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Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Therapie: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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ob das Adrenalin, das durch seine Adern raste, durch die Gewaltbereitschaft seiner Entführerin hervorgerufen wurde oder durch das wahnwitzige Tempo, mit dem das Auto über die unbefestigte Straße donnerte. Wahrscheinlich durch beides. Viktor wunderte sich über sich selbst, dass er in dieser Situation um Leben und Tod überhaupt klar denken, geschweige denn lesen konnte.
    Zum Glück wird mir beim Autofahren nicht schlecht, wenn ich lese, dachte er und vertrieb diesen banalen Gedanken sofort wieder.
    Und er las weiter.

53. Kapitel
Die Tür des Generatorschuppens ließ sich leider nur von außen abschließen. Ich wusste ja nicht, was Isabell vorhatte, welche Macht sie besaß und was sie Josy alles antun wollte. Ich ahnte aber, dass wir verloren wären, wenn sie uns in dem Verschlag suchen würde. Der Schuppen war fensterlos, und sein Innenraum mit einem Blick einzusehen. Ich überlegte, ob wir uns hinter dem ratternden Generator verkriechen sollten, der zum Glück alle Geräusche übertönte, die wir machten. Aber der Hohlraum zwischen dem Motor und der Blechwand bot nicht ausreichend Platz für uns beide.
»Was hat sie dir angetan?«, wollte ich von Josy wissen, während ich weiter nach einem Ausweg aus der Falle suchte.
»Deute die Zeichen«, antwortete sie, aber ihre Stimme klang nicht mehr so altklug wie zuvor.
»Dazu haben wir keine Zeit mehr«, fuhr ich sie an. »Josy, wenn ich dir helfen soll, musst du mir sagen, was uns hier erwartet! Was hat deine Mutter mit dir gemacht?«
»Sie hat mich vergiftet«, antwortete das Mädchen leise.
Ich fuhr herum, weil ich glaubte, ein Geräusch vor dem Schuppen gehört zu haben.
»Aber, warum?«, fragte ich, während ich zur Tür ging.
»Ich war böse. Ich habe mich schlecht benommen in Sacrow.«
»Was hast du getan?«
»Ich habe geblutet. Und Mami will nicht, dass ich blute. Ich soll ihr kleines Kind bleiben. Soll nicht groß werden und ihr Ärger machen.«
    Viktor ließ die Blätter entsetzt auf den Boden des Volvos fallen.
    »Verstehen Sie es jetzt?«, fragte Anna.
    »Ja. Ich glaube«, hauchte Viktor.
    Auf einmal machte alles Sinn. Das Blut im Badezimmer. Das Gift. Isabell. Konnte das möglich sein? Hatte seine Frau es nicht zulassen wollen, dass ihre eigene Tochter erwachsen wurde? War sie so krank? Hatte sie Josy deshalb vergiftet, damit sie immer ein hilfloses kleines Mädchen blieb, um das sie sich kümmern konnte?
    »Woher wissen Sie das alles?«, fragte Viktor. »Was haben Sie mit dieser Sache zu tun?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen«, antwortete Anna. »Sie müssen es lesen, um es zu verstehen.«

    Und Viktor griff nach den Blättern zu seinen Füßen, um endlich zu erfahren, wie der Albtraum endete, der vor über vier Jahren für ihn begonnen hatte.

54. Kapitel
Ich öffnete die Tür einen kleinen Spalt und wich entsetzt wieder zurück. Isabell stand auf der Holzveranda und hatte sich mit einem langen Tranchiermesser aus der Küche bewaffnet. Sie sah sich um und setzte sich langsam in Bewegung, die Treppe hinunter.
»Wie hat sie dich vergiftet, Josy? Womit?«, fragte ich, während ich die Tür wieder zuzog.
»Ich hab eine Allergie«, flüsterte die Kleine heiser. »Ich vertrage weder Paracetamol noch Penicillin. Keiner weiß das. Nur sie.«
Ich hatte keine Zeit, die Bedeutung ihrer Worte zu analysieren. Zuerst musste ich einen Ausweg für uns beide finden. Aber was konnte ich tun? Ich traute mich nicht, das Licht anzuschalten, und zündete ein Feuerzeug an, auch wenn ich natürlich wusste, dass man das in einem Heizungsraum besser unterlassen sollte.
Verzweifelt sah ich mich um, immer bemüht, Josys Hand nicht loszulassen, damit sie sich nicht losreißen und in Panik nach draußen rennen konnte.
»Es hat keinen Sinn, Anna«, flüsterte sie heiser. »Sie wird uns finden. Und sie wird uns töten. Ich war böse.«
Ich ging darauf nicht ein. Suchte weiterhin die Wände ab, die Decke, immer in Erwartung, dass die Tür auffliegen und Isabell mit dem Messer am Eingang stehen würde.
Schon hörte ich, wie sie ihren Namen rief.
»Josy, Josy, Liebling. Wo bist du? Komm zu mir. Ich will dir doch nur helfen!«
Ihre unnatürlich sanfte Stimme erklang aus nächster Nähe, und Josy begann zu weinen. Zum Glück verschluckte der Lärm des Generators weiterhin jedes andere Geräusch. Ich starrte im flackernden Licht meines Einwegfeuerzeugs nach oben, unten, zur Seite. Und endlich fand ich die Lösung. Mein Blick fiel zum wiederholten Mal auf den rostigen Motor. Ich verfolgte

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