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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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denkt.“
    „Das sind Wortspiele.“ Sie warf die verbliebenen Spielfiguren hin und war wütend, dass er keine Veränderung an ihr bemerkt hatte, und noch wütender, weil es sie ärgerte. „Es geht darum, was Ihr denkt, und ob Ihr davon überzeugt werden könnt, dass ich Euch liebe. Offensichtlich könnt Ihr das nicht.“
    Er hob die Brauen und blinzelte sprachlos.
    Wie schrecklich, dass sie einfach so drauflos geredet hatte. Sie wollte, dass er sie zurückwies, aber sie wollte deswegen nicht verärgert klingen. „Verzeiht mir. Das hätte ich nicht sagen sollen.“
    „Glaubt Ihr, ich werde gehen, wenn Ihr mich erzürnt?“
    Sie betrachtete seinen eigensinnigen Blick und die zusammengekniffenen Lippen, um sie sich für später fest einzuprägen. Vielleicht liebte sie ihn nicht so, wie er es wollte, aber sie empfand etwas für ihn, das vor einigen Wochen noch nicht da gewesen war.
    Sie wollte an diesen Mann glauben, wollte glauben, er würde das Gesetz verteidigen und der Versuchung widerstehen, zum Verräter zu werden, wollte daran glauben, dass es eine Wahl gab über das hinaus, was in den Sternen stand.
    „Ich glaube“, sagte sie und erhob sich, „dass Ihr gehen werdet, egal, was ich tue.“ Die Wahrheit schmeckte ebenso bitter wie süß. „Denn das eine, was sich nicht geändert hat, ist das, was ich nicht ändern kann.“
    „Solay.“ In diesem einen Wort lag so viel Qual, dass sie stehen blieb.
    „Ja?“, flüsterte sie.
    Um seine Lippen und die Augen lag ein schmerzlicher Zug. „Es tut mir leid. Jene Nacht.“ Jedes Wort schien wie ein Stein auf ihm zu lasten. „Ich hätte Euch nicht so behandeln sollen.“
    Sie blinzelte gegen die Tränen. „Danke.“
    „Die Fehler liegen nicht alle bei Euch. Es sind auch meine.“
    Eine schöne Lüge, um mich zu beruhigen, dachte sie. Hatte sie ihn schließlich doch etwas gelehrt?
    Stumm gingen sie gemeinsam zu ihrer Kammer.
    „Justin …“ begann sie, dann hielt sie den Atem an. Er musste wissen, dass das Schwert des Königs auf ihn gerichtet war. Sie sah sich um und konnte niemanden in der Nähe entdecken. Dann beugte sie sich vor, als wollte sie ihm einen Gutenachtkuss geben, und flüsterte: „Seid wachsam. Der König beobachtet Euch. Er braucht meine Hilfe nicht.“
    „Aber er wird sie trotzdem bekommen, nicht wahr?“, flüsterte er zurück.
    Stolz richtete sie sich wieder auf und sah ihn an. „Nein. Und das Bedauerliche ist, dass Ihr das nicht versteht.“
    Sie schloss ihm die Tür vor der Nase zu, unfähig, mehr zu sagen. Während sie seinen verhallenden Schritten lauschte, seufzte sie, erleichtert, dass das alles bald vorbei sein würde.
    Lügnerin. Sie hatte ihm nicht gesagt, dass sie ihn liebte, aus Angst, sie müsste ihn dann heiraten. Besser einen anderen Mann finden, einen, der nur ihren Körper wollte und später nicht einmal mehr das.
    Jemand, dem es egal war, wie es in ihrem Innern aussah.
    Sie stocherte mit einem Schürhaken im Feuer herum, dann nahm sie Agnes’ Elfenbeinspiegel und betrachtete ihr Bild.
    Sei ehrlich, meine Liebe. Was siehst du, wenn du dich an siehst?
    Und das Bild im Spiegel schien leer.
    Justin kniff die Augen gegen den stürmischen Wind zusammen, während der König seine Jagdgesellschaft zur Wildschweinjagd in den Sherwood Forest anführte. Selbst nach Solays Warnung überraschte es ihn noch, dass Richard ihm befohlen hatte, der Gesellschaft beizuwohnen.
    Der scharfe Wind schmerzte nicht mehr als die Erinnerung an Solays ehrlichen Ausbruch. Dieses eine Mal gab es keinen Zweifel darüber, was sie empfand. Nun, das hatte er doch gewollt, oder? Er konnte sie gehen lassen und zufrieden sein, dass er ihr zumindest ein wenig über Ehrlichkeit beigebracht hatte.
    Und auch sie, das musste er sich widerstrebend eingestehen, hatte ihn etwas gelehrt. Er hatte die Wahrheit wie einen Schild vor sich hergetragen und versucht, sie von dem fernzuhalten, was niemand wissen sollte. Doch ihre Warnung hatte ihn verwirrt. Hatte sie nach allem endlich doch so etwas wie Loyalität ihm gegenüber entwickelt?
    Seine schlechte Laune wurde noch schlimmer beim Anblick einer fremden Gruppe, die unter dem Zeichen des weißen Hirsches ritt. Ein König sollte mit den vertrauenswürdigen Baronen seines Reiches umherziehen, nicht mit einer beliebigen Gruppe von Rittern.
    Als die Hunde losgelassen wurden, galoppierte Richard voraus, um das Wildschwein allein zu stellen. Da es ihm an Schlachtenruhm fehlte, brannte der König darauf, seinen Mut zu

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