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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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zitterte, offenbar vor Kälte. John widerstand dem Bedürfnis, sie an sich zu drücken, um sie zu wärmen.
    Draußen war es immer noch hell. Ruaraidh hatte, ohne Johns Anweisung abzuwarten, mit Randolf die Wache gewechselt. Der blonde Norweger warf Madlen unter seinen zusammengezogenen Brauen einen leicht verärgerten Blick zu, weil ihr Schrei ihm den ersten Schlaf geraubt hatte.
    John erinnerte sich ungern an das, was er vor seinem viel zu kurzen Schlaf in Cuninghames geheimem Buch gelesen hatte; und er fragte sich ernsthaft, wie er all diese Ungeheuerlichkeiten seinen Kameraden beibringen sollte. Er hatte das Buch unbemerkt von den anderen zurück in seine Satteltasche gepackt; und nun blickte er reihum in die verschlafenen Gesichter der Männer, die nicht einmal ahnten, was wirklich mit ihnen geschehen war. Er würde es vorerst dabei belassen. Denn sie würden sich nur unnötig ängstigen, ebenso wie Madlen – falls es stimmte, was sie sagte, und sie tatsächlich nichts von Cuninghames Machenschaften wusste. Ganz zu schweigen von Rosie. Offenbar war sie mit einer geradezu sträflichen Einfältigkeit gesegnet, die alles für Hexenwerk hielt, das einer für sie plausiblen Erklärung entbehrte. John ahnte, warum sie ihm nie wirklich ans Herz gewachsen war. Sein Blick fiel auf Paddy, der sich wohlig in ihren Armen räkelte. Auch er war kein Mann, dem man ohne weiteres eine solche Geschichte zumuten konnte. Er war zwar neugierig und hielt sich für allwissend, aber diese Sache war etwas anderes als der übliche Hafenklatsch, der ihn gewöhnlich interessierte. Solange sie keine Bleibe gefunden hatten, war es ohnehin müßig, mit ihm und den anderen über das Buch, dessen Wirkung und weitere Schritte zu beraten.
     
    Am frühen Nachmittag brachen sie auf und verabschiedeten sich von Cullen Stewart und seiner Familie. John versprach dem Alten, bald wieder einmal vorbeizuschauen. Als alle aufgesessen hatten, lenkten sie die Pferde über eine alte Militärstraße hin zum Glen Etive, einem breiten, kaum bewohnten Tal mit Bachläufen, Sträuchern und von Mooren durchzogenem Weideland. Eine seltsame Mischung aus Wiedersehensfreude und Unbehagen tat sich auf, die Madlen hinter jedem Hügel entgegenzuspringen drohte. Freude, weil sie in dieser Gegend als Kind mit ihren Brüdern und Cousinen gespielt hatte. In ihrer Phantasie hatten die Jungs fremde Piratenschiffe gekapert oder waren als ruhmreiche Ritter in die Schlacht gezogen. Den Mädchen wurde dabei allenfalls die Rolle einer Prinzessin zuerkannt, die geraubt auf der Burg ihres Feindes auszuharren hatte, bis ein unerschrockener Held auftauchte und sie befreite.
    Ihr Blick fiel auf John, und plötzlich ergriff sie die Furcht, die ihr durch die Glieder fuhr wie ein unerwarteter Blitz. Wie sollte ihre Zukunft aussehen?
    John, der voranritt, hatte kurz vor Dalness einen steilen, steinigen Weg zu einem Pass eingeschlagen, weg aus dem Tal, hinauf zu den drei Geschwistern, einem Bergmassiv, das aus drei beeindruckenden Erhebungen bestand, dem Beinn Fhada, dem Gear Aonach und dem Aonach Dubh, die zusammengenommen das Coire Gabhail einrahmten – das sogenannte verlorene Tal – ein langgezogenes immergrünes Hochplateau. John schien diesen Platz weit besser zu kennen, als sie angenommen hatte, und Madlen fragte sich, ob er die Route in der Absicht eingeschlagen hatte, um eine Konfrontation mit den Regimentern des Marquess of Argyll zu vermeiden, oder ob er ganz nebenbei herausfinden wollte, ob der Clan der MacDonalds of Glencoe an diesem Ort wieder einmal gestohlene Rinder mit fremden Brandzeichen verbarg.
    In der schwarzen Uniform, den Hut tief ins Gesicht gezogen, Dolch und Degen am Gürtel, vermittelte John ihr einen Eindruck, wie respekteinflößend er als Captain in einer Armee auf seine Mannschaften gewirkt haben musste. Obwohl er nicht unfreundlich zu ihr war, blieb seine Miene verschlossen. In Gedanken ging sie zehn Jahre zurück. Schon damals war er ihr Ritter in einer glänzenden Rüstung gewesen, obwohl er nur sein Plaid und ein altes Hemd getragen hatte, als er zusammen mit seinem Vater auf dem Hof ihrer Familie erschienen war, um zwei gut erhaltene Musketen zu verkaufen. Madlens Vater Iain MacIain, ein cholerischer Mann, hatte die beiden, nachdem sie gegangen waren, als Halsabschneider bezeichnet, wie alle Camerons, weil sie ihm nach zähen Verhandlungen angeblich einen viel zu hohen Preis für die Waffen abverlangt hatten. Madlen erinnerte sich noch gut, wie sie von

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