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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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um ihn nach Wichfield Manor zu rufen, ist er überstürzt aufgebrochen und hat seine Tasche hier vergessen. Als ich ihm nacheilen wollte, um sie ihm zu geben, war er schon davongefahren. Von Neugier getrieben, habe ich hineingeschaut und außer einem weiteren Buch mit ähnlichem Inhalt eine längliche Glasröhre gefunden, die in einer Metallvorrichtung aus Messing steckte. Als ich die Vorrichtung entfernte, trat eine längliche Nadel hervor, an der frisches Blut klebte.«
    »Vielleicht war es eine Lanzette, die Cuninghame behalten hat, nachdem ihn der Doktor zur Ader gelassen hatte.« John konnte sich die Zusammenhänge offenbar ebenso wenig erklären wie Madlen.
    »Nein, John, du verstehst es nicht«, erwiderte sie ungeduldig. »Es war keine Lanzette. In dem Glasbehälter befand sich eine übelriechende bernsteinfarbene Flüssigkeit, und als ich die Vorrichtung in meinen Händen hielt, ließ sich die daran befindliche metallische Verlängerung ins Innere des Glaskolbens drücken und bewirkte, dass die Flüssigkeit an der Nadelspitze herausquoll.«
    John bemerkte, wie sich auf Madlens Armen eine Gänsehaut bildete.
    »Hast du so etwas schon einmal gesehen, John?«
    »Nicht dass ich wüsste«, antwortete er zögernd. »Obwohl ich im Krieg eine Weile einem Wundarzt assistiert habe. Vielleicht ist es ein neuartiges medizinisches Instrument?«
    »Chester ist kein Arzt, John. Er ist noch nicht einmal ein Naturwissenschaftler. Er ist Parlamentarier, Bankier, Schiffseigner und was weiß ich sonst noch alles, aber er ist kein Arzt.«
    »Hast du eine Ahnung, wie er seine freie Zeit verbringt, abgesehen vom Golfspiel und seiner Passion, Hinrichtungen beizuwohnen und junge Frauen zu missbrauchen?« In Johns Augen leuchtete ein untrüglicher Jagdinstinkt, wie er den Highlandern von Natur aus innewohnte.
    »Neben seinen zahlreichen Ämtern in der Politik hat man Chester vor gut einem Jahr zum Großmeister der ›Bruderschaft der Panaceaer‹ ernannt. Deren Mitglieder sind durchweg höhergestellte Persönlichkeiten. Angeblich ist es ein Wohltätigkeitsverein, der Geld für Armenhäuser und Hospitäler sammelt, aber ich glaube, dass sich in Wirklichkeit etwas anderes dahinter verbirgt.«
    »Hast du Beweise?« Johns lauernder Augenausdruck beunruhigte sie zwar, aber es war besser, wenn er wusste, wie die Dinge standen, damit er nicht unüberlegt handelte.
    »Nicht direkt. Ich weiß nur soviel, dass Chester seine Verbindungen in der Bruderschaft genutzt hat, um Stratton an den Galgen zu bringen, und allein die Tatsache, dass Männer wie Ebenezer Wentworth zu dieser Bruderschaft gehören, zeigt mir, dass es mit der Wohltätigkeit nicht weit her sein kann.«
    John überlegte einen Moment, und dann sah er sie mit seinen klaren grünen Augen entschlossen an. »Alles, was du mir gerade erzählt hast, bestärkt mich nur in dem einen Gedanken. Ganz gleich, was Cuninghame treibt und mit wem –
du
musst hier raus, und zwar schnell.«
    Sie hatte protestieren wollen, doch er kam ihr zuvor.
    »Madlen, ich meine es ernst. Auch wenn wir noch nicht vertraut miteinander sind, liegt es in meiner Verantwortung, dich den Klauen eines solchen Scheusals zu entreißen.« Er packte sie an der Schulter und zwang sie, ihm in die Augen zu schauen. »Hast du mich verstanden? Für mich ist es eine Frage der Ehre, ob ich es zulassen darf, dass Cuninghame dich noch einmal in eine solch furchtbare Lage bringt.«
    Ihr Nicken war halbherzig, obwohl ihr seine spontane Ritterlichkeit das Herz wärmte. »Was soll ich tun?«
    »Bis morgen Abend packst du das Notwendigste ein und regelst unauffällig deine Angelegenheiten. Bei Anbruch der Dunkelheit und noch bevor die Stadttore schließen, komme ich dich und deinen kleinen Burschen am Leith Wynd Port abholen. Bis dahin ist mir etwas eingefallen, wie wir dich für eine Weile verstecken und Cuninghame zukünftig aus dem Weg gehen können.«
    »Ach, John!« Zitternd vor Dankbarkeit und Erleichterung umarmte sie ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter, während er ihr beruhigend über den Rücken streichelte. Beiläufig fiel ihr Blick auf eine kleine goldene Uhr, die im Kerzenschein eines fünfarmigen Leuchters auf einer Anrichte stand. Deren filigran gearbeiteter Unterbau zeigte Diana, die Göttin der Jagd, auf einem riesigen Hirsch. Es war kurz vor zehn, in einer halben Stunde würden die Tore zur Nacht geschlossen.
    John schien zu ahnen, was ihr im Kopf herumging. Das ganze Gerede über Cuninghame und seine Untaten

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