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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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den Tasten, und sie lag nackt bäuchlings auf dem Flügel, verspielt und herausfordernd, als wolle sie sagen: »Warum höre ich nichts? Ich warte hier schon eine Ewigkeit auf ein schönes Präludium.« Ein Teil von ihm wußte, daß er schlief und daß sie nicht echt war, aber er konnte sich nicht entsinnen, warum nicht. Er beugte sich zu ihr, und ihr Körpergeruch kroch ihm in die Nase. Tausend kleine Erinnerungen kamen hoch, tausend kleine Déjà-vus. Als er sie küssen wollte, zog sie den Kopf ein Stück zurück.
    »Liebling … wirst du auch weiterhin für mich spielen?«
    »Immer.«
    Er spürte plötzlich, daß sie nicht allein waren. Im Halbdunkel glaubte er den Schatten eines Mannes auszumachen. Nach einigem Starren sah er deutlich das Funkeln in dessen Augen. Der Blick hatte etwas Bösartiges. Notovich wollte den Mann fragen, wer er sei, aber tief im Inneren kam ihm die schemenhafte Gestalt vertraut vor, als würde er ihn schon seit Jahrhunderten kennen. Er hätte vielleicht Angst empfinden müssen, doch dem war nicht so. Der Mann im Dunkeln sagte nichts, sondern setzte sich an den Flügel und fing an zu spielen. Es war die ungewöhnlichste Musik, die er je gehört hatte. Der Pianist beherrschte das Instrument auf eine Weise, die Notovich nie für möglich gehalten hätte. Die seltsame Melodie führte ihn direkt zu der Stelle in seinem Herzen, wo er all seinen Schmerz versteckt hatte, einen Schmerz, den er zum ersten Mal berühren konnte, ohne davon erdrückt zu werden. Er wußte, daß er gleich aufwachen würde, aber das wollte er nicht. Er wollte der Musik folgen. Dann erstarb die Melodie wie bei einer Spieldose, die wieder aufgezogen werden muß. Und auch sie schien sich nun aufzulösen. Er wollte sie nicht gehen lassen. Er wollte diesen Moment so gern festhalten, sie festhalten.
    »Laß mich gehen, du tust mir weh, Mischa! Ich kriege keine Luft, Mischa! Mischa …!«
    Schweißnaß schreckte er hoch, warf die Decke von sich und schaute sich im Keller um. Er hatte sie wieder verloren. Aufstehen. Er mußte aufstehen. Er ignorierte den Durst, den scheußlichen Geschmack in seinem Mund und das Hämmern in seinem Kopf. Er mußte zuerst seine Arme und Beine in Bewegung bringen. Die waren bleischwer. Nach ein paar Schritten stieß er im Dunkeln mit dem Zeh gegen einen Stuhl. Er wollte sich auf den Boden setzen, landete aber auf einer zerdrückten Bierdose. Ganz unten in einer Schublade fand er schließlich den Schlüssel, den er suchte.
    Der Flügel stand in einer Ecke hinter dem Gerümpel. Er hatte seiner Mutter gehört; als Kind hatte er darauf zum ersten Mal vor Verwandten und Freunden gespielt. Jetzt war das Instrument mit einem Vorhängeschloß und zwei Stahlbügeln verschlossen. Die hatte er nach seiner Flucht aus Paris selbst mit einem Ziegelstein hineingerammt. Notovich hatte in der ganzen Zeit keine Note Musik gehört oder gespielt. Er war davon überzeugt, daß seine Obsession für Musik die Ursache seines Schicksals sei. Aber in der kleineren Abstellkammer neben dem Wohnraum stand ein anderes Klavier, ein altes Ding mit abgedeckten Saiten. Darauf zwang er sich, jeden Tag zu üben, um seine Finger geschmeidig und kräftig zu erhalten. Und so übte er tagaus, tagein die schwierigsten Kompositionen, ohne je einen Ton hervorzubringen. Es war ein dünnes Band zu seinem alten Leben.
    Die Tasten des Flügels hatte er die ganze Zeit nicht angerührt. Er fegte zwei Kartons mit Fotos vom Deckel und steckte den Schlüssel ins Schloß. Als er das Instrument zum ersten Mal wieder öffnete, stieg Panik in ihm auf. Zögernd setzte er sich. Mit dem Zeigefinger versuchte er die Melodie nachzuspielen, die er im Traum gehört hatte, doch die Melodie war verflogen. Enttäuscht schloß Notovich den Deckel und sperrte ihn mit dem Vorhängeschloß wieder zu. Dann warf er den Schlüssel ins Klo. Der blieb auf dem Boden des Beckens liegen.

2
    » W ie war deine Woche?«
    »Genau wie die vorige, voller Spannung und Sensation.«
    Nicole gab sich keine Mühe zu lächeln, und Notovich schwieg wieder. Wenn er andauernd darüber nachdenken sollte, wie es ihm ging, dann fühlte er sich nur noch schlechter. In das schwarze Loch zu blicken, war für ihn nicht mehr so ein großes Problem, aber er wollte doch in sicherer Entfernung am Rand stehen bleiben. Er wollte nicht davon verschlungen werden. Er blickte zur Seite und lauschte, ob es regnete.
    »Bist du überhaupt mal draußen gewesen, Mikhael?«
    Früher hatten ihn alle Notovich

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