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Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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vergessen zu haben schienen.
    Marc.
    »Du Arme«, sagte er. »Erst schleppen sie dich zum Karaoke und dann musst du ihnen auch noch den ganzen Abend beim Knutschen zusehen.«
    Ich wurde blass. »Was willst du denn schon wieder hier?«
    Er grinste schief. »Oh ja, danke, Leni, ich freue mich auch, dich zu sehen.«
    Es stellte sich heraus, dass Clara mit ihrer Ankündigung, dass
wir all
e an diesem Abend in
die Himmel & Meer Lounge
gehen würden, natürlich auch Marc gemeint hatte. Um beim geselligen Karaokeabend alle Missverständnisse aus dem Weg zu schaffen, sozusagen.
    Ich wusste nicht, wem ich lieber den Hals umgedreht hätte. Clara für ihre unfassbar blöde Idee. Jamie für den Spruch,
was sich neckt, das liebt sich – heißt es nicht so im Deutschen?
Oder Marc für sein ätzendes Dauergrinsen.
    Nun saß ich also hier und wünschte mich nach Feuerland, während Marc dabei war, seine kurz zuvor gemachte Androhung in die Tat umzusetzen und den heutigen Karaokeabend zu eröffnen.
    Nicht aus Spaß oder so. Der Kerl litt wirklich dermaßen an Selbstüberschätzung, dass er das erste Lied des Abends singen wollte. Natürlich nicht mit Begleitung vom Band. Ach was, für unser englisches Naturtalent musste selbstverständlich der Klavierspieler herhalten!
    »Er singt toll. Du wirst staunen, Leni«, flüsterte mir Clara gerade voller Vorfreude zu, als Marc sich das Mikrofon griff und sagte: »Ein romantisches Lied. Dafür brauche ich eine Partnerin.«
    An einem Tisch hinter uns rief eine weibliche Stimme fröhlich: »Nimm mich, Süßer!«, und in der Lounge brach heiteres Gelächter aus.
    Marc schenkte der Frau ein entschuldigendes Lächeln und deutete dann mit dem Mikro auf unseren Tisch. »Sorry, aber da vorn sitzt meine Wunschpartnerin für dieses Lied.«
    Ich erstarrte. Er wollte doch nicht … Er konnte doch nicht … Er meinte doch nicht … mich?!
    Angestrengt blickte ich auf meine Hände und wünschte mir jetzt, ich wäre nicht nur auf Feuerland, sondern noch besser tot und unter der Erde.
    Jamie verpasste mir unterm Tisch einen auffordernden Fußtritt und ich zischte wütend: »Vergiss es! Eher erschieß ich mich!«
    Er lachte rau. » Jesus, bitte nicht! Clara, dann musst du wohl.«
    Claras Kopf schien zwischen ihren Schultern zu verschwinden, als sie murmelte: »Du weißt doch, wie grausam es sich anhört, wenn ich singe.«
    Da sprang zu Claras und meiner unendlichen Erleichterung am Nachbartisch eine junge Frau auf. Die vier, fünf Schritte zur Bühne legte sie in einem beachtlichen Kurzsprint zurück, und bevor Marc es kapiert zu haben schien, saß sie neben ihm auf der Bühne und schmiegte ihren brünetten Kopf an seinen Oberarm.
    »Da bin ich«, kicherte sie albern ins Mikrofon, das man ihr beim Betreten der Bühne gereicht hatte. »Was singen wir?«
    Jamie beugte sich belustigt zu uns herüber. »So wie die ihn anhimmelt, möchte sie bestimmt nicht nur mit unserem Marciboy
singen

    Clara grinste. Und ich schnaubte verächtlich und schaute bemüht gleichgültig zur Bühne.
    Die Frau trug ein knappes Top, eine knallenge schwarze Hose und High Heels und hatte die Haare hochgesteckt. Ein paar Strähnen fielen ihr in Locken ins Gesicht. Sie sah wirklich unheimlich gut aus. Unwillkürlich blickte ich an mir hinunter. Graues Schlabbershirt, Bluejeans und blaue Converse.
    Na ja, was soll’s, sagte ich mir, du bist eben eher der natürliche Typ. Und außerdem, wen interessiert es?! Schließlich gibt es niemanden hier, dem du gefallen willst.
    Trotzdem musste ich zugeben, dass Marc und diese Frau dort vorn auf der Bühne ein wahnsinnig hübsches Paar abgaben – und blöderweise, warum auch immer, versetzte mir genau
das
einen kurzen heftigen Stich.
    Auch dem Publikum schien zu gefallen, was es da zu sehen bekam, denn es herrschte mit einem Mal eine spannungsvolle, beinahe magische Stille.
    Na ja, noch haben sie nicht angefangen zu singen, dachte ich. Bestimmt brauchen wir gleich alle Ohropax!
    Marc nickte dem Pianisten zu, und nachdem der einige Akkorde gespielt hatte, setzte Marc schließlich ein.
    »Tonight you’re mine completely … you give your love so sweetly …«
    Wäre ich nicht dabei gewesen, ich hätte nicht geglaubt, was ich da hörte. Dieser raumfüllende Bariton, der mich so in seinen Bann schlug, dass ich Marc wie elektrisiert anstarrte, katapultierte mich in eine andere Welt. Es war mir nicht einmal mehr möglich zu atmen.
    Marc saß auf der Bühne und sang mit so einer warmen und klaren

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