Die Teufelshure
ergriffen. Anstatt zu antworten, kniff sie die Lippen zusammen. Er hatte wohl amüsant und tröstend klingen wollen. Dass er kein Kind von Traurigkeit war, konnte man ihm ansehen. Außerdem war er Soldat gewesen. Bei solchen Männern gehörte der regelmäßige Besuch bei einer Hure zum Alltag wie essen und trinken.
»Habe ich was Falsches gesagt?« Johns Blick schien alarmiert. »Es tut mir leid«, schob er rasch hinterher. »So viele waren es gar nicht. Außerdem hat keine der Frauen jemals zu mir gesagt, dass sie niemand anderen will als mich.«
»Du kennst mich nicht«, erwiderte Madlen resigniert. »Was würdest du sagen, wenn ich doch eine Hure wäre?«
»Du bist keine Hure«, erwiderte er hartnäckig. »Und wer so etwas behauptet, bekommt es mit mir zu tun.«
»Es gibt sogar Männer, die behaupten, ich sei eine Hure des Teufels.« Stratton hatte so etwas zu ihr gesagt, nachdem er erfolglos versucht hatte, sie zu begatten. Und bevor Cuninghame ihn zum Schweigen gebracht hatte, war er nicht müde geworden, die Mär von der Hexe, die seinen Schwanz verflucht hatte, in der Stadt zu verbreiten. Ruth, ihre Dienstmagd, hatte es ihr zugetragen. Und vielleicht war es das gewesen, warum Cuninghame ihn vorsorglich vor den Richter gebracht hatte.
John machte ein betroffenes Gesicht. »Madlen.« Seine Hand strich sanft über ihr Haar. »In diesen Tagen wird viel behauptet, was nicht der Wahrheit entspricht. Schau, ich bin ein Papist wie dein Vater und fühle mich dem katholischen Glauben verpflichtet, aber niemand darf es erfahren, weil je nachdem, in welcher Gesellschaft ich mich bewege, mein Leben auf dem Spiel steht. Es gibt genug Leute, die behaupten, wir würden schwarze Messen feiern und dabei unsere Kinder fressen. Das ist Geschwätz, auf das man nicht hören sollte, und sonst nichts.«
»Was mich betrifft, so haben die Leute wohl recht.« Madlen schluckte, und doch war ihr Blick unmissverständlich.
»Was willst du damit sagen, sie haben recht?« John musterte sie.
Madlen zitterte – nicht nur ihre Hand, sondern auch ihre Lippen. Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf das Tischchen zurück.
»Ich bin Cuninghames Hure.« Jetzt war es heraus, und sie wusste nicht, ob es Erleichterung brachte. Sie hob den Kopf und blickte um sich. »Alles, was mich umgibt, gehört ihm – die Wohnung, die Dienerschaft, meine Kleider, ja sogar das Bett, in dem wir gerade liegen. Und wenn du es genau nehmen willst, bin auch ich sein Besitz. Mit Haut und Haaren.«
Sie warf John einen resignierten Blick zu und erhob ihre Hand, als ob sie einem imaginären Gast zuprosten würde. »Slàinte Mhath, Master Cuninghame. Sogar den Champagner bezahlt mir mein Gönner.« Sie ließ die Hand sinken und spürte die Wärme, als John sie ergriff.
»Aber du schläfst nicht mit ihm!« Seiner Stimme nach zu urteilen, schien ihm dieser Umstand wichtig zu sein.
»Nein«, fuhr sie mit bedächtiger Stimme fort und wich dabei seinem prüfenden Blick aus. »Er kann es nicht auf normale Weise tun. Seine Manneskraft ist ihm angeblich abhandengekommen. Aber ich lasse es zu, dass er andere schlimme Dinge mit mir tut.«
»Was für … Dinge?« John sah sie forschend an.
Stockend erzählte Madlen die ganze Geschichte. Wie sie nach Edinburgh gekommen und schon nach wenigen Tagen auf der Jungfrauenversteigerung gelandet war, weil sie ein hartnäckiger Hunger quälte und sie kein Geld mehr besaß, um etwas kaufen zu können. »Betteln wollte ich nicht, und dann ist Ebenezer Wentworth gekommen und hat mir den Himmel auf Erden versprochen, wenn ich ihm folgen würde.« Flüsternd berichtete sie von Cuninghames Schuldschein, den sie voller Verzweiflung unterschrieben hatte. Und dann erzählte sie von dem merkwürdigen Ansinnen des Lords, dass Stratton sie schwängern sollte.
»Hinter vorgehaltener Hand hat man sich erzählt, Stratton sei ein Hurenbock, der es mit Männern und Frauen gleichermaßen treibe. Ich habe mich regelrecht vor ihm geekelt. Warum Chester ausgerechnet ihn ausgesucht hat, weiß ich nicht.«
»Wie konntest du so etwas zulassen?« Entsetzen zeichnete sich auf Johns Miene ab.
»Chester hat mir gedroht.« Madlen musste ihre Verzweiflung nicht spielen, um John zu überzeugen. Ihre Augen verrieten, dass sie bisher keinen Ausweg gesehen hatte, dem Lord zu entkommen. »Wenn ich nicht tue, was er verlangt, wird er mich in die Sklaverei verkaufen – an einen marokkanischen Emir, zu dem er geschäftliche Verbindungen unterhält.
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