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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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Kurkliniken. Nichts hat ihr die Angst und den Schmerz nehmen können. Nichts hat geholfen. Sie wollte nicht mehr. Anfangs habe ich mir selbst die Schuld gegeben, aber mit der Zeit habe
ich eingesehen, dass keiner von uns in der Lage ist, einen Menschen aufzuhalten, der sich bereits entschieden hat.«
    Die Worte purzeln nur so aus mir heraus. Wie Steine. Und der Krampf im Zwerchfell lockert sich plötzlich ein wenig, als wäre es tatsächlich eine physische Last, die ich losgeworden bin. Christer sagt immer noch nichts, betrachtet mich nur, sein Gesicht dicht, ganz dicht über meinem. Das warme Licht meiner gelb getönten Nachttischlampe lässt seine rötliche Haut glühen.
    »Wann … geht das … vorbei?«, flüstert er, sichtbar von seinem Asthma behindert.
    »Ich weiß es nicht«, ist alles, was ich herausbringe.
    Das Gewicht von Christers Körper hat meine Beine einschlafen lassen, und meine Arme schmerzen unter seinem groben Griff.
    »Ich weiß nicht, wann es vorbei geht, aber eine Sache weiß ich: Du klagst dich selbst an, hast Schuldgefühle. Vollkommen unnötig. Als Stefan starb, hatte ich auch das Gefühl, es wäre mein Fehler, ich hätte es schaffen müssen, ihn daran zu hindern. Aber man kann niemanden aufhalten, der sich entschieden hat.«
    Plötzlich sehe ich, wie sich Christers Gesichtsausdruck verändert, und mir wird wieder bewusst, dass der Mann, mit dem ich spreche, ein Mörder ist. Jemand, der nicht so denkt und funktioniert wie ich. Jemand, der sich tatsächlich entschieden hat – mich zu töten.
    Einen Moment lang hatte ich geglaubt, Kontakt zu ihm zu bekommen, aber jetzt muss ich einsehen, dass ich mich geirrt habe. Er sieht mich mit seinen glänzenden, toten Augen an.
    »Ich. Habe. Keine. Schuldgefühle.«
    Er spricht jedes Wort mit einer merkwürdigen Anstrengung aus.

    »Ich habe. Keine Schuldgefühle. Denn nicht ich. Habe Schuld. Du. Hast sie getötet.«
    Und plötzlich weiß ich es. Es ist sinnlos zu versuchen, Christer zur Vernunft zu bringen. Das ist, als würde man auf sehr dünnem, brüchigem spätwinterlichen Eis immer im Kreis herumlaufen und die ganze Zeit wissen, dass es gleich brechen wird; früher oder später werde ich etwas sagen, das ihn provoziert, und er wird beschließen, dass das Spiel, unsere kleine Unterhaltung, vorbei ist. Dass es an der Zeit ist, mich zu töten.
    Mir wird klar, dass ich hier wegkommen muss. Das ist meine einzige Chance.
    Und als er für eine Sekunde sein Gewicht verlagert, reiße ich mich unter seinem hageren, aber kräftigen Körper los und renne auf eingeschlafenen Beinen aus dem Schlafzimmer. Ich habe nur eine Alternative – ich schaue auf das schwarze Fenster und die kompakte Finsternis hinter der Fensterscheibe -, ich muss hinaus in die Dunkelheit.
    Ich kann sein Brüllen hinter mir hören, als ich am Schloss herumfummle, um die Haustür zu öffnen. Sie gleitet mit einem Klicken auf, und die schwarze, kalte, dichte Nachtluft umhüllt mich. Obwohl ich buchstäblich von einem wahnsinnigen Mörder gejagt werde, zögere ich für den Bruchteil einer Sekunde, bevor ich in die Dunkelheit hinausstürme. Obwohl mein Leben bedroht ist, überlege ich, ob ich nicht doch lieber im erleuchteten Hausflur bleiben soll, so stark ist meine Angst vor dem Dunkel.
    Ich renne auf Strumpfsocken zum Anleger. Meine Füße suchen vergebens nach Halt auf dem Boden. Die Kälte beißt mir in die Haut, und ich rutsche immer wieder aus, bevor ich das Nebengebäude erreiche.
    Dann hat er mich eingeholt.
    Seine Hand packt meinen Arm, und mit einem Wutschrei
wirft er mich gegen das Häuschen, donnert meinen ganzen Körper gegen die ochsenblutrote Wand. Ich kann spüren, wie ich zerbreche, wie etwas im Kiefer knackt und der Mund sich mit Kies und Blut füllt. Er stellt ein Knie zwischen meine Schulterblätter, packt mich bei den Haaren, und mit einer federnden Bewegung schlägt er meinen Kopf gegen die Wand, immer und immer wieder. Aus meinem Mund läuft Blut. Es läuft in den Schnee und bildet eine rote Pfütze, die beunruhigend schnell anwächst, und der Kies, der mit dem Blut herausgespült wird, ist gar kein Kies, das sind Zähne.
    Meine Zähne.
    Und die ganze Zeit gibt Christer dieses heulende Geräusch von sich, stößt ein tierisches Jammern aus, wie ich es noch nie gehört habe. Dann plötzlich hört er auf, und ich kann es wieder hören, dieses pfeifende, zischende Geräusch. Er sinkt auf die Knie und stützt sich im Schnee ab, während seine sich verkrampfende Luftröhre

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