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Die Titanic und Herr Berg

Die Titanic und Herr Berg

Titel: Die Titanic und Herr Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Fuchs
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seinem Auto, weil ich mitgegangen bin, als er: «Come on, Tanja!» sagte. Ich weiß nicht, wer wem zuerst vertraut hat, ich oder er, ihm oder mir. Milan kommt wieder aus dem Haus, ohne die beiden Alten. Er macht ein lustiges Gesicht. Wir sollten in der Wohnung der beiden Alten wohnen. Ich weiß, dass Milan das nicht gefällt, mir auch nicht. Milan macht die Autotür auf und schüttelt den Kopf. Er schüttelt den Kopf, als ob wir seit Stunden zusammen eine Unterkunft suchen und das wieder nichts war. Milan hat meine Hotelzettel, die hatten vorher die Alten und davor ich, jetzt hat er sie. Er gibt sie mir, jetzt hab ich sie wieder. Er schnallt sich an, dabei beugt er seinen Kopf zu mir. Hinten ist sein Kopf ganz flach. Als er mit dem Kopf wieder oben ist, grient er mich an und tippt auf den Handzettel vom Hotel «Bohemia». Wir fahren los. Er fährt mit den Händen am Innensteg des Lenkrades, ganz anders als Peter. Mir gefällt beides, eins mehr. Milan gibt mir einen Stadtplan, es ist nicht meiner. An einer Ampel zeigt er aus meinem Fenster sagt: «vpravo.» Dann zeigt er aus seinem Fenster und sagt: «vlevo.» Danach macht er etwas wie einen Pioniergruß und weist mit der gestreckten Hand nach vorne. Gut, mach ich. Ich kann Kartenlesen. Ich sage links und rechts, wie ich es verstanden habe. Milan verbessert mich, bis ich es kann und wir da sind. Das Hotel hat einen eigenen Parkplatz, und ich hätte ohne Milan nie darauf geachtet. Jetzt ist er in meinem Leben, und das Hotel hat einen eigenen Parkplatz, ja. Es ist fast halb drei, als wir unten klingeln und der Summer lange summt. Wir fahren mit dem Fahrstuhl hoch, in dem es eng wird mit seinem großen Rucksack, den er auf einer Schulter den kurzen Treppenabsatz zur Rezeption hoch trägt, auf einer Schulter. Sicherlich kann er mich auch tragen. Er ist überhaupt nicht wie Peter, er heißt ja ganz anders. Dann muss ich aufpassen, weil Milan auf den Kalender tippt und ich nicht seine Finger ansehen soll, sondern die Tage. Ich nicke fünf Tage später. Milan ist es recht. Er redet mit dem alten Mann an der Rezeption, der Mann ist wirklich alt. Unter seinem Netzpoloshirt trägt er ein Unterhemd, sonst könnte ich seine Brusthaare mit einer Häkelnadel durch die Löcher ziehen. Als ich nicht weiß, was Milan will, gebe ich ihm meinen Rucksack und er sucht darin herum, bis er meinen Pass hat. Ich nehme ihm den Pass aus der Hand. Das Foto ist hässlich. Milan soll mich erst oft schön gesehen haben, bevor er dieses Foto sieht. Ich gebe dem alten Mann meinen Pass. Der setzt extra seine Brille auf, um reinzusehen und dann hebt er seinen massigen Kopf, nimmt die Brille von den großen, weichen Ohren und atmet immer wieder durch den Mund. Wahrscheinlich weiß er nicht, wozu er eine Nase hat, dass er auch mit geschlossenem Mund atmen kann, ja. Er redet kehlig. Ich weiß nicht, was er sagt. Er sagt nichts mit links und rechts.

    Dann haben wir ein Zimmer und nur einen Schlüssel. Ich will die Bettseite am Fenster und Milan die andere. Er muss auf Klo, ich nicht, geht doch gut. Wir lächeln uns hinterher, ich ihm jedenfalls. Er trägt eine schwarze Cordhose und öffnet den Gürtel, noch bevor er im Bad ist. Ich sehe mich im Zimmer um. Zwei Bilder: ein hellblauer Schneeweg und eine Landschaft, Herbst. Im Hintergrund ist ein Berg wie die Brust einer unglücklichen Frau. Im Bad geht die Lüftung an, sehr laut. Jetzt kann Milan sich selbst befriedigen, ohne dass ich es höre.
    Ich liege auf dem Bett und schaue auf das Bild mit dem Berg. Vorne fließt ein träger Fluss genau über dem Bilderrahmen. Milan spült. Dann kommt er aus dem Bad, ohne seine Cordhose, mit seltsamen Beinen, blass und mit abgeriebenen Haaren, dort wo die Hose zu eng ist. Soll er doch weitere Hosen tragen, aber engere Schlüpfer. Milan zeigt über seine Schulter ins Bad, weil frei ist oder weil es stinkt oder weil die Lüftung zu laut ist. Ich halte mir die Ohren zu und ziehe ein Gesicht. Er nickt. Die Lüftung ist zu laut. Dann schlendert er herum und schiebt meine Schuhe unters Bett, seine stellt er auf das Fensterbrett, außen. Dann zeigt er mir Sachen, die mir nicht aufgefallen wären. Der Fenstergriff ist kaputt. Milan kann ihn herausziehen und dann hat er eine Pistole, also zielt Milan auf mich. Ich fasse mir ans Herz, getroffen. Er hat mich getroffen, wir jedenfalls uns. Er steckt die Pistole wieder ins Fenster und sie ist wieder ein Fenstergriff. Dann zeigt er mir, dass die Bilder schlecht aufgehängt sind,

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