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Die Time Catcher

Die Time Catcher

Titel: Die Time Catcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ungar
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Alles in Ordnung bei dir?
    Alles bestens. Von Mario keine Spur.
    Doch nehme ich ihre Worte kaum noch wahr, weil sich die Wagenschlange in diesem Moment in Bewegung setzt. Ich blicke zu Ben hinüber. Ich muss wachsam sein und ihn beschützen.
    Mein Rücken wird gegen den Sitz gepresst, als wir steil nach oben fahren. Mir will sich jetzt schon der Magen umdrehen, und ich muss heftig schlucken, damit ich alles bei mir behalte.
    Wir kriechen den Hügel hinauf, um auf dem höchsten Punkt kurz innezuhalten.
    Als sich der Wagen nach unten neigt, reißen alle um mich herum ihre Arme in die Luft.
    Abbie schießt einen Gedanken zu mir herüber: Keine Panik. Aber er sitzt direkt hinter dir. Sieh dich nicht um!
    Aber natürlich gerate ich in Panik und sehe mich um.
    Buh!, formt Mario mit den Lippen und setzt sein dämliches Grinsen auf.
    Es ist kaum zu glauben. Mario ist eine präzise Landung auf unserer rasenden Achterbahn gelungen. Ich versuche, meinen Körper so zu drehen, dass Ben vor Mario geschützt ist, doch mein Gurt hält mich zurück.
    Die Wagenschlange schießt eine lange Gerade entlang und zu beiden Seiten spritzt das Wasser auf. Bens Hände sind in der Luft. Mario beugt sich vor und greift nach Bens Arm. Doch ich bin schneller und reiße Ben nach vorne.
    »C aylid, du tust mir weh!«, ruft Ben und versucht, sich von mir zu befreien.
    Mario hat sich abgeschnallt und beugt sich noch weiter nach vorn. Seine Fingerspitzen sind nur wenige Zentimeter von Bens Schulter entfernt.
    Die Wagenschlange jagt quietschend um die Kurve. Fieberhaft versuche ich, Marios Hand abzuwehren.
    Doch er ist sehr schnell. Ich schaffe es gerade noch, seine Hand abzublocken, ehe wir in den Tunnel einfahren. Dort ist es stockfinster. Panik ergreift mich in dem kurzen Moment, bevor meine Nachtsicht aktiv wird, und so rudere ich wild mit den Armen, um Marios nächsten Angriff irgendwie abzuwehren.
    Sekunden später schießen wir aus dem Tunnel heraus. Sprühende Gischt nimmt mir die Sicht. Ich mobilisiere die letzten Kräfte, um verteidigungsbereit zu bleiben.
    Doch als ich mir über die Schulter blicke, baumelt der Gurt auf Marios leerem Sitz. Die Wagenschlange bremst ab. Die Fahrt ist zu Ende.
    »K omm, Ben«, sage ich. Langsam stehe ich auf und schwanke auf die Plattform. Der Zweikampf mit Mario hat mich all meiner Energie beraubt.
    »D as war super!«, ruft Ben. »H at’s dir gefallen, Caylid? Das müssen wir unbedingt gleich Daddy erzählen.«
    Lächelnd blicke ich ihm nach, wie er die Rampe hinabrennt, während seine kleine Faust auf die hölzerne Balustrade schlägt.
    Doch zu meinem Entsetzen sehe ich auch Mario, der sich am Hintereingang des kleinen Tickethäuschens am Ende der Rampe positioniert hat.
    Nein! Du kriegst ihn nicht!, rufe ich ihm per Gedankenübertragung zu.
    Träumer träumen, Caleb …, erwidert er.
    Ben ist jetzt fast auf seiner Höhe. Ehe ich etwas schreien oder tun kann, hat Mario auch schon die Hand ausgestreckt und Mario am Handgelenk in das Tickethäuschen hineingezogen.
    Und Diebe stehlen!, beendet er den Satz.
    Ich sprinte die Rampe hinunter.
    Auch Jim muss gesehen haben, was passiert ist, und läuft in vollem Tempo dem Tickethäuschen entgegen. Schock und Unglauben stehen ihm ins Gesicht geschrieben.
    Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich, dass auch Abbie auf uns zurennt.
    Jim und ich erreichen es zuerst. Adrenalin rauscht durch meinen Körper, als ich die Tür der kleinen Bude aufreiße.
    Doch niemand ist darin.
    Ich bin zu spät.

8. Juli 1967, 21:19 Uhr
    Expo ’67
    La Ronde, Montreal, Kanada
    A uf alle vieren sucht Jim verzweifelt den Holzboden des Tickethäuschens ab. Er sucht nach einer Falltür, weil dies die einzige rationale Erklärung für das ist, was er gerade erlebt hat.
    »W o?«, fragt er. »W ie?«
    Diane ist jetzt neben ihm und schreit: »B en!«
    Als ich Dianes Schrei höre, fühle ich mich so hilflos wie ein Schwimmer, der von einem starken Strudel erfasst wird. Wie sehr man auch dagegen ankämpft, es zieht einen unweigerlich in die Tiefe.
    »K omm, Cale, wir müssen von hier verschwinden«, sagt Abbie und packt mich am Arm. »W ir können ihn immer noch retten. Denk an Plan B.«
    Ich will ihr ja gerne recht geben, aber wie kann ich Jim und Diane in diesem Zustand zurücklassen?
    Dann geht eine Veränderung in mir vor. Das Gefühl der Hilflosigkeit verwandelt sich in etwas Starkes und Unumstößliches.
    »I ch werde Ben finden und ihn zurückbringen«, verspreche ich. Dann drehe ich mich zu Abbie

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