Die Teufelsrose
einfach aus dem
Krankenhaus. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden sichteten wir ihn
dann in Dublin, wo wir ihm natürlich nichts anhaben konnten. Dort
und in der Schweiz hat er sich dann über ein Jahr lang mehrmals
stationär behandeln lassen.«
»Und später?«
»Seitdem ist er, soweit wir
wissen, beziehungsweise mit einiger Sicherheit sagen können,
für mindestens fünfzehn Attentate und verschiedene
Bombenanschläge verantwortlich gewesen, Ma'am. Seine Handschrift
ist unverkennbar, und politische Erwägungen scheinen bei ihm an
letzter Stelle zu kommen. Eine kleine Zusammenfassung seiner
Aktivitäten in den letzten paar Jahren erklärt vielleicht am
besten, was ich meine. 1973 ermordete er den kommandierenden General
des spanischen Militärgeheimdienstes im Baskenland. Die baski sche
Nationalistenbewegung ETA übernahm die Verantwor tung für den
Anschlag.«
»Weiter.«
»Andererseits war er auch verantwortlich für den Mord an
General Hans Grosch, 1975, bei einem
inoffiziellen Besuch in München. Bereitete der Bonner Regierung
seinerzeit viel Ärger. Grosch bekleidete beim
Staatssicherheitsdienst der DDR einen Posten, der in etwa dem meinen
entspricht. Wie Sie sehen, Ma'am, tötet Barry einerseits einen
Faschisten, anderer seits aber einen Kommunisten.«
»Sie wollen sagen, er hat keinerlei politische Überzeugung?«
»Genau.« Ferguson nahm ein Blatt Papier aus seiner Akten
tasche und reichte es über den Schreibtisch.
»Eine Liste der Aufträge, mit denen er unseres Erachtens
befaßt war. Wie Sie sehen, kommen seine Opfer aus allen Bereichen
der politischen Szene.«
Die Premierministerin las die Liste
langsam durch und run zelte die Stirn. »Sie meinen also, er
arbeitet für jeden, der ihn bezahlt?«
»Nein, Ma'am, ich glaube, es
ist etwas subtiler. Alles, was er macht, paßt insofern in ein
bestimmtes Schema, als es maxima len Schaden anrichtet, wo immer es
ist. Er tötete zum Beispiel einen spanischen Diplomaten, der 1977
nach Paris reiste, einen Faschisten. Die französische Regierung
mußte angemessen reagieren, und innerhalb von vierundzwanzig
Stunden war jeder linke Agitator in Paris in Polizeigewahrsam. Nicht
nur Kommunisten, auch Sozialisten. Das paßte der Sozialistischen
Partei nicht, den Gewerkschaften also auch nicht. Das Fazit waren
Unruhe unter den Arbeitern, Streiks und
Produktionsausfälle.«
Als sie das Ende der Liste erreicht
hatte, hielt sie plötzlich inne und sah auf. Sie war sichtlich
erbleicht. »Hier steht, er habe möglicherweise etwas mit dem
Mountbatten-Mord zu tun.«
»Wir haben allen Grund zu der Annahme, daß der oder die Täter ihn zumindest um Rat fragten.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das gibt doch keinen Sinn.«
»Nur dann nicht, wenn man seine
bekannten Verbindungen zum KGB ignoriert. Ich glaube, die meisten
Anschläge, für die er verantwortlich ist, sind vom KGB in
Auftrag gegeben worden, sogar die Ermordung von Leuten, die angeblich
ihre Freunde sind, und das übergeordnete Ziel war, im Westen
möglichst viel Unruhe zu stiften.«
»Aber Barry ist doch, wie Sie schon sagten, auch kein Mar xist.«
»Frank Barry ist überhaupt
nichts, Ma'am. Oh ja, er nimmt ihr Geld, da bin ich sicher, aber er tut
das, was er tut, einfach um des Bösen willen, wenn ich mich so
ausdrücken darf. Ich nehme an, die Psychiater würden
ausgefallene wissenschaftli che Bezeichnungen für seinen
psychischen Zustand haben. Psychopath wäre nur der Anfang. Aber
das interessiert mich eigentlich nicht. Ich möchte ihn einzig und
allein tot sehen.«
Die Premierministerin gab die Liste zurück. »Dann machen Sie weiter, Brigadier.«
Ferguson nahm das Blatt, und sie drückte auf einen Knopf auf dem Schreibtisch. »Ma'am?«
»Group Four hat alle Befugnisse
– unmittelbar von diesem Amt. Benutzen Sie sie, Ferguson. Ich
werde Ihnen nicht erzäh len, wie Sie vorgehen sollen, dafür
beherrschen Sie Ihre Arbeit zu gut. Ich habe Ihre Akte gelesen. Ich
möchte nur eines sagen: Sie sollten im Augenblick alles andere
vergessen und sich auf diesen Barry konzentrieren.«
Ferguson stand auf und steckte die Liste in die Aktentasche zurück. »Sehr wohl, Prime Minister.«
Hinter ihm ging die Tür auf, und
der junge Sekretär erschien. Die Premierministerin griff zu ihrem
Füllhalter und wandte sich wieder ihren Dokumenten zu,
während Ferguson zur Tür ging und hinausgeleitet wurde.
Wenn es eben ging, arbeitete Ferguson
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