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Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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verhielt sich ebenso zurückhaltend wie ich. Zwar gelang es ihm weitaus besser, sich in die Unterhaltung einzubringen, doch locker und entspannt wirkte er dabei nicht gerade.
    Um kurz vor elf konnten auch Claras lebhafte Erzählungen und Jamies witzige Kommentare nichts mehr daran ändern, dass die Stimmung zwischen uns kurz vorm Erfrierungstod stand.
    »Okay«, meinte Clara etwas enttäuscht. »Vielleicht war es doch keine gute Idee hierherzukommen, wo Leni schon den ganzen Tag so schlimme Kopfschmerzen hat.«
    Das brachte mich auf eine Idee. Die Chance, endlich hier wegzukommen, war einfach zum Greifen nah.
    »Ja, meine Kopfschmerzen sind wirklich unerträglich. Seid ihr sehr böse, wenn ich mich schon auf den Heimweg mache?«
    Clara schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Aber du gehst bestimmt nicht ohne Begleitung.« Sie schaute sich nach der Bedienung um. »Können wir zahlen?«
    »Quatsch, Clara, bleibt ruhig noch. Nur weil ich Kopfschmerzen habe, müsst ihr euch doch nicht den Abend verderben lassen.«
    »Kannst du Leni nicht zur Pension bringen?« Jamie wandte sich an Marc. »Und wenn du Lust hast, kommst du danach einfach wieder zurück.«
    Mir wurde schlecht. Alles. Alles! Nur das nicht!
    Doch die Sache war bereits beschlossen, und obwohl ich hoch und heilig versicherte, dass ich prima allein gehen konnte und keinen Aufpasser brauchte, stieß ich bei den beiden auf taube Ohren.
    So verabschiedete ich mich kurze Zeit später von Clara mit einem Kuss auf die Wange, drückte Jamie kurz und steuerte mit einem mehr als mulmigen Gefühl im Magen auf den Ausgang zu.

A uch der dunkelste Brunnen spiegelt das Licht der Sterne.
(Aus Bulgarien)
11
    Ich drückte die Tür auf und trat hinaus in die frische Luft.
    Ich wollte nicht mit Marc allein sein. Ich mochte überhaupt nicht mit Marc zusammen sein. Und dennoch war da so ein aufgeregtes Kribbeln in meinem Körper, das sich einfach nicht unterdrücken ließ.
    Leni, ein Lied. Ein einziges Lied und du drehst so am Rad. Das gibt es ja gar nicht!
    Ich verließ vor Marc die Lounge und schlug den Weg Richtung Pension ein. Doch Marc hielt mich am Arm zurück. »Was hältst du von ein paar Metern unten am Strand?«, fragte er mich.
    »Nichts!«, antwortete ich. »Ich habe Kopfschmerzen und möchte nur noch ins Bett.«
    »Bei Kopfschmerzen ist frische Seeluft das perfekte Gegenmittel.«
    »Nein! Ich gehe jetzt auf direktem Weg in die Pension und dann ins Bett!«, erklärte ich und war festen Willens, mich nicht davon abbringen zu lassen.
    Doch Marc tat so, als hörte er meinen Einwand nicht. Er nahm einfach nur meine Hand und zog mich mit sich Richtung Seebrücke. Keine Gewaltanwendung war notwendig. Keine Wunderkügelchen, die mich wehr- und willenlos werden ließen. Ein tiefer Blick aus seinen dunklen Augen reichte aus, damit ich ihm folgte.
    Und nun standen wir unten am Strand. Neben uns die Seebrücke, vor uns das tiefschwarze Meer, über uns die Sterne. Und Marc hielt noch immer seine Finger mit meinen verschlungen.
    »Leni …«, er lächelte mich an, strich mit dem Daumen langsam über meinen Handrücken. »Du bist so wunderschön.«
    Unsinn!, schoss es mir durch den Kopf. Ich war bestimmt nicht wunderschön. Geena war wunderschön. Oder die Tante eben in der Lounge, die mit ihm gesungen hatte. Denen gelang es mühelos, jedes männliche Wesen mit einem Wimpernaufschlag dahinschmelzen zu lassen. Aber ich, ich war doch einfach nur der unscheinbare Kumpeltyp, mit dem man über seine Probleme reden oder einen lustigen Abend verbringen konnte.
    Nur wie Marc mich jetzt ansah – unentwegt –, schien er tatsächlich zu meinen, was er gerade gesagt hatte.
    Ich spürte seine freie Hand wie zufällig über meine Hüfte streichen und gleich darauf überlief mich eine Gänsehaut. Mein Pulsschlag verdoppelte sich und dann hörte ich eine höhnische Stimme rufen:
Du willst doch wohl nicht auf so einen Kitsch reinfallen?!
    Nur, von wollen oder nicht wollen konnte längst keine Rede mehr sein. Ich fühlte mich wie ferngesteuert. Vielleicht lag es daran, dass mir plötzlich so heiß war. Und dass mir mit einem Mal auffiel, was für tolle lange Wimpern Marc hatte. Und was für große sanfte Hände.
    »Lass uns ein paar Meter gehen …«, schlug er vor.
    Ich nickte und wir liefen schweigend ein Stückchen am Wasser entlang.
    Die Wellen rauschten. Der Sand erhellte mit seinem strahlenden Weiß die Nacht. Ich war voll und ganz damit beschäftigt, einfach nur einen Fuß vor den anderen

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