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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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nur aufgrund seines Instinktes verurteilen? John, das kannst du nicht bringen, war die Botschaft, die in Brans Augen zu stehen schien. Paddys Verurteilung zum Verräter hätte seinen sofortigen Tod bedeutet. Im inneren Kreis von CSS herrschten archaische Gesetze, die nicht mit denen einer zivilisierten Welt zu vergleichen waren. Nur so hatten John und seine Männer den Kampf gegen Cuninghame und seine Panaceaer überleben können.
    John haderte noch, als Paddy zu ihm aufblickte und ihn mit seinen durchdringenden grauen Augen ansah.
    »Eines hat deine Lilian ganz gewiss mit Madlen gemeinsam«, sagte er leise. »Sie ist in der Lage, unsere Freundschaft und unser Vertrauen mit einem einzigen Streich auszulöschen, ganz gleich, was wir uns bis dahin bedeutet haben.«
    John seufzte leise. »Nehmt ihm die Fesseln«, sagte er heiser. Dann ging er auf Paddy zu und streckte ihm die Hand entgegen. »Es tut mit leid«, sagte er laut genug, dass es alle Anwesenden hören konnten.
    Paddy schlug das Angebot aus. »Mir auch«, sagte er nur und wandte sich ab.
    Nachdem alle gegangen waren, setzte sich John an den großen Versammlungstisch und bedeckte sein Gesicht für einen Moment mit seinen Händen, bevor er leise stöhnend auf das überlebensgroße Ölgemälde über dem Kamin schaute, das Antonio David vor gut zweihundertfünfzig Jahren gegen eine horrende Summe bei einem Besuch in Rom von ihm angefertigt hatte.
    »Er kann dir auch nicht helfen.« Bran, der lautlos hereingekommen war, warf einen mitleidigen Blick auf jenen in Öl verewigten John Cameron, der im traditionellen Schottenrock und bis an die Zähne bewaffnet jeder Gefahr zu trotzen schien.
    »Was würdest du an meiner Stelle tun?« John sah seinen engsten Freund fragend an.
    »Abwarten – was sonst?« Bran setzte sich neben ihn und breitete ein paar Papiere vor ihm aus. »Wie du gesehen hast, ist Ruaraidh heute Morgen zurückgekehrt. Er hat Lilians Familiengeschichte durchleuchtet. Es war eine ziemliche Sisyphusarbeit. Demnach sind Lilian und ihr Bruder das letzte Glied einer langen Reihe von Ahnen, die sich durchaus in das Jahr 1648 zurückverfolgen lässt. Damals wurde in Edinburgh ein neugeborener Junge mit dem Namen Chester MacDonald in eine Familie aus den Lowlands gegeben. Lord Chester Cuninghame war als Vormund und Vermittler eingesetzt. Angeblich war das Kind vor der Haustür von Graystoneland ausgesetzt worden. Die Geburtsurkunde wurde auf Morag MacDonald ausgestellt, Vater unbekannt, und fortan erhielt die Familie für seine Ausbildung und seine Verpflegung von Cuninghames Anwalt und Treuhänder eine stattliche Summe. Als der Junge alt genug war, stand eines Tages ein Mönch vor der Tür der Familie, der sich als Bruder Mercurius ausgab und beabsichtigte, den Heranwachsenden in ein Kloster zu bringen. Was er auch tat. Jedenfalls steht es so in alten kirchlichen Aufzeichnungen. Danach verliert sich die Spur des jungen Mannes. Aus anderen Dokumenten lässt sich jedoch sein weiterer Werdegang zurückverfolgen. Danach lebte er ganz und gar nicht wie ein Mönch. Im Gegenteil, die Panaceaer ließen ihn in ihrem Auftrag Dutzende von Kindern zeugen. Von denen etliche noch im Kindesalter starben, aber auch einige am Leben blieben. Alle wurden permanent überwacht. Sie waren offenbar Teil eines Versuchsprojektes und dienten der Bruderschaft zu allerlei experimentellen Zwecken. Nicht zuletzt rekrutierten sie ihre Söldner und etliche initiierte Mitglieder aus diesem Kreis. Die Mädchen wurden heimlich für Cuninghames perfide Zuchtprogramme genutzt. Anders kann man das hier wirklich nicht bezeichnen.« Bran blätterte den Stapel an Zetteln durch und machte ein angewidertes Gesicht. »Die Bruderschaft nannte sie ›Teufelshuren‹, weil sie angeblich dem Satan ein Kind schuldeten.«
    »Verdammt. Warum haben wir davon nie etwas gewusst? Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet? Sie haben nicht nur Madlen umgebracht und mir meinen Seelenfrieden genommen. Sie haben mit unseren gemeinsamen Nachfahren experimentiert.« John sah ihn mit bitterer Miene an. »Bis heute. Warum ist das nie ans Licht gekommen?«
    »Vielleicht weil unser Nachrichtensystem damals noch nicht gut genug funktionierte und sie sehr subtil vorgegangen sind, indem sie die Betroffenen nicht bei sich gehalten haben, sondern sie bis zur Geschlechtsreife in ganz normale Familien steckten.«
    Das Telefon summte. John nahm ab. Es war die Zentrale. Als er die Weiterleitung empfing und das bewegliche Bild des

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