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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Panaceaer auf eine Stufe zu stellen. Selbst wenn das, was sie hier taten, einem Außenstehenden durchaus grausam erscheinen musste. Earthorpe und seine Bodyguards besaßen etwas, das John dringend benötigte. Wie er selbst und einige seiner Kameraden waren die gekidnappten Panaceaer unsterblich. Ihr Blut produzierte fortwährend eine Substanz, die sie auch ohne Sauerstoff am Leben erhielt und als Rohstoff für eine Ersatzdroge genutzt werden konnte. Die »Tränen der Nacht«, wie der Stoff auch genannt wurde, bewahrte ehemalige Eternity-Junkies davor, unter grausamen Umständen zu sterben – meist, weil ihnen schlicht das Geld ausgegangen war, um sich weiteren Stoff leisten zu können. Zur Herstellung benötigte man Unmengen von unsterblichem Blut, das mit einer einfachen Spende nicht zu erlangen war. Das Ganze war ein überaus schmutziges Geschäft. An den unangenehmen Beigeschmack seiner Aktivitäten hatte John sich längst gewöhnt. Für einen Moment dachte er darüber nach, was sich die Panaceaer als Racheakt einfallen lassen würden. Dass Cuninghame Vergeltung üben würde, stand außer Frage. In jedem Fall würde er versuchen, Geiseln zu nehmen, um sie zum Austausch für die gefangenen Panaceaer anzubieten. Ein Deal, auf den John sich nur in den seltensten Fällen einlassen konnte. Er hatte schon einige Männer und Frauen verloren, weil sie Cuninghame und dessen Söldnern nach einem blutigen Einsatz in die Falle gegangen waren.
    Das Mobiltelefon dudelte »All you need is Love«. Wilbur, der mit achtzehn seine unfreiwillige Wandlung zur Unsterblichkeit vollzogen hatte und für John wie ein eigener Sohn war, hatte die Idee zu diesem Klingelton gehabt.
    »Ja?« Es war Paddy.
    John hörte angespannt zu. »Wo?«, fragte er nur, nachdem der Ire etwas von einer Frau gefaselt hatte, die in unmittelbarer Nähe zum Anwesen mit ihrem Motorrad verunglückt war. Die Aufzeichnungskameras hatten gezeigt, dass ihr ein schwarzer Vogel in die Quere gekommen war.
    »Bringt sie auf die Krankenstation!«, befahl John knapp.
    Am anderen Ende der Verbindung erhob sich Protest. »Sie ist eine Fremde, wir können sie unmöglich aufnehmen.«
    »Bis wir sie in ein Krankenhaus nach Glasgow oder Edinburgh geflogen haben, vergeht mindestens eine Stunde«, fuhr John unmissverständlich fort.
    »Lasst sie röntgen, und dann sehen wir weiter. Je nachdem, wie gravierend ihre Verletzungen sind, habt ihr meine Freigabe für den minimalen Einsatz von ›E‹.«
    Johns schottischer Firmensitz verfügte wie jede seiner Niederlassungen über eine komplette Krankenstation. Seine Leute waren ständig an den Brennpunkten der Erde unterwegs, und es kam öfter vor, dass sich zumindest die Normalsterblichen mehr oder weniger ernsthaft verletzten. Im äußersten Notfall setzten seine Ärzte eine winzige Dosis Eternity ein, jene Substanz, die bei ihm und seinen engsten Kameraden seit gut dreihundertfünfzig Jahren durch die Adern zirkulierte. Bei Normalsterblichen wirkte das Fluidum in einer äußerst geringen Dosis heilsam; wenn ein Mensch jedoch nur ein wenig mehr erhielt, geriet er in tödliche Abhängigkeit. John und seine Mitstreiter waren von diesem Fluch nur deshalb verschont, weil bei ihnen vor gut dreihundertfünfzig Jahren ein Komplettaustausch des Blutes durch die Panaceaer vorgenommen worden war und ihre Stammzellen seither die Substanz selbstständig produzierten. Um dieses Wunder an anderen Menschen wiederholen zu können, fehlte John jedoch ein entscheidender Bestandteil: der sogenannte Stein der Weisen – ein einzigartiges, faustgroßes Stück eines radioaktiv strahlenden Meteoriten, das die Panaceaer an einem streng gehüteten Ort aufbewahrten.
    John war – wie die Panaceaer selbst – nicht daran interessiert, sein Wissen und seine Möglichkeiten mit Uneingeweihten zu teilen. Das Geheimnis der Unsterblichkeit hatte eine zu große Sprengkraft, die selbst die Panaceaer nicht würden beherrschen können.
    Die Frau war nicht lebensgefährlich verletzt worden. Wahrscheinlich litt sie unter einer schweren Gehirnerschütterung. Ihr Gesicht zeigte ein paar Blutergüsse an der Stirn und ein paar Abschürfungen an Armen und Beinen. Sie hatte Glück gehabt, weil sie von der BMW geschleudert worden war, bevor die Maschine am Stamm einer dreihundert Jahre alten Pinie zerschellte.
    Als John sie gegen alle Vorschriften an ihrem Krankenbett besuchte, spürte er eine merkwürdige Spannung, die seinen Körper durchflutete. Es war wie ein Stromstoß, als

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