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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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konnten zwei spielen.
    Statt eine ihrer Figuren zu nehmen, schob er seinen Stein außer Reichweite.
    Sie warf ihm einen scharfen Blick zu und öffnete den Mund, als wollte sie diesen Zug infrage stellen, dann schloss sie ihn wieder.
    Er hatte sie in eine Zwickmühle gebracht. Mit dem einzigen Zug, der ihr möglich war, würde sie einen seiner Steine nehmen müssen. Er bemühte sich, sich auf das Spiel zu konzentrieren, und sah zu, wie sie das Brett betrachtete und nach einem Ausweg suchte.
    Die schwarzen Wimpern warfen Schatten auf ihre helle Haut, und obwohl die Ärmel ihres Kleides beinahe bis zu ihren Händen reichten, sah er die Haut an ihren Handgelenken und fragte sich, wie viel heller sie wohl unterhalb ihres Nabels sein mochte …
    „Euer Zug.“
    Er zuckte zusammen. Sie hatte sich dem Unvermeidlichen ergeben und einen seiner Steine genommen. „Ihr spielt gut“, sagte er. „Vielleicht gewinnt Ihr dieses Spiel.“
    „Oh nein. Das war nur Glück. Ihr seid ein weitaus besserer Spieler. Vielleicht seid Ihr nicht richtig bei der Sache.“
    Tatsächlich dachte er nicht an das Spiel, aber ihre Stimme klang zu unschuldig, um anzudeuten, dass sie wusste, woran er dachte. Er schob ihr einen weiteren Stein in den Weg.
    Diesmal widersprach sie. „Seid Ihr sicher, dass Ihr diesen Zug machen wollt?“
    Er lächelte. „Habt Ihr einen besseren Vorschlag?“
    „Oh nein“, sagte sie verlegen. „Ich wüsste keinen besseren.“
    Mit jedem Zug, der ihr möglich war, würde sie einen seiner Steine nehmen müssen. Bis auf einen, den sie nun auch ausführte.
    „Seid Ihr sicher, dass Ihr diesen Zug machen wollt?“, fragte er nun seinerseits. Er griff über das Spielbrett, nahm ihre Hand und führte sie zu einem der anderen Steine. „Und nicht diesen?“
    Sie erstarrte, dann sah sie ihm in die Augen und lachte ein wenig zu schrill. „Wie dumm von mir. Ihr seid ein so viel besserer Spieler. Ich habe nicht daran gedacht.“
    Doch er hatte sie längst durchschaut. „Ihr habt durchaus daran gedacht und Euch sogar die Zeit genommen, jeden anderen Zug zu erwägen, mit dem Ihr das vermeiden konntet.“
    „Ich brauchte Zeit zum Nachdenken, weil ich bei diesem Spiel nicht sehr gut bin.“
    „Im Gegenteil. Ihr versucht absichtlich, zu verlieren.“ Wieder nahm er ihre Hand. Ihre Finger fühlten sich kalt an. „Warum?“
    Sie sah ihm in die Augen, überlegte und seufzte dann. „Woher wisst Ihr das?“
    Er ließ ihre Hand los und genoss diesen einen Moment der Ehrlichkeit. „Manchmal erfordert es ebenso viel Klugheit zu verlieren wie zu gewinnen. Ihr müsst eine gute Spielerin sein.“
    Sie lächelte. „Meine Schwester und ich haben zu Hause oft gespielt.“
    „Dann spielt, als wäre ich Eure Schwester.“
    Sie schien verwirrt. „Ihr werdet nicht wütend, wenn ich gewinne?“
    „Ich werde wütend, wenn ich einen Sieg bekomme, den ich nicht verdient habe.“
    Das Lächeln, das ihre Lippen umspielte, weckte in ihm den Gedanken an Küsse. „Dann fangen wir von vorn an.“
    Das Spiel ging schneller voran, nun, da sie beide spielten, um zu gewinnen. Sie ließ den Umhang von ihren Schultern gleiten, und mehr als einmal berührten sich ihre Finger, als sie beide den nächsten Zug machen wollten. Er mochte jene Solay, die ihr eigenes Spiel spielte. Und als sie ihn schlug, lachten sie gemeinsam.
    Als er aufstand und das Spiel wegräumte, war die Halle leer und das Feuer heruntergebrannt.
    Solay legte sich den Umhang wieder um ihre Schultern und stand ebenfalls auf. Sie lächelte, und ihre so unglaublich blauen Augen schienen zu leuchten.
    Ihre Lippen öffneten sich, schienen für ihn bereit.
    Zögernd berührte er sie mit einem Finger, und er spürte ihren Atem auf seiner Haut. Ein Kuss, einen einzigen nur. Doch ein Kuss würde nicht genügen …
    Dieser Gedanke ernüchterte ihn, und er wich zurück.
    „Also bestraft ihr mich doch, weil ich gewonnen habe.“
    Er war nicht sicher, ob ihre Betroffenheit ehrlich war. „Ihr wisst, dass das nicht stimmt.“
    „Was schadet dann ein Kuss?“
    „Es würde zu mehr führen.“
    „Und wenn schon. Wir wollen es doch beide.“
    Sie war eine starke Gegnerin, und das eigentliche Spiel war noch nicht vorüber.
    „Nein. Ihr wollt es.“ Die Spannung zwischen seinen Beinen strafte seine Worte Lügen. Er bedauerte den Tag, an dem er sich mit diesem Bündnis einverstanden erklärt hatte, doch er konnte nur sich selbst daran die Schuld geben. Er hatte ihr gesagt, er würde sie nicht heiraten,

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