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Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Therapie: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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auch sich selbst als fürsorglicher Vater, der sogar seinen Beruf aufgab, um sich besser um seine Tochter kümmern zu können. Und der die Suche nach der Ursache für ihre Leiden vehement betrieb. Er ging mit ihr zu allen möglichen Ärzten; lediglich einen längst fälligen Besuch beim Allergologen ersparte er sich und dem Kind. Je weiter seine Krankheit aber voranschritt, desto schlimmer wurden seine schizophrenen Visionen. Die Beziehung zu seiner Frau Isabell verschlechterte sich, und plötzlich steigerte er sich in die Gedanken hinein, dass sie etwas mit den Krankheitssymptomen von Josephine zu tun haben könnte. In seinem Wahn ging er tatsächlich so weit, Isabell zu verdächtigen, obwohl er selbst der Täter war.«
    »Wenn das stimmt, was Sie uns hier erzählen, dann befand sich Dr. Larenz während seiner Taten in einem Zustand der Schuldunfähigkeit.«
    Dieses Mal hatte sich Dr. Freymann zu Wort gemeldet. Der grobschlächtige Zwei-Meter-Hüne trug einen blauen, zweireihigen Blazer mit auffallenden Knöpfen. Ein kleiner Bauchansatz wölbte sich über seiner grauen Flanellhose, an deren Gürtelschlaufe die goldene Kette einer Taschenuhr zu sehen war.
    Malzius antwortete ihm mit belehrender Stimme wie einem schlecht erzogenen, vorlauten Kind: »Ich kann Ihnen nur die Fakten schildern, meine Herren. Und das ist nun mal die Sachlage – nach unseren derzeitigen Erkenntnissen. Zu den juristischen Schlüssen müssen Sie schon selbst kommen. Aber ja, auch ich teile hier Ihre Meinung: Viktor Larenz war definitiv nicht zurechnungsfähig. Und auf jeden Fall fehlte es ihm am Vorsatz. Er hat nie vorgehabt, seine Tochter zu töten. Er wollte sie lediglich in seiner Abhängigkeit halten. Und so war es letztlich auch nicht das Gift, was Josephines Tod herbeiführte. Sie wurde von ihm aus Versehen erstickt.«
    Professor Malzius drückte auf die Fernbedienung in seiner Hand, und ein neues Dia wurde an die Wand geworfen. Diesmal sah man die Villa der Familie auf Schwanenwerder am Wannsee.
    »Das ist das Haus oder besser gesagt war das Anwesen der Familie.«
    Freymann und Lahnen nickten wieder ungeduldig.
    »Dr. Larenz hatte während seines schwersten schizophrenen Schubs eine tödliche Vision. Er dachte, er wäre auf Parkum, einer kleinen Insel in der Nordsee. Tatsächlich befand er sich im Garten der Familienvilla und spielte mit Josy. Auf einmal setzten die Anfälle bei ihm ein. Er hörte Stimmen und sah seine Frau Isabell, die sich in Wahrheit noch in der Stadt aufhielt und dort arbeitete. Wie gesagt – er hatte sich mittlerweile in den Gedanken hineingesteigert, Isabell sei eine Bedrohung für Josephine. Er glaubte, sie wolle dem Mädchen etwas antun, und daher verschleppte er Josephine in das Bootshaus hier, direkt am Wasser.«
    Das Dia wechselte, und das neue Motiv zeigte ein schönes Blockhaus am Ufer des Wannsees.
    »Er befahl Josephine, leise zu sein, damit Isabell sie nicht hören könne. Als sie ihm nicht gehorchen wollte und laut wurde, drückte er sie zwischen den Booten unter Wasser und hielt ihr so lange den Mund zu, bis sie erstickte.«
    In der ersten Reihe begannen die beiden Juristen zu tuscheln, und Malzius hörte leise Wortfetzen wie »Paragraphen 20, 63 StGB« und »einstweilige Unterbringung«.
    »Wenn ich noch kurz Ihre Aufmerksamkeit auf einen wichtigen Punkt lenken darf«, unterbrach Malzius das Flüstern. »Ich bin zwar kein Jurist, aber Sie sagten mir, das Gericht werde zu untersuchen haben, ob es Mord oder nur ein Unfall war.«
    »Unter anderem, ja.«
    »Nun, wie ich schon sagte: Tatsache ist, dass Larenz seine Tochter niemals töten wollte. Dafür liebte er sie viel zu sehr. Als ihm bewusst wurde, was er im Bootshaus getan hatte, stürzte er in eine weitere schizophrene Halluzination. Er wollte alles wieder rückgängig machen. Die Krankheit von Josephine. Ihre Schmerzen. Und vor allen Dingen ihren Tod. Also ließ sein Gehirn das Mädchen wieder zum Leben erwachen. Er besuchte – wie er glaubte mit Josephine – einen Allergologen in der Uhlandstraße, um sie untersuchen zu lassen. Die Praxis war damals überfüllt. Keinem fiel es auf, dass der Vater ohne seine Tochter erschienen war. Bei der Anmeldung wunderte man sich auch nicht, dass er gar keinen Termin hatte, weil eine neue Arzthelferin, die zu dieser Zeit gerade eingearbeitet wurde, häufig Fehler machte. Der Arzt, Dr. Grohlke, und später auch die Polizei hatten keinen Grund, zu bezweifeln, dass das Mädchen aus dem Wartezimmer

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