Die Therapie: Psychothriller (German Edition)
großen Zeh in den Privatpool und entschied, heute Nachmittag schon wieder die Frau vom Nagelstudio kommen zu lassen. Der Lack, den sie gestern ausgewählt hatte, würde nicht mehr zu ihrer heutigen Abendgarderobe passen.
»Guten Tag, Frau Larenz«.
Isabell drehte sich unwillig um und sah einen ihr unbekannten Mann durch die Schiebetür der Suite auf die Terrasse treten. Er war mittelgroß, einfach gekleidet und hatte eine nachlässig verstrubbelte Frisur. Und er sprach Deutsch.
»Wer sind Sie?«, fragte sie ihn und sah sich um.
Irritiert stellte sie fest, dass beide Kellner gegangen waren, ohne auf ihr Trinkgeld gewartet zu haben. Und ohne die Beilagen zu servieren, wie sie empört registrierte.
»Mein Name ist Roth. Dr. Martin Roth. Ich bin der behandelnde Arzt Ihres Mannes.«
»Ach ja?« Isabell blieb am Pool stehen. Eigentlich wollte sie sich setzen und anfangen zu essen. Doch dann hätte sie dem ungebetenen Gast ebenfalls etwas anbieten müssen.
»Ich bin gekommen, um Ihnen etwas zu sagen. Etwas sehr Wichtiges, was mir Ihr Mann anvertraut hat, kurz bevor er wieder einen Zusammenbruch erlitt.«
»Ich verstehe nicht ganz, was der Aufwand soll. Sind Sie deswegen von Berlin aus hierher geflogen? Nur um mit mir zu sprechen? Warum haben Sie denn nicht einfach angerufen?«
»Weil ich denke, dass wir das besser persönlich besprechen sollten.«
»Schön. Also gut, Dr. Roth. Das Ganze kommt mir zwar etwas merkwürdig vor, aber bitte. Wollen Sie sich nicht setzen?«, heuchelte sie ein wenig Höflichkeit.
»Nein, danke. Ich will gar nicht lange stören.« Dr. Roth ging an dem Pool vorbei und stellte sich auf die Rasenfläche der Terrasse in die Sonne.
»Schön haben Sie es hier.«
»Ja, es ist ganz nett.«
»Machen Sie oft Urlaub in diesem Hotel?«
»Nein, ich bin das erste Mal seit über vier Jahren in Europa, Dr. Roth. Aber könnten wir bitte zur Sache kommen. Mein Essen wird kalt.«
»Buenos Aires, nicht wahr?«, ignorierte er ihre Bitte. »Sie haben das Land verlassen, kurz nachdem Josy starb.«
»Ich hatte meine Gründe, alles hinter mir zu lassen, wie Sie vielleicht verstehen, wenn Sie selbst Familie haben.«
»Selbstverständlich.« Dr. Roth sah Isabell prüfend an.
»Nun. Wie Sie ja wissen, hat mir Ihr Mann gestanden, Ihrer Tochter über lange Zeit hinweg Gift verabreicht und sie schließlich im Wahn erwürgt zu haben.«
»Die Anwälte, die ich beauftragt habe, sagten es mir bereits.«
»Wie Sie dann ja auch wissen, ist Ihr Mann nach dem Geständnis wieder ins Delirium zurückgefallen.«
»Und bislang nicht mehr aufgewacht. Ja.«
»Aber zuvor wollte er mir noch verraten, wo sich die Leiche Ihrer Tochter befindet.«
Isabells Gesicht blieb regungslos. Sie nahm die Gucci- Sonnenbrille, die sie bisher in ihr Haar hochgeschoben hatte, und setzte sie sich auf die Nase.
»Und?«, fragte sie mit sicherer Stimme nach. »Hat er es Ihnen gesagt?«
»Ja, wir wissen jetzt, wo Ihre Tochter liegt.«
»Wo?«, fragte sie, und zum ersten Mal zeigte sie dabei eine emotionale Reaktion. Ihre Unterlippe zitterte leicht.
Martin Roth ging über den Rasen und lehnte sich an die Geländerbrüstung. Unter ihm fiel die Steilküste weit in die Tiefe, mehrere hundert Meter bergab.
»Kommen Sie doch mal bitte her zu mir!«, forderte er sie auf.
»Weshalb?«
»Kommen Sie. Bitte. Es fällt mir leichter, es Ihnen hier zu sagen.«
Zögernd trat Isabell an ihn heran.
»Sehen Sie links unter uns den allgemeinen Swimming-Pool für alle Gäste dieses Hotels?« Dr. Roth deutete auf die Terrasse unter ihnen.
»Ja.«
»Warum schwimmen Sie da nicht?«
»Ich verstehe nicht, was das mit meinen Mann zu tun hat. Aber wie Sie sehen, habe ich meinen eigenen kleinen Pool.«
»Ja. Das ist richtig«, sagte Dr. Roth, ohne seinen Blick von dem Treiben unter ihnen abzuwenden.
»Aber wieso liegt dann dieser Herr dort unten?«
Dr. Roth deutete auf einen schlanken Herrn in rot karierter Badehose. Er war etwa Anfang vierzig und schob gerade seine Liege aus der Sonne in den Schatten.
»Woher soll ich das wissen. Ich kenne ihn nicht.«
»Er wohnt neben Ihnen. Er ist ebenfalls Arzt, so wie ich. Und er hat auch eine Suite mit eigenem Pool. So wie Sie. Und trotzdem liegt er da unten.«
»Dr. Roth, ich bin wirklich ein geduldiger Mensch. Aber haben Sie nicht eben gesagt, dass Sie mir etwas Wichtiges über den Verbleib meiner Tochter sagen wollten? Und finden Sie es nicht etwas geschmacklos, dann stattdessen über das
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