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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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Bemerkungen, die ich vorbereitet habe, im Hals stecken bleiben. Stattdessen starre ich ihn nur an und weiche ein paar Schritte zurück. Ich will ihm nicht zu nahe kommen.
    »Hallo!«
    Er sieht fröhlich aus, scheint gar nicht zu bemerken, dass er soeben meine persönliche Sphäre verletzt hat, dass er nicht zu denen gehört, die mich so anfassen dürfen.
    »Hej.«
    »War doch schön letztes Mal, nicht wahr? Äh, höchst interessante Kollegen hast du«, sagt Robert und grinst dabei so
breit, dass ich all seine Zahnfüllungen überprüfen könnte, wenn ich es denn wollte.
    »Hast du dabei an jemand Speziellen gedacht, oder bist du im Allgemeinen allen gegenüber so herablassend?«
    Ich lache nicht. Sehe nicht das Witzige an seinem Spruch. Verstehe auch die Logik nicht: Glaubt er, er würde mich auf seine Seite ziehen, indem wir uns in einer Art von verächtlichem Kommentar zusammenfinden, bei dem wir uns auf Kosten meiner Kollegen amüsieren?
    »Weißt du … ich habe nur versucht… ich wollte witzig sein.«
    »Ich finde nicht, dass du witzig bist«, sage ich und höre sofort, wie hart die Worte klingen. Sie sind mir so rausgerutscht. Unmöglich, sie zurückzunehmen. Ich wollte gar nicht so schroff sein, aber Tatsache ist, dass er mich erschreckt hat, als er sich von hinten herangeschlichen hat, ohne etwas zu sagen. Er kneift die Lippen fest zusammen und nickt langsam, als hätte er soeben etwas Wichtiges verstanden.
    »Ja, gut. Ich will auch nicht weiter stören.«
    Ich sage nichts, schaue ihm nur hinterher, wie er mit der Gitarre über der Schulter aus dem Laden trottet. Vorgebeugt. Gekränkt.
    Erst hinterher frage ich mich: Wie lange stand er schon hinter mir? Und wie nahe? Nahe genug, um mein Atmen zu hören?
    Nahe genug, um meinen Geruch zu registrieren?

September

    Ich lege sie vorsichtig ins Wasser, mit aller Selbstbeherrschung, zu der ich fähig bin. Eine unbeschreibliche Trauer erfüllt mich ebenso unerwartet wie plötzlich. Ich habe nicht geglaubt, dass ich so etwas fühlen könnte. Ich habe nicht geglaubt, dass ich überhaupt noch etwas fühlen könnte. Nicht wirklich. Ich habe geglaubt, dass ich tot bin. Jetzt weiß ich, dass wohl irgendetwas in mir trotz allem noch lebt. Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist.
    Langsam lasse ich den kalten, glatten Körper los. Er rutscht mir durch die Finger wie ein Wassertier auf der Flucht, sinkt langsam, steigt dann jedoch wieder nach oben und schwebt schließlich ein paar Dezimeter unter der Wasseroberfläche.
    Schwerelos wie ein Raumfahrzeug mitten im Nichts.
    Die Trauer liegt immer noch schwer auf meiner Brust, und jetzt weiß ich auch, warum: Ich kann zwar Recht sprechen, aber ich kann mein Leben niemals mehr zurückbekommen.
    Früher einmal war mein Leben perfekt; wie die Fotos auf den glänzenden, steifen Seiten einer teuren Einrichtungszeitschrift. Kleine Dinge spielten eine große Rolle: Winterreifen, Espressomaschinen, Sonnenschutz, Steuerbescheide vom Finanzamt, Blockflötenstunden, Impfungen.
    Sie hat mir alles genommen.

     
    Der Weg nach Hause nach Värmdö erscheint mir richtig schön. Immer noch macht mich der Gedanke an mein kleines rotes Haus ruhig, und langsam löst sich die Anspannung, die sich nach einem langen Tag in der Praxis wie ein stramm geknotetes Band um den Kopf anfühlt.
    Als ich aus dem Bus steige, ist die Sonne hinter einer Wolke verschwunden und ein feuchter, heißer Wind fegt über die Klippen. Am Horizont baut sich eine massive Wand aus dunklen, blaulila Wolken über dem Meer auf. Ich überlege, dass ich mein abendliches Schwimmen lieber vorverlegen sollte, denn es sieht nach Regen aus.
    Als ich über die glatten Felsen vor meinem kleinen Haus balanciere, fallen die ersten Tropfen auf meine Wange. Das Meer erscheint einladend und warm, als ich mich von dem runden Badefelsen, den Stefan und ich nach Stefans Stiefvater Lasses Arsch getauft hatten, ins Wasser gleiten lasse. Ich schwimme quer über die Bucht auf die kleine, wacklige Brücke vor meinem Haus zu.
    Da sehe ich es.
    Zuerst nur als eine Bewegung in den Wellen vor dem kleinen Kiesstrand rechts von der Brücke. Als ich näher komme, sehe ich, dass etwas im Wasser liegt. Ich schwimme dichter heran. Neugierig, aber auch ein wenig beunruhigt. Im letzten Herbst wurde ein toter Seehund genau an derselben Stelle an Land gespült.
    Ich bin gezwungen, links von der Brücke hochzuklettern,
denn die spitzen Steine machen das Herausgehen auf der anderen Seite zu einem allzu

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