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Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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Pah und ich hielt es nicht mehr länger aus. Vorsichtig drückte ich die Klinke hinunter und schob die Tür auf.
    Mein Vater stand mitten im Raum und hielt meine Mutter im Arm. Ihr Kopf ruhte an seiner Brust, während seine Hand beruhigend über ihr glattes blondes Haar strich.
    Als er mich bemerkte, zuckte er wie ertappt zusammen.
    »Wem hast du gesagt, er soll wieder verschwinden?«, fragte ich tonlos.
    Meine Mutter riss den Kopf herum. Ihre Augen waren völlig verheult. »Leni, um Himmels willen, mein Kind!«, rief sie und kam mit ausgestreckten Armen auf mich zu.
    Ich wich zurück. »Ich will wissen, von wem ihr gerade geredet habt!« Mir war bewusst, dass ich viel zu laut sprach.
    Meine Mutter zuckte zusammen, als ob ich ihr ins Gesicht geschlagen hätte. »Leni, es … es ist nicht …«, stammelte sie.
    »Marc?«
    Nun war mein Vater bei mir. Er ließ sich von meinem abweisenden Blick nicht zurückhalten, legte seine starken Arme um mich und zog mich an sich.
    »Lass uns in Ruhe darüber reden, Schatz«, sagte er.
    »Worüber?«, fragte eine Stimme. Meine Stimme?
    Mein Vater seufzte. »Ich weiß nicht, was du gehört hast, aber …«
    Abrupt befreite ich mich aus seiner Umarmung. »Habt ihr gerade von Marc gesprochen? Sag es mir, Papa!«
    Mein Vater nickte. »Ich denke, dass er sich uns mit diesem Namen vorgestellt hat, ja.«
    Ich konnte mich nicht bewegen. Ich stand da, mein Herz raste, mein Atem brannte, alles war in Aufruhr. Und nur ein einziger Gedanke ging mir durch den Kopf: Marc war hier! Oh Gott, er ist tatsächlich hier gewesen.
    »Und wo … wo ist er jetzt?«
    Mein Vater nahm meine Hand, strich mit dem Daumen über meinen Handrücken. »Du musst dir keine Sorgen machen. Ich habe ihn weggeschickt und gesagt, dass du nichts mit ihm zu tun haben möchtest. Er wird dich garantiert nie wieder belästigen.«
    Belästigen? Weggeschickt? Was redete er da?
    »Mein armes Kind«, hörte ich meine Mutter sagen, »daran ist nur Clara schuld. Ich hätte es wissen müssen!«
    Langsam drehte ich mich zu ihr um. Meine Stimme war nur ein heiseres, fassungsloses Flüstern. »Was redest du da? Glaubst du etwa, Clara hätte mich zu irgendetwas gezwungen? Sie hat nichts von Marc und mir gewusst.«
    »Leni, entschuldige bitte mal«, mischte sich nun wieder mein Vater ein. »Was soll das heißen, von Marc und mir? Du willst uns doch wohl nicht sagen, dass …«
    Ich ließ ihn nicht ausreden. Eine unbändige Wut hatte mich auf einmal gepackt. »Doch, ganz genau das will ich, Papa. Marc und ich sind zusammen. Und wenn du es ganz genau wissen willst, wir haben sogar mitei…«
    »Stopp! Sei sofort still, Leni. Ich will nichts mehr hören«, fiel mir meine Mutter schrill ins Wort. »Geh bitte in dein Zimmer. Du hast Stubenarrest.«
    Ich lachte auf. »Das ist jetzt nicht dein Ernst …«
    Sie kam auf mich zu. Ihr sonst so beherrschtes Gesicht war zu einer wütenden Grimasse verzogen. Die Wimperntusche unter den Augen leicht verwischt. Der Lippenstift klebte in den Mundwinkeln. »Geh auf der Stelle in dein Zimmer, Leni«, knurrte sie mit mühsam unterdrücktem Zorn. »Sonst vergesse ich mich.«
    Mein Vater trat an ihre Seite und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Es bringt doch nichts, wenn wir uns gegenseitig so anfahren«, versuchte er, die explosive Stimmung zwischen uns zu entschärfen. »Am besten schlafen wir jetzt erst einmal eine Nacht darüber und reden morgen weiter, wenn sich die Gemüter etwas beruhigt haben.«
    Mein Vater. Mein Verbündeter.
    Der Mann, der Marc fortgeschickt hatte.
    Ich machte auf dem Absatz kehrt, und bevor meine Eltern auch nur reagieren konnten, war ich zur Haustür hinausgestürmt.
    Ich musste Marc finden. Koste es, was es wolle.

U nzählige Sandkörner gibt es am Strand, unzählige Sterne am Himmel und unzählige Gefühle sind in uns, die viel zu oft verleugnet werden.
16
    Berlins nächtliche Straßen waren hell erleuchtet und viel zu weitläufig, um irgendjemanden zu finden. Ich irrte planlos umher, zermarterte mir das Hirn, wo Marc hingegangen sein könnte. Wann war er bei meinen Eltern aufgetaucht? Befand er sich noch in der näheren Umgebung oder hatte er vielleicht eine Straßenbahn ins Zentrum genommen?
    Ich war so verzweifelt, dass ich sogar Geena anrief, um sie um Hilfe zu bitten. Doch natürlich sprang nur ihre Mailbox an. Schließlich war sie nach uns ins Kino gegangen.
    Marcs Handynummer hatte ich nicht. Besaß er überhaupt ein Handy?
    Ich weiß es nicht, musste ich verwundert

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