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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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Körpers neben mir, und ohne dass ich die Augen öffnen muss, weiß ich, wer es ist. Ich hole tief Luft, fülle die Lungen mit Honigduft und öffne die Augen. Das Zimmer ist weiß, das Bett aus Metall, und über mir liegt die eidottergelbe Wolldecke des Landeskrankenhauses. Ainas Haare kitzeln mir in der Nase. Sie muss bemerkt haben, dass ich aufgewacht bin, denn sie dreht sich um und streicht mir mit der Hand über die Wange. Ich versuche zu sprechen, aber eine Art Gestell oder Gips um meinen Kiefer macht das unmöglich.
    »Psst. Nicht sprechen. Ich habe dich festgefroren am Eis gefunden, Prinzessin. Du solltest mich doch um zehn Uhr anrufen und dich für dein Geschenk bedanken, nicht wahr? Als du das nicht gemacht hast, bin ich unruhig geworden. Und schließlich zu deiner Wohnung gefahren, und als du nicht dort warst, da habe ich natürlich gewusst, wo du bist.«
    Aina sieht besorgt aus.
    »Ich hätte wissen müssen, was du tun wolltest. Dass man dir nie trauen kann, du hoffnungsloser Fall. Auf jeden Fall ist es jetzt vorbei. Er ist mausetot. Markus und deine Eltern sind auf dem Weg hierher. Die übrigen Polizisten haben die Ärzte und ich erst einmal weggeschickt.«
    Sie sieht meinen Blick, der auf den roten Rosen ruht, die in eine viel zu kleine Vase auf dem minimalen Nachttisch zusammengepresst sind, nickt schweigend, streicht mir übers Haar.

    »Die sind von Markus. Ich musste sie unbedingt für ihn kaufen.«
    Als sie sich wieder hinlegt, dicht neben mich im geräumigen Krankenhausbett, und ihren Kopf an den meinen lehnt, fühle ich ihren feuchten Atem an meinem Hals. Und da will ich gar nicht mehr sprechen, nur ganz still daliegen, mit der Nase in Ainas goldenem Honighaar.

Epilog

    »Ich weiß, dass wir uns nicht immer so nahegestanden haben«, beginne ich und zögere dann eine Weile, reibe mit meinen Händen meinen Unterkiefer, der immer noch wehtut und sich manchmal verhakt.
    Ich suche nach den richtigen Worten, und als ich glaube, sie gefunden zu haben, fahre ich fort.
    »Vielleicht sind wir einfach zu verschieden, um richtig enge Freundinnen zu werden – verschiedene Lebensziele, Erfahrungen und Arten, sich anderen Menschen zu nähern. Ich weiß, dass ich dir nicht immer die Achtung erwiesen habe, die du eigentlich verdient hast, und manchmal war ich ohne Anlass wütend und habe sogar ein paar Mal mit dir geschimpft. Mein Gott, das war wirklich dumm und unprofessionell von mir. Aber du sollst wissen, dass es etwas gibt, das habe ich immer für dich empfunden, und zwar Respekt. Respekt für die Arbeit, die du leistest, immer gewissenhaft, pünktlich und fehlerfrei. Respekt für deine Fürsorge und dein Mitgefühl. Respekt für das Leben, das du lebst, mit allem, was es beinhaltet, wie Kindererziehung, Trennungen und das Streben nach Selbstständigkeit.«
    Ich überlege eine Weile und betrachte das weiße Zimmer mit dem Waschbecken und einem Metallstuhl als einzige Einrichtung.
    »Ja, ich muss zugeben, dass ich manchmal der Meinung war, dass du Sven vorziehst. Du weißt schon, seine Akten waren immer als Erstes geschrieben, seine Telefongespräche die wichtigsten, sein Zimmer jeden Tag geputzt, obwohl das ja
wohl kaum zu deinen Aufgaben gehörte. Aber all das ist jetzt schon so lange her. Wenn solche Dinge passieren wie bei uns, dann schätzt man sein Leben etwas anders ein, nicht wahr? Sieht das, was wirklich wichtig ist, wirft alte Streitereien über Bord und … wie soll ich sagen … sieht eher das Gute in seinen Mitmenschen. Möchte ihnen irgendwie dafür danken, dass es sie gibt. So ist es jedenfalls mir ergangen. Und das ist wohl auch der Grund, warum ich hier bin. Um dir für all deine Hilfe zu danken und … vielleicht auch um dich um Entschuldigung zu bitten, dass du nicht immer die Achtung von mir erhalten hast, die du hättest haben sollen.«
    Ich stehe auf und schaue Marianne an, die immer noch bewusstlos im Krankenhausbett liegt, mit halb geöffnetem Mund, das Kinn auf der Brust ruhend. Wenn ich nicht wüsste, dass es Marianne ist, ich würde sie nicht wiedererkennen, so sehr hat sie sich verändert. Das gewellte, blonde Haar ist lang und dunkel herausgewachsen, die Haut sieht dünn und papierähnlich aus, ein dünner Schlauch führt in ein Nasenloch, und am Zeigefinger sitzt eine Art von Monitor, der einer Wäscheklammer ähnelt und einen roten Schein um ihren Finger wirft.
    Ich stehe langsam auf und verlasse das Zimmer, ohne mich noch einmal umzusehen.

     
    Datum: 15. Mai
Uhrzeit:

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