausnahmefällen, wenn es nicht anders ging, konnte man sich mit minderwertiger menschlicher Ware zufriedengeben, wie es der Schreiber des Buches respektlos formulierte. Voller Anspannung las John weiter. Wenn man einem Menschen eine winzige Dosis des Elixiers in Mund oder Adern einflößte, konnte er von sämtlichen Krankheiten geheilt werden. In größeren Mengen versprach es ewige Jugend, solange es im Körper zirkulierte. Aber nach einer Weile war die Wirkung verbraucht, und es musste erneuert werden. Tat man es nicht, alterte man schneller als je zuvor und starb einen elenden Tod. Nur ein einmaliger, fast kompletter Austausch des eigenen Blutes mit der geheimnisvollen Substanz verhieß Unsterblichkeit.
    John stockte der Atem, so sehr, dass er kaum in der Lage war, weiterzublättern.
    Allem Anschein nach hatten Cuninghame und seine finstere Bruderschaft genau diesen Austausch an John und seinen überlebenden Kameraden vollzogen. Was das bedeutete, konnte er sich denken. Sie würden unsterblich sein, ob es ihnen gefiel oder nicht.
    Fassungslos starrte John zu seinen schlafenden Freunden hinüber. Bis auf Randolf, der die erste Wache übernommen hatte, lagen sie da wie unschuldige Kinder – wenn man von Paddy absah, der sich soeben von Rosie heruntergerollt hatte.
    John schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. Das war also das Geheimnis ihrer Unverletzlichkeit. Als er weiterlas, lüftete sich ein weiteres Rätsel.
Um einen Unsterblichen töten zu können, muss man ihn köpfen oder ihm das Herz herausschneiden
, stand dort zu lesen. Alles andere war zwecklos, da der Heilungsprozess nach einer Verletzung gewöhnlich eine solche Geschwindigkeit annahm, dass es faktisch unmöglich war, daran zugrunde zu gehen. Ein gut gesetzter Pistolenschuss, bei dem die Kugel im Herzen steckenblieb, oder ein Messerstich ins Herz konnten gleichwohl zum Tod führen, weil eine solche Verletzung das ansonsten unsterbliche Opfer zur Bewegungslosigkeit verurteilte, solange die Kugel oder die Klinge nicht aus dem Herzen entfernt wurden. Damit bestätigten sich Johns bisherige Erfahrungen und auch die Vermutungen der Frauen in North Berwick, die etwas Ähnliches berichtet hatten.
    Der Verletzte konnte auf diese Weise durchaus verhungern oder von wilden Tieren gefressen werden.
    In einem weiteren Abschnitt hieß es, dass sich die Sinne der Unsterblichen verschärften. Der Geschmack wurde intensiver, was John beim Verzehr der Heringe aufgefallen war, und der Geruchssinn dieser Menschen glich dem eines Wolfes. Einmal aufgenommene Duftspuren konnten immer wieder verfolgt werden – auch über mehrere hundert Yards hinweg. Die Augen änderten ihre Beschaffenheit. Pupillen leuchteten bei nächtlichem Lichteinfall, und als Unsterblicher war man in der Lage, auch im Dunkeln zu sehen, dafür war das Sehvermögen bei Tage empfindlicher, so dass man das Sonnenlicht scheute.
    Am Ende des Buches folgte eine Liste all jener Kunden, die bereits gegen horrendes Geld in den Genuss des Elixiers gekommen waren und sich nun in einer unseligen Abhängigkeit befanden. Meist hatten sie das Elixier nur in geringen Mengen gekauft. Das Mittel war unglaublich teuer, und wie aus der Liste zu ersehen war, hatte niemand einen Komplettaustausch vornehmen lassen. Die Namen waren verschlüsselt, aber allein die Anzahl der offenbar zahlungskräftigen Kunden ließ John erschauern. Hunderte hatten in den letzten zwei Jahren mehr als eine Million Pfund Sterling an Cuninghame und seine Bruderschaft der Panaceaer gezahlt.
    John klappte das Buch zu und hielt inne,

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